Seit Montag bin ich nun zurück in D und versuche mich an den Kühlschrank zu gewöhnen sobald ich die Türe öffne und mir 8 Grad Celsius entgegen kommen. Die Sonne ist mit meiner Rückreise auch in Norddeutschland angekommen, wie ich höre, doch was ist mir ihr passiert? Wo ist ihr Feuer??? Warten wir es ab bis an dem Fenster der Phönixhallen in Harburg der Wilde Wein wieder hochrankt dauert es aber noch eine Weile, fürchte ich. G.F.
Heute früh erreicht mich ein Dancing Dialogue Bericht aus Japan von Freyja Fischer, die dort gerade wissenschaftlich arbeitet und wenn ihr lest und denkt, oh, keine Bilder, dann klickt auf die links unten im Text, es öffnet sich eine Wunderwelt an Bäderlandschaft. Wie ich vermute, die Vorläufer von der Therme in Vals und vielen anderen europäischen Bädern und auch dem Tenthausend Waves, das wir auf unseren New Mexico Tanzreisen besucht haben. Viel Vergnügen beim Eintauchen in das Reiseland Japan unter dem HKITReisemotto: Über den Körper die Welt erleben.
Nebenbei öffnet sich in dem Text ein weiteres Fenster in das Tanzjahr 2015 der Dancing Dialogue Compagnie. Wir werden zum Thema Weiblichkeit – sehen, gesehen werden, zeigen, verbergen, tanzen arbeiten. Nach diesem Reisebericht freue ich mich auf unser erstes DD Treffen über Ostern 2015 in Inzmühlen und auf weitere Forschungsarbeiten. Gäste sind bei unserem ersten Treffen herzlich willkommen. G.F.
Onsen I – Noboribetsu
Nach Noboribetsu fährt man von Sapporo aus 2h. An der Bushaltestelle in Noboribetsu treffen wir (ich bin mit der Französin, die auch bei meiner Gastfamilie lebt, gefahren) drei Mädels aus Tokio, die dieses Wochenende extra nach Hokkaido geflogen sind, um nach Noboribetsu ins Onsen zu gehen.
Was ist ein Onsen? Um es mit einem Warnschild auszudrücken, das im Onsen in Jozankei (s.u.) hing: „This is not the public swimming pool. This is the bathroom.“ Also es handelt sich beim Onsen um ein öffentliches Badezimmer, dessen herausragende, großartige, einmalige Eigenschaft riesige Badewannen sind. Diese Badewannen sind wie die Schwimmbecken in unseren Schwimmbädern (deshalb die Verwechslungsgefahr), allerdings nur ca. einen Meter tief (weshalb ich mich etwas wundere, wie man versuchen kann, darin zu schwimmen) und sehr viel heißer. Das kälteste Becken war in allen Bädern, in denen ich bisher war, 38-39°C warm. Das nächst wärmere ist ca. 40°C und das wärmste so ca. 42°C. In Zahlen scheint das nicht viel zu sein, aber man spürt den Unterschied deutlich.
Je nach Bäderstadt kommt man in Genuss verschiedener Wässer. In Noboribetsu gibt es viele verschiedene Wässer, aber das eindrucksvollste, das man riecht, sobald man in der Stadt ist, ist mit Schwefel. Wenn man am Busbahnhof aussteigt, kann man sich nicht vorstellen, dass man sich in nach verfaulten Eiern riechendes Wasser legen wird, macht man dann aber, weil es einfach angenehm ist.
In Noboribetsu gibt es viele Hotels in denen man übernachten kann und dann das hauseigene Onsen benutzen kann. Man kann bei den meisten Hotels aber auch gegen eine Gebühr das Onsen benutzen; das ist der Grund, warum wir nach Noboribetsu gefahren sind. Wir gehen in das Onsen im Daiichi, das erste Hotel am Platz. Das Onsen ist riesig, es gibt sechs verschiedene Becken, eines, das größte Becken, das ich bisher gesehen habe, mit Schwefelwasser. Die anderen mit normalem Wasser und „Wasser für schöne Menschen“, das gibt es auch in jedem Onsen, ich weiß nicht, was da drin ist.
Es gibt zwei wichtige Regeln im Onsen. Die erste ist: Kein Badeanzug. Die meisten Bäder heute sind nach Geschlechtern getrennt, es gibt getrennte Eingangsbereiche. Man geht hinein, zieht am Eingang die Schuhe aus, bekommt Schlappen, und wenn man keine Handtücher hat kann man sich welche ausleihen. Das ist toll, denn man kann einfach so spontan in ein Onsen gehen, in den meisten wird auch das Shampoo und Duschgel gestellt. Also man kann ganz spontan und ganz ohne Ballast kommen.
Nachdem man den Eintritt bezahlt und die Schuhe gewechselt hat, geht man in den Umkleidebereich. Es gibt keine einzelnen Kabinen, sondern Regale mit Körben oder Reihen von Schließfächern. Man zieht sich bei einem Korb/Schließfach aus und packt alles in den Korb/das Schließfach hinein. Dann geht man ins Bad. Dann die zweite wichtige Regel: Vorher viel duschen und Haare waschen, alles mit viel Schaum.
Es gibt keinen Duschraum wie bei uns sondern Plastikhocker mit Duschen, die so angebracht sind, dass man sich im Sitzen duschen kann, außerdem eine Plastikwaschschüssel, einen Spiegel, und riesige Flaschen mit Shampoo, Duschgel, und Conditioner, manchmal auch Gesichtswaschzeug. Da kann man sich fröhlich waschen und das auch eine Ewigkeit hinziehen, man kann auch Zähne putzen, sich unterhalten, eine Maske auflegen… Alles was unter dem Namen „fröhliche Wasserspiele mit viel Schaum“ läuft und sonst im Badezimmer stattfindet. Wie viel Wasser man dabei verbraucht ist Wurscht… Ich habe in Jozankei im Onsen eine Frau gesehen, die hat sich die ganze Zeit gewaschen. Ich war bestimmt 1h immer mal wieder im Wasser und draußen und immer saß sie da und hat irgendwas an sich gewaschen…
Nachdem man also sauber ist (und durch entsprechende Mengen Schaum kund getan hat, dass das so ist), und sich gründlich abgeduscht hat (kein Schaum ins Becken!!!) darf man endlich in das heiße Wasser liegen. Ich habe immer mit den 38°C angefangen, das reicht mir meistens. In Noboribetsu in dem tollen riesigen Schwefelbecken konnte ich mich auch gleich ganz den Körperempfindungen übergeben, meinen nackten Körper in dem warmen Schwefelwasser spüren und mich drehen, an der Seite des Beckens entlang, mit dem Kopf draußen, drehen, drehen… Oooooh…
Wenn man vom ersten Becken genug hat, kann man sich fröhlich in alle weiteren Becken legen, das Wasser für schöne Menschen, das heiße Wasser, das ganz heiße Wasser, und, als Krönung, in das Rotenburo, das Außenbecken, das in Noboribetsu sehr sehr schön „japanisch“ gestaltet ist, um das Becken steht eine Pagode und andere hübsche Dinge und in den Bäumen sind pink-schwarze Vögel, die ich noch nie gesehen habe, eine Finkenart vielleicht. Im Daiichi gibt es auch noch eine Sauna und ein Abkühlbecken und ein Wassertretbecken, also man kann sich ohne Probleme 2-3h hier aufhalten. Leider kein Ruheraum, jedenfalls nicht, wenn man nicht im Hotel wohnt.
Meine Reiseempfehlung wäre also nach Sapporo zu fliegen, dort vielleicht ein oder zwei Tage zu bleiben, dann weiter nach Noboribetsu und einige Tage im Daiichi zu übernachten 🙂 https://www.takimotokan.co.jp/english/
Die Stadt selbst ist klein und süß, kann man sich aber in 30min vollständig anschauen.
Onsen II – Jozankei
Jozankei ist eine Bäderstadt, die eine Stunde mit dem Bus von Sapporo entfernt liegt. Sie hat das Flair einer Heidestadt: Der ganz große Boom war in den 70ern und 80ern, es wurden viele Hotels gebaut, und jetzt stehen sie halt da… Auch hier ist die Stadt sehr klein und man kann sie bequem in einer halben Stunde erkunden. Hier gehe ich ins Shogetsu Hotel, http://www.shogetsugrand.com/english/spa/ .
