• Über

Heilende Kräfte im Tanz Blog

~ Lächle! Du bist auf der besten WordPress.com-Seite aller Zeiten

Heilende Kräfte im Tanz Blog

Monatsarchiv: Januar 2015

Bewegungstudien DD

31 Samstag Jan 2015

Posted by Gabriele Fischer in Bewegungsstudien, Dancing Dialogue, HKITgoesbrasil

≈ 4 Kommentare

Schlagwörter

Fische fangen mit dem Einbaum, Schrubbern, Sumachpflaumen essen

Es gibt soviel zu berichten über Bewegungen die mir als Tänzerin auf der Insel begegnen. Bewegungen die mir völlig neu sind, wie das Fischefangen mit einem Einbaum, indem einer von den beiden Fischern aus dem Einbaum in der Lagune springt und mit dem Ruder aufs Wasser schlägt, so dass es nur so spritzt und die Fische in die Netze getrieben werden und der andere in dem Einbaum macht wilde Fahrmanöver dazu oder wie eine Familie Sumachpflaumen isst, die orange sind und Siriguela heißen oder grün und dann Umbú genannt werden.

Die Familie sitzt im Bus neben mir und mit den Zähnen und durch mir völlig ungewohnte Bewegungen von Lippen, Zunge und dem ganzen Gesicht werden die Kerne und die Schalen vom Fruchtfleisch befreit. Kern und Schale landen elegant in einer Abfalltüte, die eigentlich einem anderen Fahrgast gehört und in der Palmenschösslinge transportiert werden.

Der Aufdruck weißt auf Hundefutter hin. Kompost ist Kompost. Später landen die Kerne im Meer, wir sind in der Zwischenzeit umgestiegen in ein geräumiges Holzboot und fahren zurück auf die Insel. Es gibt noch Siriguela und Umbú und sie werden großzügig an die anderen Fahrgäste verteilt, ich staune, alle beherrschen diese Technik vom Kind bis zur Oma. Als die Reihe an mir ist lehne ich höflich ab, ich bin viel zu beschäftigt mit schauen und ich muss es gestehen,  ist esse diese Früchte für mein Leben gern. Ihr säuerlicher Geschmack ist hervorragend, in allen Reifestufen, aber lieber mit Schale.

hier der Siriguela Link

https://www.google.de/search?q=siriguela&rls=ig&biw=1198&bih=602&tbm=isch&tbo=u&source=univ&sa=X&ei=xGLMVK-iJKvesASd2YGQDQ&sqi=2&ved=0CIEBEIke

hier der Umbú Link

https://www.google.de/search?q=umbu&rls=ig&biw=1198&bih=602&tbm=isch&tbo=u&source=univ&sa=X&ei=LGPMVMf4INDLsAT85oCgBg&ved=0CIgBEIke

Da finde ich noch eine Bewegungsstudie aus dem letzten Jahr:

Bewegungsstudien 2014
Ich spüre den Schrubber. Er schrubbt über die Fließen, helle Fließen, dort wo sie zusammengefügt sind macht es einen kleinen Rucker. Ich sehe die Schokoladekuchenkrümmel, kleinere und größere und wie der Schrubber und das darum geschlungene Tuch ihre Arbeit tun.

Nach dem Schrubber sieht der Boden wieder tadellos aus. Manchmal, wenn ein Kinderfuß schon auf einen der Krümel getreten ist, bevor ich ihn unter der schwingenden Hängematte wegwischen konnte bleibt der Krümmelrest kleben und ich drehe den Schrubber um, um den braunen Fleck mit dem Schrubberrücken zu entfernen.

Ich spüre den Stil des Schrubbers und meine Hände, wie sie den Schrubber halten. Ich spüre die Energie, die von meinem Körper aus meinen Beinen kommend in den Schrubber fließt und über den Schrubber zurück in die Erde. Ich spüre den Kreislauf an den ich angeschlossen bin. An den ich mich mit dem Schrubbern anschließe. Mein Blick ist gesenkt. Das Ummichherum nehme ich ganzkörperlich und über die Ohren war. Das ist genug.

Ein Towuwabowu an Kindern, Limonade, Kuchen, Hängematte, Luftballons, die gerade mit Wasser gefüllt auf der Tanzfläche zerplatzen. Sergio, der Maler, hat das Spiel angeleitet. Ich weiß wie rutschig die Tanzfläche, die Zuschauertreppe und die Fließen auf der Terrasse werden können bei Wasser. Ich hole die Schieber und einige Kinder fangen an, mir zu helfen und putzen und schieben. Laura, die Frau des Malers kommt und nimmt ihnen die Schieber, Schrubber und Besen wieder weg.