Hier gibt es ein riesiges 38°C Becken, ein genau so warmes Becken, in das man sich legen kann – die Japanerinnen sitzen in den großen Becken und ziehen die Beine an, ein heißes Becken und einen sehr schönen Außenbereich. Das besondere hier ist für mich, dass ich auf einmal alleine bin und drei riesige Badewannen und eine Sauna für mich habe. Die Sauna ist besonders: Das Wasser, das hier aus dem Boden kommt, ist sehr heiß, ich glaube so 85°C, und die Sauna sind im Prinzip Holzbänke über dem fließenden Wasser.
So, das der Reisebericht 🙂 Das besondere für mich ist, das habe ich zu Hause in der Badewanne auch, dass ich es seeehr schön körperlich und ähm, wenn ich das so sagen darf, erotisch? sexuell? finde so nackt in diesem warmen Wasser zu liegen. Aber das darf man natürlich überhaupt nicht, da einfach so rumfläzen, die Japanerinnen hocken immer ganz ordentlich und ziehen die Beine ran, wenn ich das mache ist es bei mir auch nicht mehr sexuell 😉 Aber wenn ich rumfläze und das zulasse geht’s in den Prozess… Oh, da haben sich meine Halsmuskeln so schön entspannt in Jozankei, vorne runter, so dass mein Kopf ganz grade und weit oben hockt und ich Platz habe im Brustkorb zum Atmen und der Kopf mit dem Becken, verbunden ist oooooh, ich will wieder ins Onsen….
… Eine Bewohnerin des Heimes, Fr. von Rönne, war mal meine Grundschullehrerin in der 4. Klasse. Diese ist eine ehemalige Kollegin von meiner Freundin Ingrid, da sie einige Jahre an meiner Friedrich-Ebert-Grundschule zusammen gearbeitet hatten. Fr. v. Rönne (80J.) ist seit knapp einem Jahr im Heim und ich hatte sie vorher schon mal besucht. Da hatte ich auch gedacht, dass es gut passt sie zum Geb. einzuladen, eben weil Mutter sie auch kennt….Und mit Ingrid ja auch vertraut ist.
Sie hat sich total gefreut, dass ich sie einlud, weil sie nicht viele Kontakte hier hat. Eine andere Bewohnerin, die auch seit 8 Jahren mit Mutter im Heim wohnt, der hatte ich auch eine schriftl. Einladung gegeben, damit sie es nicht vergisst. Sie ist auch schon ein bisschen dement. Doch was passiert?
Als Bernadette und ich um 14.30 ins Heim kommen, da kommt Fr. Schmerberg aus dem Fahrstuhl. Ich spreche sie an und frage, was sie vorhat. Ja, sie wolle nun Kaffeetrinken gehen, sagt sie…ich muss schmunzle und frage sie, ob sie sich noch an die Geb.Einladung erinnere….denk…denk….ohhhh, das hab ich ganz vergessen, dass das heute ist..heute, ist das heute??? ja, heute…na dann gehe ich wieder auf meine Zimmer und komme dann gegen 15.15 wieder runter….
Soll ich klopfen, wenn wir alle runtergehen zum Kaffee, frage ich sie…weil ich ihre Unsicherheit spüre. Ja, das ist gut, sagt Fr. Schmerberg.
Ich erzähle es, weil es mich so berührt hat diese Begegnung. Auch weil sie fragte,was sie Mutter schenken könne und sie hat ja nun gar nichts besorgt..und zum Geb. gehört doch ein Geschenk, wie sie sagt. Ich antworte ihr, dass sie bereits das Geschenk sei, wenn sie mit uns zusammen feiert, wenn sie einfach da ist…sie schaut mit ganz berührt an und sagt: mir kommen richtig die Tränen, wenn ich das höre, weil es soooo schön ist. Ich darf einfach dabei sein…
auch mir läuft mein Herz über vor Freude, weil ich hier unsere Tanzarbeit spüre…in den Dialog zu gehen im Alltag mit den alten Menschen…und auch spüre ich, das wir alle gleich ticken: wirklich gemeint zu sein, mich angesprochen zu fühlen, da zu sein als Geschenk, welch ein Schatz, welch ein Wert…RBB
Wir wissen heute dass Dankbarkeit nicht nur angenehm ist für diejenigen denen gedankt wird, mit oder ohne Mon Cherie Schachtel, sondern dass Dankbarkeit besonders stark den Dankbaren selbst betrifft. Dankbar zu sein stärkt uns in allen Lebensbereichen. Hier ein Emailwechsel aus gegebenem Anlass:
Was wünscht du dir für dein neues Lebensjahr ?
Ich habe ja nicht so das Gefühl von neuem Lebensjahr sondern eher von einem ganzen Leben, das sich so bewegt wie das Wasser im Meer, weniger am Strand sondern dort, wo das Auge gerade noch hin reicht, diese unendliche Tiefe, diese Wälzungen, diese Strömungen. Der Golfstrom mit seinem warmen Wasser, wie er sich um die Erde bewegt … das ist ein unendliches Strömen und Fließen und ich kann schon spüren, dass es über meinen Tod hinaus strömt und fließt, durch euch weiter aber auch durch das Menschsein, das wir teilen. Ich spüre auch die Menschenströme vor mir und nach mir. Ich bin sehr eingebunden darin … erfüllt würden wir in den HKIT vielleicht sagen, danke Deiner Rückfrage, dadurch kann ich mir dieses Körpererleben erst bewusst machen …
Es ist so schön und so unendlich tröstend für mich zu lesen, dich darin zu spüren. Was für ein Geschenk.
Ich kann spüren, welche Aufgaben ich noch zu erledigen habe, ich kann spüren, wie alles miteinander zusammenhängt – eine große Bewegung in der alles da ist. Es ist nichts besonderes passiert, es ist die Summe von all den Erfahrungen, die im Laufe meiner letzten Jahre zusammen getragen worden sind und wie ein großes Spinnennetz die Kräfte zwischen dem Himmel und der Erde hält damit wir darin tanzen können. Ich war noch nie in meinem Leben so tief mit mir verbunden wie jetzt…
In drei Tagen geht meine Tanzreise nach Brasilien für dieses Mal zu Ende. Ich bin im November mit zwei Collegas wie wir in Brasilien sagen würden angereist. Wir waren in Praia do Encanto und noch nie mals auf den Tanzreisen nach Brasilien konnte ich soviel schreiben über die Arbeit, die wir hier machen aber auch über die HKIT. Ich bin sehr dankbar über den Zeitraum der sich mir hier völlig unerwartet geöffnet hat. Ein Studierzimmer HKIT in dem ich die vielen Jahre Tanzarbeit resümieren konnte und in vielen kleinen Artikeln über die HKIT nicht zu Papier aber doch in den PC bringen konnte.
Ich fliege zurück nach D, reich an Erfahrungen wie Menschsein so geht, wie es die Menschen so machen und am besten sehen wir das ja bekanntlich bei den anderen, in meinem Fall in einer anderen Kultur, die ja in Brasilien nicht einheitlich ist sondern sehr vielfältig. Heute hat es gewittert und ein Tropenregen hat den Tag eingeleitet. Mein Blick zum Meer schweift über die Gras- und Sandflächen am Strand und ich bin überrascht, dass da heute große weiße Garzas, Reiher, stehen und ein kleiner Kolibri versucht durch meine halb geschlossene Balkontüre herein zu kommen.
Ganz klar, ein Gruß an Euch alle in Deutschland. Wie die Brasilienreise im nächsten Jahr aussehen wird? Ich weiß es nicht, am liebsten stimme ich die Reisen mit den Teilnehmerinnen selber ab, es gibt eine Vielfalt zu erleben über den Körper, über den Tanz in so einem fernen Land. Körperlandschaft und die Landschaft in Bahia laden ein zur Begegnung. Hohe Berger, blaue Seen, lustige Äffchen und giftige Schlangen, einsame Strände und überfüllte Bankschalter. Meldet Euch bei mir, wenn Euch das Reisefieber überkommt und wir maßschneidern dann gemeinsam ein passendes Reisekostüm.
Ich freue mich, dass Doro noch die letzten Tage hier auf die Insel zu einem Besuch vorbei gekommen ist. Sie recherchiert auf den Spuren unserer ersten Tanzreise nach Brasilien für ihre Dissertation an der UNI in Salvador zu HKIT und Candomblé, das ist überaus spannend und wichtig für uns alle.
Ich freue mich auf ein Wiedersehen 2015 in Inzmühlen mit Euch. G.F.
Freyja Fischer, Gabriele Fischer, Elke Wagner beim Körperpsychotherapiekongress 2014 in Lissabon.
Das Zusammenspiel von Körper und Psyche rückt mehr und mehr in den Fokus der Medizin und Psychologie:
Soziale Unterstützung kann Erkältung vorbeugen. Dabei werden ca. 30% des wahrgenommenen sozialen Unterstützung durch Umarmungen vermittelt (Cohen, Janicki-Deverts, Turner, & Doyle, 2014).
Bei Jugendlichen, die Asthma haben und die gegen sie persönlich gerichtete Zurückweisung erleben, verschlimmert sich das Asthma. Das kommt dadurch zu Stande, dass das Gen, das den Bauplan für die körpereigenen Asthmaabwehrmoleküle produziert, seltener abgelesen wird, d.h. die körpereigenen Abwehrstoffe werden seltener produziert und dadurch verschlimmern sich die Symptome (Murphy, Slavich, Chen, & Miller, 2015).
Körperpsychotherapie scheint effektiv gegen chronische Depression zu sein (Papadopoulos & Röhricht, 2014; Röhricht, Papadopoulos, & Priebe, 2013).
Bei den sehr direkt auf den Körper bezogenen Krankheitsbildern Anorexia nervosa und Bulimia nervosa wird wegen der wenig erfolgreichen bisherigen Therapien diskutiert, ob stärker körperbezogene Psychotherapien mit in die Behandlung eingebunden werden sollen (Konzag, Klose, Bandemer-Greulich, Fikentscher, & Bahrke, 2006).
Gehen erhöht die Kreativität (Oppezzo & Schwartz, 2014).
sexueller Missbrauch, Vernachlässigung und dysfunktionale Familienstrukturen in der Kindheit führen nicht nur zu psychischen Störungen sondern auch zu körperlichen Beschwerden, wie z.B. chronischen körperlichen Schmerzen (Arnow, 2004)
Körperpsychotherapie wirkt wie der Name schon sagt auf dieses Zusammenspiel zwischen Psyche und Körper ein und kann dadurch psychologische und körperliche Symptome lindern. Wissenschaftler erforschen, wie bestimmte Krankheitsbilder durch Körperpsychotherapie gemildert werden können, das ist notwendig, um Studien durchzuführen und die Literatur zu organisieren. Auch wenn so organisierte Studien herangezogen werden können, um zu belegen, dass Körperpsychotherapie tatsächlich wirkt, sind die spezifischen Störungsbilder in den HKiT® doch unwichtig. Welche Rolle spielt Weiblichkeit, Frau-Sein in der Körperpsychotherapie?
Wir bewegen uns heute in Zeiten des Postfeminismus. Viele Frauen gehen davon aus, dass sie gleichberechtigt sind wie Männer und dass feministischen Themen keine besondere Aufmerksamkeit mehr geschenkt werden muss. Gleichzeitig verlangen andere, westliche Schönheitsideale in die von der UN aufgestellten Liste der „schädigenden kulturellen Praktiken“ aufzunehmen (Jeffreys, 2005). Welche Position bezieht jede einzelne Frau in dieser Debatte? Nach ein paar Stunden Körperarbeit HKiT® lässt sich da eine gute Antwort darauf geben…
Fredrickson und Roberts (1997) schlagen vor, dass viele Frauen in ihrem Leben die Erfahrung machen, dass das äußere Erscheinungsbild ihres Körpers eine wichtigere Rolle spielt, als die subjektive Wahrnehmung des Körpers und körperlicher Vorgänge. Durch die Heilenden Kräfte im Tanz® kann frau lernen, den eigenen Körper und damit das eigene Selbst wieder stärker wahrzunehmen.
Ein Beispiel für die Bedeutung der Innenwahrnehmung ist der Krafttiertanz. Es geht nicht darum, wie der Tanz von außen aussieht oder was das Tier bedeutet, sondern allein, wie es sich im Körper anfühlt. Über diese Ebene des Spürens eröffnen sich neue Körpererfahrungen, die den therapeutischen Prozess unterstützen. Gelernt wird das Spüren in den HKIT über die Körperarbeit AATINI. Die Erfahrungen mit Atem und Bewegung die hier gemacht werden können auf Erlebnisse im Tanz, wie z.B. im Tiertanz transferiert werden. Ferner ist die tänzerische Arbeit mit den Orixa des Candomble in den HKIT in diesem Zusammenhang und auch in dem folgenden zu erwähnen. Mit den Orixa Nana, Oxum, Yansa und Jemana, Oxossi und Oxumare können neue Bewegungsmuster und damit Denk- und Glaubensmuster in Bezug auf Frausein und Weiblichkeit körperlich spürbar erfahren werden und tänzerisch alltagstauglich gemacht werden. Das sich größer Machen, in der unteren Studie erwähnt, liegt im Charakter des Candomble und wirkt bis heute und bis nach Inzmühlen in der Tanzheimat heilsam für alle die sich klein gemacht haben oder die klein gemacht worden sind.
Frauen nehmen weniger Platz im öffentlichen Raum ein, als Männer und schränken sich in ihrer Körpersprache ein (Hall, 1990; Henley, 1977). Diese körperliche Einschränkung wirkt sich auf die eigene Handlungsfähigkeit aus; Menschen, die sich groß machen haben im Vergleich zu denen, die sich klein machen höhere Testosteron- und niedrigere Kortisollevel, fühlen sich mächtiger und gehen eher Risiken ein. Menschen, die sich klein machen, zeigen genau die entgegengesetzten Reaktionen (Carney, Cuddy, & Yap, 2010). Menschen, die sich größer machen werden bei einem nachgestellten Job-Interview eher eingestellt (Cuddy, Wilmuth, & Carney, 2012). In der Tanztherapie werden diese erlernten Einschränkungen des eigenen Ausdrucks und der eigenen Lebensenergie langsam rückgängig gemacht.
Ergebnisse nach ein paar Stunden Körperarbeit und Tanz
können sein, dass die Ursachen von Depression, Essstörungen, Burnout, Angst, ADHS, Borderline zu Tage treten (Arnow, 2004; MacMillan u. a., 2001) wie:
Sexuelle Gewalt,
Gewalt durch medizinische Eingriffe während des Geburtsprozesses und danach, Schläuche im Hals, Brutkästen, aber auch bei medizinischen Behandlungen wie Kieferorthopädie, Knie, Hüftgelenke bei Mädchen, Blinddarm OPs, Gynäkologische Eingriffe, OPs im Hals-Nasen-Rachen Bereich.
Kranke Mütter die MS, Sucht oder Depression hatten.
Nur um die wichtigsten Ursachen für Erkrankungen die bereits in der frühen Kindheit als Bauchweh oder Kopfschmerz oder Nervosität, Dissoziation begonnen haben zu nennen.
Aufgabe der Körperpsychotherapeutin HKIT ist es diese Verletzungen im Körper aufzuspüren, zu diagnostizieren und dort wo sie sich in Form von Blockaden manifestiert haben im Körper gemeinsam mit der Klientin Heilungswege zu entwickeln und so über Bewegung und Tanz über den Körper die Seele zu heilen.
Methoden der HKIT und ihre Wirkungen für die oben beschriebenen Krankheitsbilder sind:
1. Körperarbeit AATINI um einen liebevollen Umgang mit dem eigenen Körper kennen zu lernen und für sich selbst praktizieren zu können
2. Ausgewählte tradierte Heilungsrituale die zur Kartharsis führen und gleichzeitig heilsame Wege über die Kunst aufzeigen in eine neue Bewegungslandschaft wie Tarantella, Orixai des Candomble. ( G.F. Die Roten Schuhe, Im Ballsaal der Gaia)
3. Nähe, Verbundenheit in der Gruppe, tänzerische, spielerische Wege aus Einsamkeit und Zurückgezogenheit als Voraussetzung für Heilung und soziales Lernen, ohne das ein Heilungsprozess im tanztherapeutischen Sinne nicht gelingen kann – soziale Plastik (Joseph Beuys).
4. Tanzen aus dem freien Bewegungsimpuls als Transferleistung mit dem Körper in eine psychosomatische Balance gekommen zu sein und zu einer Beweglichkeit im übertragenen Sinne zurück gefunden zu haben, die alltagstauglich ist. Über den Körper die Seele heilen (Boyesen, 1987).
Es wird deutlich, dass es spätestens bei der Geburt eines Kindes sehr wohl einen geschlechtsspezifischen Zusammenhang dieser Erkrankungen mit Frau sein gibt, der sich erst mit der Geburt in Vitro auflösen wird. Dann sind beide Geschlechter wirklich gleich (Braun, 2008). Literaturverzeichnis
Arnow, B. A. (2004). Relationships between childhood maltreatment, adult health and psychiatric outcomes, and medical utilization. Journal of Clinical Psychiatry, 65, 10–15.