Die beiden Künstler wollten etwas mit den Kindern der Rua de Toque machen zum Einweihungsfest der Stiftung. Es sind auch wirklich viele Kinder gekommen, die ich allerdings gar nicht kenne. Die Rua de Toque ist lang, geht bis No 505 und noch weiter. Die Kinder die ich kenne kommen erst als der erste Schwung ausgestattet mit Nesquau und Luftballons die Straße hinauf heimwärts zieht.

Jetzt merken meine Nachbarskinder erst, dass da was los ist und stürmen das Haus. Ich kenne sie. Sie sind mir vertraut. Ein Kind, Melissa, war schwer krank und kann jetzt wieder laufen. Ich freue mich sehr darüber. Die Kinder kennen das Haus und es fühlt sich ganz anders an seitdem sie da sind.

Ich schrubbe und denke an nichts als an schrubben. Erst einen Tag später merke ich, dass mich das Schrubben gerettet hat. Die Bewegung nach unten. All diese fremden Menschen an dem Platz an dem ich sonst alleine bin. Ich bin gewohnt Gruppen anzuleiten, zu ordnen, energetisch Klarheiten zu schaffen.

Heute bin ich in einer passiven Rolle und erlebe die zwei Künstler in dieser Funktion. Sie trinken ordentlich Bier und Sergio fängt jetzt an den Clown zu spielen. Sehr lustig, ein kleines Verschwindekunststück. Die Kinder sind fasziniert … dann folgt ein Spiel von fangen und jagen, von Raubtier und Schmusekatze.

Es ist alles nicht geplant und sehr spontan. Auch Laura kennt ihren Sergio so gar nicht. Er sagt nachher zu mir etwas von Siegmund Freud. Ich glaube er meint damit, dass da was aus den Tiefen seines Unbewußten aus ihm hervor brach. Die Kinder haben großen Spaß mit ihm. Ich schaue auf beim Schrubben und hole die Kamera.

Ich schrubbe dieses ganze Tohuwabohu, ordne es dabei: alles auf dem Boden, in den Boden … meine einzige Möglichkeit, auch die Musik zu ertragen, als Sergio dann noch mit den Kids singt und zwar irgendeine Walzermelodie … da bin ich bei den Dancing Dialogues und der letzten Performance angelangt.

Inzmühlen im Dreivierteltakt. Ich tauche voll in dieses Bühnenkörpergefühl ein. Erinnere mich an diesen Auftritt bevor ich losgefahren bin ganzkörperlich. Da ist er in meinem Schrubben, der Putzfrauenwalzer … ich spüre die Kraft die darin liegt zu putzen, sich zu bewegen, etwas zu ordnen in der Bewegung … eine unterschätzte Kraft … .

Ich werde tänzerisch mehr mit Schrubbern arbeiten, beschließe ich. Tanz ist eine Sprache ohne Worte. Wasser, Schrubber, was braucht der Mensch mehr. Ein neuer Tanzplatz ist geboren. Auf diesem Tanzplatz können wir mit Wasser arbeiten, ohhh, wie wunderbar … .

Der pensionierte Kapitän sitzt an einem Tisch mit seiner Frau. Er wartet die ganze Zeit, während ich Kuchen aufschneide und Limonade ausschenke dass das Fest zu Ende ist und ich ihm den Schlüssel gebe bevor ich abreise. Das Schrubbern rettet mich in seinem Rhythmus.

DSC02504

Therapie oder Eine Heimat im Körper finden – HKIT

29 Donnerstag Jan 2015

Posted by Gabriele Fischer in Therapie oder eine Heimat im Körper finden - HKIT, Was zeichnet die HKIT als Tanz- und Körperpsychotherapie aus?

≈ Hinterlasse einen Kommentar

Schlagwörter

Öffnen und Schließen, Böhmen liegt am Meer, Bewegungsschlüssel, Das Bild, Der Körper, Der Klebstoff, Die Einladung, Die Tanzheimat, Eine Heimat im Körper finden, Jemanja assessu, Landschaft, senza radici non si vola, Songlines, Verortung, Zugrund gerichtet

senza radici non si vola
das steht im umgenähten Saum meines leichten graugestreiften italienischen Nachthemdchens, Baumwolle-Seide, Tropen geeignet. Ich entdecke diesen Spruch in den Vorbereitungen zu diesem Artikel nächtens unterm Moskitonetz, den PC auf dem Schoß.

Senza radici non si vola. Des Italienischen nicht kundig schaue ich im WWW und siehe da, ich stoße als erstes auf ein italienisches Buch von einem Hellinger Autor, Familienstellen. Irgendwann finde ich das Buch dann auch auf deutsch und lerne: Ohne Wurzeln kann man nicht fliegen.