Boyesen, G. (1987). Über den Körper die Seele heilen: biodynamische Psychologie und Psychotherapie ; eine Einführung. Kösel.
Braun, C. von. (2008). Nicht Ich. Logik, Lüge, Libido. Frankfurt (Main): Frankfurt,Neue Kritik.,.
Carney, D. R., Cuddy, A. J., & Yap, A. J. (2010). Power posing brief nonverbal displays affect neuroendocrine levels and risk tolerance. Psychological Science, 21(10), 1363–1368.
Cohen, S., Janicki-Deverts, D., Turner, R. B., & Doyle, W. J. (2014). Does Hugging Provide Stress-Buffering Social Support? A Study of Susceptibility to Upper Respiratory Infection and Illness. Psychological science, 0956797614559284.
Cuddy, A. J., Wilmuth, C. A., & Carney, D. R. (2012). The benefit of power posing before a high-stakes social evaluation. Abgerufen von http://dash.harvard.edu/handle/1/9547823
Fischer, Gabriele. Die Roten Schuhe 2002 . Im Ballsaal der Gaia 2005.
Fredrickson, B. L., & Roberts, T.-A. (1997). Objectification theory. Psychology of Women quarterly, 21(2), 173–206.
Hall, J. A. (1990). Nonverbal Sex Differences: Communication Accuracy and Expressive Style. Johns Hopkins University Press.
Henley, N. (1977). Body politics: power, sex, and nonverbal communication. Prentice-Hall.
Jeffreys, S. (2005). Beauty and Misogyny: Harmful Cultural Practices in the West. Routledge.
Konzag, D. med T. A., Klose, S., Bandemer-Greulich, U., Fikentscher, E., & Bahrke, U. (2006). Stationäre körperbezogene Psychotherapie bei Anorexia und Bulimia nervosa. Psychotherapeut, 51(1), 35–42. doi:10.1007/s00278-005-0439-9
MacMillan, H. L., Fleming, J. E., Streiner, D. L., Lin, E., Boyle, M. H., Jamieson, E., … Beardslee, W. R. (2001). Childhood Abuse and Lifetime Psychopathology in a Community Sample. American Journal of Psychiatry, 158(11), 1878–1883. doi:10.1176/appi.ajp.158.11.1878
Murphy, M. L., Slavich, G. M., Chen, E., & Miller, G. E. (2015). Targeted Rejection Predicts Decreased Anti-Inflammatory Gene Expression and Increased Symptom Severity in Youth With Asthma. Psychological science, 0956797614556320.
Papadopoulos, N. L. R., & Röhricht, F. (2014). An investigation into the application and processes of manualised group body psychotherapy for depressive disorder in a clinical trial. Body, Movement and Dance in Psychotherapy, 9(3), 167–180.
doi:10.1080/17432979.2013.847499
Röhricht, F., Papadopoulos, N., & Priebe, S. (2013). An exploratory randomized controlled trial of body psychotherapy for patients with chronic depression. Journal of Affective Disorders, 151(1), 85–91. doi:10.1016/j.jad.2013.05.056
Was zeichnet die HKIT als Tanz- und Körperpsychotherapie aus? Bisher veröffentlichte Artikel – Dez,Jan.,Febr.
Therapie und das Ebenenmodell G.B. in den HKIT – Sept blog
Therapie und Massage HKIT – touch me tender touch me true
Therapie und Der Fluss der Lebensenergie -Fließen mit der Flut HKIT
Therapie und Kunst – Der künstlerische Ansatz in den HKIT
Therapie und Lernen – reformpädagogische Ansätze in den HKIT
Therapie und die therapeutische Persönlichkeit HKIT
Therapie und andere Wirklichkeiten in den HKIT Teil I-IV
Therapie und Verortung – Eine Heimat im Körper finden
Therapie und Gemeinschaft HKIT
Therapie und Heilungstanzrituale – Update – Fortsetzung folgt
Therapie und Wissenschaft
Hier ein Exkurs von Freyja Fischer in die Wissenschaft und HKIT, bis auf burnout und Trauma hat sie wissenschaftliche Forschungen zu den Themen der HKIT, wie sie oben angesprochen werden, zusammengestellt und ich habe sie mit Erfahrungen aus der tanztherapeutischen Praxis ergänzt. Eine Recherche die bestimmt alle jene freuen wird, die an ihrer Abschlussarbeit HKIT schreiben. Hier der wissenschaftliche update. Burnout und Trauma werden nachgeliefert.
Heilende Kräfte im Tanz®: Wirkung
Das Zusammenspiel von Körper und Psyche rückt mehr und mehr in den Fokus der Medizin und Psychologie:
Soziale Unterstützung kann Erkältung vorbeugen. Dabei werden ca. 30% des wahrgenommenen sozialen Unterstützung durch Umarmungen vermittelt(Cohen, Janicki-Deverts, Turner, & Doyle, 2014).
Bei Jugendlichen, die Asthma haben und die gegen sie persönlich gerichtete Zurückweisung erleben, verschlimmert sich das Asthma. Das kommt dadurch zu Stande, dass das Gen, das den Bauplan für die körpereigenen Asthmaabwehrmoleküle produziert, seltener abgelesen wird, d.h. die körpereigenen Abwehrstoffe werden seltener produziert und dadurch verschlimmern sich die Symptome (Murphy, Slavich, Chen, & Miller, 2015).
Körperpsychotherapie scheint effektiv gegen chronische Depression zu sein.(Papadopoulos & Röhricht, 2014; Röhricht, Papadopoulos, & Priebe, 2013).
Bei den sehr direkt auf den Körper bezogenen Krankheitsbildern Anorexia nervosa und Bulimianervosa wird wegen der wenig erfolgreichen bisherigen Therapien diskutiert, ob stärker körperbezogene Psychotherapien mit in die Behandlung eingebunden werden sollen (Konzag, Klose, Bandemer-Greulich, Fikentscher, & Bahrke, 2006).
Gehen erhöht die Kreativität (Oppezzo & Schwartz, 2014).
Körperpsychotherapie wirkt wie der Name schon sagt auf dieses Zusammenspiel zwischen Psyche und Körper ein und kann dadurch psychologische und körperliche Symptome lindern. Wissenschaftler erforschen, wie bestimmte Krankheitsbilder durch Körperpsychotherapie gemildert werden können, das ist notwendig, um Studien durchzuführen und die Literatur zu organisieren. Auch wenn so organisierte Studien herangezogen werden können, um zu belegen, dass Körperpsychotherapie tatsächlich wirkt, sind die spezifischen Störungsbilder in den HKiT® doch unwichtig.
Welche Rolle spielt Weiblichkeit, Frau-Sein in der Körperpsychotherapie?
Wir bewegen uns heute in Zeiten des Postfeminismus. Viele Frauen gehen davon aus, dass sie gleichberechtigt sind wie Männer und dass feministischen Themen keine besondere Aufmerksamkeit mehr geschenkt werden muss. Gleichzeitig verlangen andere Frauen, westliche Schönheitsideale in die von der UN aufgestellten Liste der „schädigenden kulturellen Praktiken“ aufzunehmen (Jeffreys, 2005). Welche Position bezieht jede einzelne Frau in dieser Debatte? Nach ein paar Stunden Körperarbeit HKiT® lässt sich da eine gute Antwort darauf geben…
Ergebnisse nach ein paar Stunden Körperarbeit und Tanz
können sein, dass Ursachen von Depression, Essstörungen, Burnout, Angst, ADHS, Herzerkrankungen, Blasen- und Nierenentzündungen, Borderline und schwere Traumata zu Tage treten wie: Sexuelle Gewalt, Gewalterfahrungen während des Geburtsprozesses und danach, Schläuche im Hals, Brutkästen,
aber auch bei medizinischen Behandlungen wie Orthopädie im Kieferbereich, der Knie, Hüftgelenke, Blinddarm OPs, Gynäkologische Eingriffe, OPs im Hals-Nasen-Rachen Bereich. Krankenhausaufenthalten
Verletzungen durch Verbrühungen, Verbrennungen, Unfälle. Kranke Mütter die MS, Sucht oder Depression hatten.
Nur um die wichtigsten Ursachen für Erkrankungen zu nennen, die bereits in der frühen Kindheit als Bauchweh oder Kopfschmerz oder Nervosität, Dissoziation u.a. Anzeichen, begonnen haben.
Aufgabe der Körperpsychotherapeutin HKIT ist es diese Verletzungen im Körper gemeinsam mit der Klientin aufzuspüren, zu diagnostizieren und dort wo sie sich in Form von Blockaden manifestiert haben im Körper gemeinsam mit der Klientin Heilungswege über Tanz und Bewegung zu entwickeln. Über den Körper die Seele zu heilen.
Methoden der HKIT und ihre Wirkungen für die oben beschriebenen Krankheitsbilder sind:
1. Körperarbeit AATINI um einen liebevollen Umgang mit dem eigenen Körper kennen zu lernen und für sich selbst praktizieren zu können. Gabriele Fischer, AATINI Hör- und Tanzbuch
2. Ausgewählte tradierte Heilungsrituale die zur Kartharsis führen und gleichzeitig heilsame Wege über die Kunst aufzeigen in eine neue Bewegungslandschaft wie Tarantella, die roten Schuhe oder die Orixai des Candomble. Gabriele Fischer, Die roten Schuhe, Im Ballsaal der Gaia
3. Nähe, Verbundenheit in der Gruppe, tänzerische, spielerische Wege aus Einsamkeit und Zurückgezogenheit als Voraussetzung für Heilung und soziales Lernen, ohne das ein Heilungsprozess im tanztherapeutischen Sinne nicht gelingen kann – soziale Plastik, Joseph Beuys
4. Tanzen aus dem freien Bewegungsimpuls als Transferleistung mit dem Körper in eine psychosomatische Balance kommen und zu einer heilsamen Beweglichkeit im übertragenen Sinne zurück finden, die alltagstauglich ist. Über den Körper die Seele heilen. Gerda Beuyesen
Es wird deutlich, dass es spätestens bei der Geburt eines Kindes sehr wohl einen geschlechtsspezifischen Zusammenhang dieser Erkrankungen mit Frau sein gibt. Sexuelle Gewalt in der Kindheit wirkt sich z.B. empfindlich im Geburtsprozess auf das Zusammenspiel von Mutter und Kind aus und daraus können sich weitere Komplikationen ergeben. Wie sich überhaupt unsere gesamte Befindlichkeit aus unserer Geschlechtlichkeit ableitet. Sowohl für Männer als auch für Frauen.
Literaturverzeichnis
Cohen, S., Janicki-Deverts, D., Turner, R. B., & Doyle, W. J. (2014). DoesHuggingProvide Stress-BufferingSocial Support? A Study ofSusceptibilitytoUpperRespiratoryInfectionandIllness. Psychological science, 0956797614559284.
Jeffreys, S. (2005). Beauty andMisogyny: Harmful Cultural Practices in the West. Routledge.
Konzag, D. med T. A., Klose, S., Bandemer-Greulich, U., Fikentscher, E., &Bahrke, U. (2006). Stationäre körperbezogene Psychotherapie bei Anorexia und Bulimianervosa. Psychotherapeut, 51(1), 35–42. doi:10.1007/s00278-005-0439-9
Murphy, M. L., Slavich, G. M., Chen, E., & Miller, G. E. (2015). TargetedRejectionPredictsDecreased Anti-Inflammatory Gene Expression andIncreased Symptom Severity in Youth With Asthma. Psychological science, 0956797614556320.
Papadopoulos, N. L. R., & Röhricht, F. (2014). An investigationintotheapplicationandprocessesofmanualisedgroupbodypsychotherapyfor depressive disorder in a clinicaltrial. Body, Movement and Dance in Psychotherapy, 9(3), 167–180. doi:10.1080/17432979.2013.847499
Röhricht, F., Papadopoulos, N., & Priebe, S. (2013). An exploratoryrandomizedcontrolledtrialofbodypsychotherapyforpatientswithchronicdepression. Journal ofAffectiveDisorders, 151(1), 85–91. doi:10.1016/j.jad.2013.05.056
Up to date mit den Heilungstanzritualen der HKIT
Im Herbst letzten Jahres war ich zu einer Katak/Flamenco Performance nach Dresden-Hellerau eingeladen. Angeregt durch das Geschehen auf der Bühne schrieb ich den folgenden Text, den ich unter den Titel UP TO DATE stelle. Mit UP TO DATE beginnt eine neue Serie an Texten die sich mit HKIT und Heilungstanzritualen beschäftigt. Dazu habe ich in den gerade im Blog veröffentlichten Artikeln zu Therapie und HKIT noch wenig geschrieben und da die Heilungstanzrituale eine wichtige Methode der HKIT darstellen bekommen Tarantella und Co. ihre eigenen Artikel. Das kann noch dauern, denn nächsten Sonntag fliege in in den Deutschen Alltag zurück und die neuen Kurse beginnen in Inzmühlen. Also dies ist ein Anfang.
Es gibt Gifte, die heilen, und aus eben dieser Apotheke stammt der Kathak. Jetzt ist es in meinem Körper drin, sagt Israel Galván, Flamenco, nach der gemeinsamen Performance Torobaka mit Akram Khan, Katak.
Alleine schon das Wort Gift zu denken im Zusammenhang mit Heilung stellt mir die Nackenhaare in die Höhe. Ich beruhige mich, war es nicht Paracelsius von Hohenheim der von den Mengenverhältnissen sprach, ab wann ein Gift zur Medizin wird? War es nicht Hahnemann, der dies mit seinen Potenzierungen in der Homöopathie auf die Spitze trieb?
Wenn ich Galván tanzen sehe, so liegt der Gedanke an Gift, Vergiftung nahe, von der Tarantel gestochen, von einer Klapperschlange gebissen … äußerste Not, Todeskampf, auf die Spitze getrieben. Kampf auf Leben und Tod. Die Gifte, die mir in meiner körpertherapeutischen Praxis, begegnen sind oft anderer Natur, schleichend, über Jahre, Jahrzehnte eingeflößt erzeugen sie ein Siechtum genährt aus Worten der Vergangenheit wie: „Du sollst nicht spüren“, oder „Erzähle niemandem etwas davon, das ist unser Geheimnis“ aber auch „Halte Dich zurück“, „Du bist nicht schön“ und ähnliches wirkt als Gift im Körpergewebe. Es bringt uns vielleicht nicht gleich um aber es fährt uns runter und lässt uns auf Sparflamme leben.
Das erste was das Gewebe bei Gift macht ist DICHT. Alle Schleusen werden geschlossen. Die Zellmembranen verhärten sich. Hier kommt nichts durch. Erbrechen, Durchfall als erste Reaktion. Out put. Was bereits durchgekommen ist versucht der Körper abzubauen, zu verstoffwechseln, damit gelangt das Gift tiefer in den Körper hinein. Die Organe werden betroffen, die Leber als Entgiftungsorgan, die Nieren als Ausscheidungsorgan. Aber auch die Lungen kann es packen: Die dicke Luft im Kinderzimmer, über Jahre verstopft sie Bronchien und Lungenbläschen.
Wunden unterscheiden sich, Krankheiten auch und ebenso Symptome und genau so vielfältig ist die Medizin die mit ihnen in Dialog tritt. Vor der Entwicklung der modernen Medizin hatten die Menschen nicht viel, was sie ins Feld führen konnten gegen Krankheiten, Kräuter aus denen sich die heutigen Medikamente entwickelt haben, Heilwässer … ansonsten blieb ihnen nichts übrig als der Bewegung der Krankheit zu folgen in Tanz und Musik.
Es ist anzunehmen, dass sich daraus Tänze entwickelten wie der Flamenco, der Katak oder die Tarantella und das Candomblé. Dem Freien Bewegungsimpuls in den HKIT folgend können wir noch heute an diese Tanztraditionen anknüpfen aus denen sich im Laufe der Jahrtausende tradierte, vorgegebene Bewegungsmuster, vorgegebene Rhythmen für Heilungstänze entwickelt haben.
Das sind die beiden Methoden, die uns tanztherapeutisch zur Verfügung stehen: Vorgegebene Bewegungen der Tanztraditionen und im Gegenpol dazu dem Entdeckenlassenden Lernen folgend der freie Bewegungsimpuls. Beide Methoden führen letztendlich im Heilungsprozess dazu, dass sich festgehaltene Gewebestrukturen lösen können und sich die blockierte Lebensenergie neu organisieren kann. Was heilsam ist im Tanz entscheidet der Körper. Er nimmt sich tänzerisch, was er braucht.
Wie ist die Vorstellung von Heilung im Tanz? Tradiert sind der Kampf mit der Krankheit, angefeuert von der fieberhaften Suche der Musiker nach dem heilenden Rhythmus … Tarantella, auch den Flamenco oder das Candomblé würde ich zu diesen Tänze zählen, die die alten Muster zeigen und das Ringen um Auflösung in Bewegung, Rhythmus, Musik, dann das Heranwachsen des Neuen erahnen, erspüren, bewegen, tanzen. Die zu eng gewordene Haut abstreifen in einem Tanz der Verzweiflung Befreiung erleben. Spektakuläre Tänze die die Gemeinschaft in ihren Bann ziehen.
Es gibt Heilungstänze die ganze Dörfer um den oder die Kranke mit einbeziehen. Die Krankheit will gezeigt und gesehen werden. Krankheit als soziale Aufgabe. Systemisches in Heilungstänzen, die die ganze Familie, das Dorf, das Volk betreffen ist eine Selbstverständlichkeit. Alle tun mit, fühlen sich involviert, steuern ihr Bestes zum Heilungsprozess bei, sei es Musik machend, kochend, beschützend, pflegend oder mittanzend im engeren Sinne. Der Heilungsprozess geht alle an.
Die Verletzung wird sichtbar, wird gezeigt und kann so in der Gemeinschaft geheilt werden. Die Tarantella gibt es nicht mehr, weil die Menschen in Süditalien sich anderen Heilweisen zugewandt haben. Sie wurde zum Volkstanz, der Flamenco wurde mir nicht als Heilungstanz vorgestellt doch hat er alle Elemente, selbst das der Gemeinschaft, die die Musiker selbst auf der Bühne noch herzustellen vermögen. Auf das Candomblé und seine Orixai gehe ich in späteren Artikeln ausführlich ein.
Ein Flamencotänzer der wie Galván jeden Tag auf der Bühne steht vertritt eine Kunstform, zelebriert keinen Heilungstanz und doch spricht er vom Gift des Katak, was zeigt, dass er sich bewusst ist über die Heilwirkung von Tänzen, auch wenn es Bühnentänze sind. Flamenco sieht für mich aus wie die Neurose auf der Bühne. Auch bei Galván, dieses äußerste Ringen um Auflösung und Finden einer neuen Struktur. Über den Katak weiß ich zu wenig, fühle mich ihm zu wenig verwandt um solche Behauptungen in den Raum stellen zu können.
Aber auch der Katak hat sehr heftige Elemente, die die Fußmuskulatur in einem Monat verdoppeln können, doch er läuft weniger affektiert ab als der Flamenco Galváns auch wenn Akram Khan die tradierten Formen spielerisch auflöst erkenne ich die asiatische Höflichkeit in seinen feinen Gesten immer noch. Was passiert mit Kunst, wenn sie nicht diesen Motor des Spektakels bedient? Wenn die Bewegungen einem schleichenden Vergiftungsprozess entspringen und einem fortwährenden heilsamen Tanzprozess in der Gemeinschaft geschuldet sind?
Mir kommt der Butho in den Sinn, langsamer dafür nicht weniger eindringlich wie der Flamenco oder der Katak. Der Butho ist ein moderner Tanz, der den Existenzialimus, de Beauvoir, Sartre, Camus aufgreift und Themen wie EKEL auf die Bühne bringt. Er wurde von einem Japaner der in Paris lebte entwickelt und entspricht einem ost-westlichen Tanzverständnis.
Flamenco, Tarantella, Butho, besser auf der Bühne und nicht im Wohnzimmer, nicht jeden Abend, nicht als LebenspartnerIn, oder? In der Wirklichkeit braucht es nach dem Stürmen und Toben die Entspannung, das Aufatmen, zur Ruhe kommen. Hier ein Bericht von K.B. einer HKITlerin die gerade eine Schmerzodysee mit ihrer Schulter hinter sich gebracht hat:
Ja, wie geht es mir… So eine einfache, kurze Frage…Gut, erst mal. Ich bin seit zwei Wochen schmerzfrei. Wie kommt das? fragen sich Hausarzt und Physiotherapeut. Von den ätherischen Ölen erzähle ich ihnen und auch von den Move-Kapseln (empfohlen für Gelenke, Bänder und Knorpel). Aber vom „eigentlichen“, vom Innigen kann ich ihnen nicht erzählen. Ich tanze täglich, im Alltag. Oder vielmehr es tanzt mich: im Auto, im Bad, unter der Dusche, beim Schwimmen im See, beim Arbeiten im Büro, bei den Asylwerbern. Ja, ich glaube, es tanzt mich stetig und beständig und immer. Nur meine Aufmerksamkeit ist auch mal woanders, aber meine Ge-danke-n kehren sehr rasch zum Tanzen zurück und ich danke für dieses Bewusstsein, dieses Bei-mir-sein auch im großen Trubel meines Alltags.
Im Gegensatz zu der Wirkung von HKIT braucht Bühne Erhöhung, Vergrößerung, wie Georgia O’Keeffe sagt, sonst sehen die Leute sich die Blumen die du malst gar nicht erst an. Aber bei O’Keeffe sind es Blumen, wo sind die Blumen bei Galván, bei Khan? Joseph Beuys schlägt als heilsame Kunst ungewöhnlich Wege ein. Er geht nach New York und lässt sich mit einem Coyoten als „Kranker Mann“ einsperren um an der Natur zu gesunden. Ein Versuch. Eine zur Schau Stellung eines Gedankens. Ein Arrangement um die Zuschauer selber zu Künstlern werden zu lassen.
Was kommt nach der Neurose?
Ist der KünstlerIn, der TänzerIn ein Opfer der Schaulust des Volks, das die Gladiatoren kämpfen sehen will?
Welche Aufgabe hat Kunst?
Ist das Heilsame langweilig?
Sind deshalb Friedenstänze als Friede-Freude-Eierkuchen verpöhnt?
Fehlt dem Heilsamen die Spannung die die Bühne fordert?
Wo sind tradierte künstlerische Heilungswege zu finden?
Brauchen wir die Horrormeldungen der Tagesschau? Die Leichenteile, die Bilder von zerstörten Häusern und Splitterbomben?
Ich lese ein kleines Reklamheft über den Struwwelpeter. Was hat denn das damit zu tun? Das hat damit zu tun, dass der Arzt, der Autor und Zeichner dieses Kinderhorrors diese Zeichnungen an Krankenbetten von Frankfurter Kindern in der Revolutionszeit von 1840 angefertigt hat um die Angst der Kinder vor dem Doktor zu verscheuchen und damit die Kinder überhaupt anfassen und behandeln zu können. Wie bitte? Ja, bitte. Wie kann denn so was sein? Die Kinder machten das Buch zum beliebtesten Kinderbuch aller Zeiten. Wie bitte?
Ja, weil es eben das unangepasste Kind zeigt, den Rebell Struwwelpeter, den Phillip, der alles kurz und klein haut, der auf die Barrikaden geht wie die Revolutionäre der Französischen Revolution. Haben Kinder eine Chance gegen die Erwachsenen? Nein, lautet die Antwort des Verfassers Heinrich Hoffmann. Alles andere wäre unrealistisch, aber das innere Kind ist da und wirkt und dem gibt er Raum in seinen Zeichnungen und Texten. Die Kinder können das spüren. Da ist einer der uns sieht.
Aber da sind auch Ungereimtheiten in dem Horrortext mit dem brennenden Paulinchen, dessen Schürze sich entzündet aber damals wie heute suche ich nach der Schürze von Paulinchen, sie hat nämlich gar keine an, oder? Meine Mutter sagt mit 91 Jahren: Die Unterhose schaut unter dem Kleid hervor, das ist mir schon als Kind aufgefallen. Darf sie das? Keineswegs hat meine Mama als Kind gelernt. Widerstand auch da. Ja, gut, aber was hat das mit dem Heilsamen in der Kunst zu tun?
Manchmal verbirgt sich das Heilsame, wie beim Suppenkasper. Keine Frage, er stirbt ohne Suppe und mit ihm gleich das ganze Mobiliar. Aber er gewinnt auch irgendwie, mir kommen Gedanken an Anorexia Nervosa, ein Versuch selbstbestimmt zu leben? Trotzdem Horror. Horror kommt gut an. Die Krimis haben im TV Hochsaison* , ohne Ende und ich warte auf die erste Terrorserie im TV. Nach dem Krimi noch einen Absacker und ab ins Bett. Es wundert mich, wer da schlafen kann. Auch Grimms grimmige Märchen sind doch keine Gute-Nacht-Geschichten aber doch. Trotz der Gefahren die da auf die HeldenInnen lauern. Es braucht nur den erlösenden Satz am Ende: Und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende.
Dieser Satz hat mich schon immer aufgeregt, weil das ja nicht stimmt. Das Zusammenleben meiner Familie wirkte auf mich nicht glücklich und ich wollte das nicht bis ans Lebensende mitmachen. Eine endlose Kette an Verstrickungen die in der Kindheit angelegt wird. Wer versucht das aufzulösen gerät in der Kunst schnell in Verruf: Wir wollen unsere Spannungen, wir wollen Konflikte, Hass, Neid, Eifersucht, davon nährte sich schon das Griechische Theater. Ich denke: Ja, aber nix dazu gelernt seit über 2000 Jahren.
Wo ist der Fettfleck, die Filzrolle von Beuys im Tanz? Die Salbe Tanz? Wo ist der Tanz, der zu heilsamen Wegen einlädt? Der da nicht abbricht, wo es spannend wird, der die Frage thematisiert wie komme ich heraus aus Einsamkeit, Verlassenheit, Schmerz, Trauer, Not und sie nicht bis ins Unendliche reproduziert? Auch Tanz kann zur Droge werden.
Was bleibt von einem Flamencotänzer der Weltklasse, wenn er seine Neurose geheilt hat? Wenn die Bühne nicht mehr länger Austragungsort seines inneren Kampfes ist? sondern wenn er weiter geht, seine Heilungsbilder tanzt, uns teilhaben lässt an den heilsamen Energien die ihm jetzt zur Verfügung stehen? Wie sähe dieser Tanz aus? wie das Gegenprogramm zum Tatort im Zweiten ala Rosamunde Pilcher?
Brauchen wir Heilungstänze? Ja. Wir brauchen sie. Wir brauchen Vorbilder in heilsamen Bewegungen. Der Verband den der Tanz an unsere Wunden legt heißt Dialog. Unsere Tänze in Dancing Dialogue berichten von heilsamen Bewegungen und Rhythmen, die wir gefunden haben auf unserer Entgiftungstour und die wir mit anderen im Tanz teilen. Sie erzählen von dem update das wir im Tanz erfahren haben von der Erneuerung unserer Kraft die uns bis in den Alltag hinein tanzen lässt.
Ich glaube nach ein paar Stunden Körperarbeit kann man da eine gute Antwort drauf geben, sagt eine Dancing Dialogue Tänzerin auf meine Frage: Was sind weibliche Bewegungen. Diese Antwort geht weit über meine Frage hinaus. Vieles lässt sich nach ein paar Stunden Tanz und Körperarbeit mit anderen Augen sehen und anders angehen als gewohnt.
Grimms grimmige Märchen, die Horrormeldungen im TV oder belastende Erfahrungen aus der Kindheit. Der Update im Tanz kommt daher als Flamenco oder Katak. Heilsame Erfahrungen im Tanz sind dann möglich, wenn wir
1. mit einem anderen Menschen oder einer Gruppe verbunden sind im Tanz, wir sollten die Nähe des Wortes zum Verband, sowohl in seiner sozialen Form als auch als Pflaster nicht übersehen und die Zusammenhänge auf die uns diese Mehrdeutigkeit hinweist.
Zitat N.N., Dancing Dialogue Ich glaube es ist sowas wie ich traue mich alleine nicht da hin zu gucken, aber wenn die anderen da sind wird es schon ok sein.
2. mit uns selbst in Dialog getreten sind, unseren Körper wahrnehmen
3. wenn wir dieser Wahrnehmung die Türen öffnen so dass wir sie erkennen und als unsere Realität annehmen können
4. und es wagen Schritte ins Fremde und Unbekannte zu tun
Zitat RBB Dancing Dialogue
Es ist sooo komplex wie wir tanzen und es eröffnet wirklich so viele unterschiedliche Ebenen an Heilungsräumen. Seit dem ich DD tanze, geht die Sonne im Körper-Innenraum auf….und leuchtet ins Dunkel meiner verborgenen Körper-Schichten: Gefühle, Geschichten, Bilder, Farben, Tiere erscheinen und vieles andere mehr…alles wird begreifbar für mich, fühlbar über den Kontakt meines Atems ins Gewebe hinein..dort, wo dann Bewegung im Körper geschieht und nichts Ausgedachtes gemacht werden muss, so nach dem Motto, was dem Außen gefallen würde.
Es ist pur, es kommen pure einfache Bewegungen aus meinem Gewebe geflossen und wenn ich mutig bin, dann landen diese in der Sichtbarkeit…Geborgensein wird in dem Moment geboren…einfach damit zu sein, was jetzt gerade ist… im Kontakt sein, mit mir und mit den anderen Tänzerinnen…da kommt Freude auf, da dürfen Tränen fließen, da darf nach Lust und Laune geblödelt werden…um im nächsten Moment wieder die Ebene wechseln zu können, weil sich grad die Energie auf der Bühne (des Lebens) verändert… Spielen…aus tiefster Seele und aus ganzem Herzen spielen…mit unseren Bewegungen, mit Atem, Stimme und Gesang…bis es still wird…und alle Bewegungen, die sich zeigen wollen zu Ende geführt werden…bis es noch stiller wird im Innenraum, genauso wie im Außenraum…da, wo ein ganzheitlicher Heilungs-Raum kreiert worden ist….Ankommen und Bleiben…tief durchatmen…sein, miteinander sein in Gemeinschaft…in Frieden sein…in Liebe sein…ohne zu bewerten…
In dem Text von RBB erfahen wir etwas von der Wirkung des Updates Tanztherapie: Mein letztes Update auf meinem PC dauerte Stunden. So ein Update kommt ja völlig ungefragt daher. Verlangsamt den PC oder legt ihn völlig lahm und nach gefühlten Stunden kommt dann die Erlösung: Die Updates werden konfiguriert. Auch das kann sich ja nur um Stunden handeln.
Danach wundere ich mich. Zwei Tage lang kommen keine Emails mehr bei mir auf der Insel an. Mein Kontakt zur Außenwelt ist gekappt. Einzig mein skype funktioniert noch. Ich sende Hilferufe ins WWW und siehe da, Stunden später greift das Update und ich lese meine Emails der letzten Tage. So kann es gehen, ein Update kommt selten alleine und zehn UPDATES können ganz schön Zeit kosten und Nerven.
UPDATE TANZ
Fußnote *
Überblick über die bereits im Dez. und Jan. blog veröffentlichten Artikel
Was zeichnet die HKIT als Tanz- und Körperpsychotherapie aus?
Therapie und Massage HKIT – touch me tender touch me true
Das Ebenenmodell G.B. in den HKIT – bereits im Sept blog 2014 veröffentlicht
Therapie und Der Fluss der Lebensenergie -Fließen mit der Flut HKIT
Therapie und Kunst – Der künstlerische Ansatz in den HKIT Teil I und Teil II
Therapie und Lernen – reformpädagogische Ansätze in den HKIT
Therapie und die therapeutische Persönlichkeit HKIT
Therapie und Verortung – Eine Heimat im Körper finden HKIT
Therapie und andere Wirklichkeiten in den HKIT Therapie und Gemeinschaft HKIT
Therapie und Heilungstanzrituale HKIT Einleitung UPDATE Febr. blog
Nachdem mein Schrubberbericht so euphorischen Zuspruch fand hier weitere Tanzgeschichten aus dem Alltag einer Brasilianerin. Sie heißt Sandra, ich schreibe das mal so, wie das gesprochen wir, also nasal und dann Sahhhhhhhhhhhhhndra. Das H schön durch die Nase ziehen lassen.
Sie ist gerade dabei ein Appartement in Praia do Encanto zu reinigen, nachdem die Handwerker drin waren. Handwerker nehmen auch in Brasilien wenig Rücksicht auf das was nach ihnen kommt. Den Strand der Verzauberung, was Praia do Encanto übersetzt heißt, kennt ich schon von den Sonnenaufgängen, die ich in den blog stelle.
Also Sandra zieht erst mal ihre Flip Flops aus zum Putzen und geht durch zum Bad, Banheiro. Sie hat sich ein paar gebrauchte Plastikgefäße von Spülmittel oder Öl zurecht geschnitten, die sie zum Wasserschöpfen benützt. Das Waschbecken hat schon lange keinen Stöpsel mehr, da stopft sie den Putzschwamm in den Abfluss rein, was dazu führt, dass das Waschbecken jetzt das einlaufende Wasser hält und überhaupt erst geschöpft werden kann. Also dieser Wasserhahn läuft und gleichzeitig der vom Bidetschlauch, also ein Bidet gibt es nicht, nur den Schlauch mit dem Drücker vorne dran, rechts neben dem Clo.
Das Wasser vom Bidetschlauch läuft in einen größeren Eimer, auch recycled. Während dessen verteilt Sandra, wie eine Tänzerin Blumen auf die Bühne streuen würde, rundherum eine nach Chlor riechende Flüssigkeit aus einer Plastikflasche auf den Fließen um sich und beginnt mit ihrem Besen, der aus Piasavapalmen gemacht wurde die Wände zu schrubben. Der Besen hat einen langen Stil und ihre Bewegungen sind geschickt wie bei einem Stabtanz der Hirtenvölker.
Besen sind in Bahia mehr Pinsel. Der Boden wird gepinselt. Ich denke darüber nach, welchen Unterschied das macht, bei einem breiten Besen schieben wir den Dreck vor uns her. Beim Pinseln sehe ich die Ölfarben einer Malerin und wie sie auf der Leinwand verteilt werden. Bunt auf jeden Fall und weniger ein Wegschieben als ein Verteilen, es soll ja auch was bleiben von der Farbe auf der Leinwand und nicht am Schluss alles weg sein.
Diese groben Piasavapinsel fordern sehr besondere Bewegungen, die ich noch nicht richtig kann. Je nach Druck und Rotation nimmt der Piasavapinsel mehr oder weniger Dreck weg. Vor allem bei glatten glänzenden Fließenböden finde ich es eine stattliche Leistung, die damit sauber zu bekommen.
Da trifft eine uralte Technik aus Afrika auf modernes Baumaterial. Wenn ich mich erinnere, als Kind, die Betonböden in der Werkstatt meines Vaters, die ich da gekehrt habe, da ging auch nie alles ab, es blieb so eine feine Staubschicht, das war gewollt, auch wenn ich über gestampften Lehm kehrte, war es gewollt, dass da am Schluss noch Lehm war.
Ja, mein Körpergedächtnis kennt das mit dem Lehm, aber woher, ich lebte nie in Afrika, wo es noch Häuser mit Lehmboden gibt, meine Großmutter ist in einem Haus mit Lehmboden aufgewachsen … ich glaube, ich habe Lehmböden auf den alten Speichern im Westerwald erlebt, die ich umbaute, manchmal ist das Körpergedächtnis schon sehr schlau. Nun bin ich in einer kleinen Geschichte der Bodenbeläge gelandet.
Für die Bewegung sind Bodenbeläge äußerst wichtig, nicht nur von der Nachgiebigkeit her für die Gelenke sondern eben auch für die Tanzbewegungen bei der Reinigung. Sandra tanzt noch immer im Bad des Appartements in Praia do Encanto. Sie hat die Duschkabine geschrubbt, innen und außen und die Wände und nebenher immer wieder einen Eimer mit Wasser gegen die Fließen, nun fehlt mir das Wort. Geklatscht ist es nicht, das hätte zu sehr gespritzt, gekippt ist es auch nicht, denn einfach runter gelaufen ist das Wasser nicht. Die Rheinländer würden sagen: Mit Schmackes.
Das ist ein zu erlernende Bewegung, die gar nicht so einfach ist. Sie reinigt spritzt aber nicht. Sandra beherrscht diese Kunst. Ich sage ihr, dass ich meinen Fotoapparat hole und sie wiederholt geduldig und verwundert ihren letzten Arbeitsgang nochmal für mich. Eigentlich will sie ja schick aussehen auf so einem Foto. Sie ist eine schöne Brasilianerin, die sich gerne gut anzieht und schmückt. Das geht ja jetzt alles gar nicht. Dafür ein bezauberndes Lächeln. Esse Touristas. Diese Touristen.
Nun geht es weiter, auch der Marmorwaschtisch wird mit dem Pinsel mit seinem überlangen Stil bearbeitet und dann der Fußboden, der in der Zwischenzeit völlig nass und schlippery ist. Wasser und Putzmittel stehen zentimeterhoch auf den Fließen. Die Berufsgenossenschaft in Deutschland würde die Hände über dem Kopf zusammen schlagen. Sandra gleitet sozusagen über den Wasserspiegel, aquaplaning und schiebt mit dem Besen die ganze Schoose Richtung Ablauf in einer Ecke neben dem Clo. Spült noch ein-, zweimal nach und dann fertig.
Es ist warm und das Bad wird sich bald von dieser Behandlung erholt haben und wundervoll duftend den neuen Gästen zur Verfügung stehen. Unter das letzte Spülwasser wurde noch eine brasilianische Duftmischung für Fußböden eigens kreier, blass lila, gemischt. Jetzt kommt noch der große Raum dran. Darin findet sich ein Doppelbett und ein normales Bett, auf der Seite stehend und ein Nachttisch. Dazu viele Speißreste von den Handwerkern.
Sandra kehrt erst mal mit dem Pinsel alles aus der Türe hinaus auf die gefließte Terrasse. Sand und zusammen geklumpte Speißreste. Dann schüttet sie großzügig aber geschickt Wasser aus ihrem Eimer in den Raum und schrubbt das Wasser vor sich her treibend alles mal kräftig durch. Die Möbel? Werden geschoben und gerückt, so dass darunter auch sauber gemacht werden kann. Eine Ladung Dreckwasser ergießt sich jetzt aus dem Raum auf das bereits vor die Tür gekehrte. Die nächste Runde Wasser und Pinsel und dann ist das gut. Zum Schluss noch der Schieber, der das Restwasser weg nimmt. Die Betten bleiben so gekippt und alles kann jetzt erst mal trocknen.
Sandra kehrt die Terrasse, in dem sie den ganzen Dreck vor sich her treibt in einer Welle von Wasser und Putzmittel und irgendwie verteilt sich das dann vor der Terrasse. Kehrblech und Besen haben sie hier nicht. Während ich schreibe spüre ich die Dynamik die sich zwischen dem Körper der Tänzerin, den Wänden und Böden und dem Pinsel ergibt und wie das Wasser einen Höhepunkt setzt der nicht zu toppen ist.
Ich bedauere es zu tiefst, dass ich nicht in so einem Land leben, wo eine Durchschnittstemperatur von 25 Grad herrscht. Diese Putztechnik ist Freude, ist Wirbeln, ist Tanz. Es ist nicht unbedingt notwendig, dass die Wohnung ebenerdig ist. Auch ein Balkon leistet gute Dienste das Wasser abzuleiten und Treppen werden ebenso geflutet und zu Wasserkaskaden umgewandelt im Dienste der Schönheit und Reinheit und nicht zuletzt erfährt der Körper während dem Putzen immer wieder eine kleine Zuwendung an Pflege. Paradiesisch. Viva Brasil. G.F.
„Glaube nicht, es muss so sein, weil es so ist und immer so war. Unmöglichkeiten sind Ausflüchte steriler Gehirne. Schaffe Möglichkeiten.“ (Hedwig Dohm)
Hedwig Dohm ist mir aufgefallen in meinen Recherchen zu den neuen Kalenderfrauen von Gisela Notz, die wir in Wort und Tanz im Nov. 2015 vorstellen wollen. Sie ist eine Vorfahrin der Frau von Thomas Mann, also eine Ururgroßmutter von Erika Mann zu der Therese Giehse in enger Beziehung stand:
Leben ist doch Veränderung. Die Situationen verändern sich, die Menschen, ihre Beziehungen zueinander. Man darf nichts erstarren lassen. Für ein Zusammenleben gibt es keine Regeln, keine vorgegebenen Antworten. […] Lebensfreundschaften verändern sich, verändern sich oft – doch sie ermatten nicht. Man bleibt beieinander, auch wenn man nicht zusammen ist. – Lebensfreundschaften sind Beziehungen, die lange dauern, sehr lange – die im Grunde nie aufhören. (Therese Giehse)
Hedwig Dohm ist 1831 geboren und für mich ist ihr Werk nahezu unvorstellbar in dieser Zeit, wie sie sich als Frau einen Raum geschaffen hat und sich künstlerische und wissenschaftlich verwirklichen konnte.
Dazu noch einmal eine Sonnenaufgangsstimmung, fotografiert von Barbara Martini, Praia do Encanto, Morro de Sao Paulo, Bahia, Brasil