Das hätte ich jetzt nicht in Zusammenhang gebracht mit Bert Hellinger und dem Familienstellen, ich meine, das mit den Wurzeln nicht und das mit dem Fliegen auch nicht, das sind für mich dynamische Begriffe. Wurzeln und Flügel wachsen einem oder einer. Mit Flügeln kann man davon fliegen und mit Wurzeln kann man sich verwurzeln. Doch eins nach dem anderen.

Die erste Frage, die mich interessiert und die senza radici non si vola nicht beantwortet ist: Wo wachsen einem oder einer die Wurzeln und wo die Flügel?

Verortung oder kein Ort nirgends
Die Frage ist schnell beantwortet, Flügel wachsen an den Schulterblättern und Wurzeln an den Fußsohlen, weiß jedes Kind, oder? Ich kenne auch Bilder, die Kursteilnehmerinnen malen, nach der Körperarbeit, mit Wurzeln die wachsen aus dem Rücken in die Erde. Ich kenne auch Bilder von Hermes, dem Götterboten meine ich, nicht der Paketzustellungsfirma, dem Flügel aus den Fußgelenken und aus dem Helm wachsen hat. Neugierig geworden schaue ich doch mal im WWW unter Hermes, auch Flügel, der Paketbote. Gracia Deus, sagt die Brasilianerin.

Der Körper mit seiner Bereitschaft zur Verwurzelung und zum Fliegen ist der Ort der Körperpsychotherapie und damit der Tanztherapie. Für mich geht die Frage nach dem Wo über den Körper hinaus. Sie nimmt uns auf eine Tanzreise HKIT 2008 mit nach Nordaustralien. Northern Terretory. Ein Zipfel Land, den die Ureinwohner Australiens zurückgewinnen konnten in den 1970iger Jahren.

Hier treffen wir auf einen Sänger, Joe Djembungu, der während einer Ausstellung zu einem Interviewer über Orte folgendes sagt: Ich bin ein Sänger, ich sehe das Gemälde im Singen und Tanzen. Der Autor des Ausstellungskatalogs ergänzt das Interview: Man muss über das Singen oder Tanzen genau so viel wissen wie über das Malen. Wenn Gemälde Landschaften sind – Orte in Beziehung zu einander -, dann sind Tanz und Lied der „Klebstoff“, der diese Orte zusammenhält. (1)

Auch auf die Gefahr hin, dass jetzt nicht gleich jedeR versteht, was dieses Zitat soll, ich muss es gleich zu Anfang schreiben, weil es meine Prämisse aus der Überschrift beinhaltet und ich es nicht besser sagen kann: HKIT – Eine Heimat im Körper finden.

Joe Djembungu geht davon aus, dass Landschaften nicht einfach da sind, sondern dass Landschaften geschaffen werden durch tanzen und singen. Er ist ein Sänger. Ja, er geht sogar soweit zu sagen, Bilder sind Landschaften, also indem eineR malt entsteht ein Bild und eine Landschaft. Er geht ferner davon aus, dass Landschaften aus Orten bestehen, Orte, die durch Singen und Tanzen zusammenhalten.

Und schnell sind wir jetzt bei der Landschaft angekommen ohne noch wirklich über die Verortung gesprochen zu haben. Verortung, lese ich bei Wiki, ist allgemein der Bezug in einem Bezugssystem, die Größen unseres Bezugssystems in der Psychotherapie steckt Klaus Dörner, Psychiater, so ab:

Der Dialog des Menschen mit seiner Landschaft ist die Realität, hinter die nicht zurückgegangen werden kann, was offen dafür macht, das Unerwartete nicht länger zum Resultat einer vollkommenen Erkenntnis oder einer unzureichenden Kontrolle zu machen, wobei die Zeitlichkeit, die Geschichte, das Werden der Landschaft die Grundlage für deren Räumlichkeit und Sprachlichkeit ist. (2)

Landschaft
Ich marke in dem Text mal vier Wörter fett die Bezüge im Bezugssystem Landschaft darstellen, also Orte in der Landschaft: Offenheit dem Unerwarteten gegenüber, Zeit, Raum, Sprache. Als Körper- und Psychotherapeutin bin ich etwas stutzig bei dieser Definition, weil mir da der Körper fehlt, vielleicht finden wir ihn in der Landschaft Dörners? Was ist Landschaft? Schauen wir mal was die Philosophin und Kunstgeschichtlerin Beatrice Nunold nach Beschäftigung mit Merleou-Ponty, Heidegger und anderen Philosophen zur Landschaft sagt:

Landschaft … bezeichnet nicht eine unabhängig vom Menschen existierende Natur, sondern eine durch reflektiertes Sehen in einem physio-psychisch-mentalen Prozess her-vor-gebrachte Wirklichkeit für uns. Landschaft ist ein Produkt einer ästhetischen Reflexion. Landschaft als Topologie des Seins. (3)

Auffällig ist mir in diesem Zitat, die Nähe zu den Worten von Joe Djembungu. Es geht bei dem Aborigine um singen, tanzen, malen, also um ästhetische Reflexion. Ihm ist bewusst, dass Landschaft nicht unabhängig vom Menschen existierende Natur ist sondern durch reflektiertes Sehen in einem physio-psychischen-mentalen Prozess hervorgebrachte Wirklichkeit. Dadurch kann Landschaft gemalt werden und ist existent.

Ich bin fasziniert, wie einfach der Aborigine das sagen kann und wie kompliziert das wird in der Topologie des Seins. Topologie schlage ich im Duden auch mal nach und finde: Lehre von der Lage und Anordnung geometrischer Gebilde im Raum. Aha, da geht es jetzt nicht so um die Bezugssysteme wie bei der Verortung sondern mehr um den Raum. Ist der Körper ein geometrisches Gebilde? John Berger schließt das aus: Aber geometrische Maße haben hier keine Gültigkeit, da man sich inmitten eines Körpers befindet. (4)

Ich suche weiter nach topos? Vielleicht wird es ja dann einfacher? Bestimmungswort in Zusammensetzungen mit der Bedeutung Ort, Stelle, Gegend, Gebäude. Da wird es jetzt konkreter und fassbarer. Topos gleich Ort, auch Gegend, da sind wir schon wieder fast bei der Landschaft.

John Berger bringt die Landschaft in Verbindung mit Orten wie Fluss, Cambridge, das Haus mit Garten und die Ardeché ins Spiel und da wird es dann auch endlich körperlich für mich:
Und schließlich liebe ich die Einladung der Landschaft, wohin immer sie mich auch führen mag. (5)

Der Fluss, weniger als zwanzig Meter breit, ist voller Strudel und fließt schnell, im Sonnenlicht wirkt er metallisch. Wie ein Hund zerrt er an deiner Imagination und will, dass du ihn mit auf einen Spaziergang nimmst.

Anne ist die Mutter meines Freundes Simon und stirbt gerade in Cambridge in einem Haus mit Garten. Wenn ich könnte, würde ich ihr den Klang der Ardéche schicken, ihr beharrliches, aber ungenaues Versprechen. (6)

Körper ist konkret, spürbar, greifbar, das brauche ich als Körperpsychotherapeutin in all diesen Definitionen von Orten, Landschaften und Bezugssystemen von Psychiatern, PhilosophInnen, Literaten und -Innen, KünstlerInnen und SängerInnen. Kehren wir zurück zu den gemarkerten Worten Dörners: Offenheit, Zeit, Raum, Sprache.

Diese Begriffe Dörners finden wir ebenso in der Philosphie wie in der Kunst. Sie verbinden die verschiedenen Sichtweisen, die ich mit den Zitaten geöffnet habe und um Öffnung geht es mir, wenn ich über Eine Heimat im Körper finden in den HKIT reflektiere.

Bevor wir aber auf den Begriff Heimat kommen möchte ich noch einmal auf das Zitat von Joe Djembungu zurück kommen, da steht das Wort Tanzen im Zusammenhang mit der Landschaft und das macht mich als Tänzerin glücklich.

Der Bewegungsschlüssel
Ich frage mich, wie tanzt sich Landschaft? und suche in den bereits geöffneten Zitaten nach Tänzerischem:

– ganz zu Anfang, da tanzt es schon, in den Flügeln und Wurzeln aber bei, senza radici non si vola, da muss ich mir die Landschaft selber dazu denken über die ich fliegen oder in der ich wurzle

– bei Joe Djembungu, dem Sänger
fällt mir die Zusammenarbeit auf von Singen, Tanzen und Malen, Künste die in der Lage sind Landschaft aus Orten nicht nur zu erschaffen sondern selber Landschaft zu sein

– bei Dörner, dem Psychiater spüre ich den Tanz in der Offenheit dem Unerwarteten gegenüber, ich spüre den Tanz in Raum, Zeit, Sprache, überall da, wo es anfängt sich zu bewegen

bei Nunold, der Philosophin spüre ich den Tanz in dem physio-psychisch-mentalen Prozess der Wirklichkeit hervorbringt und bin ihr sehr dankbar, dass sie über physio- den Körper überhaupt mal ins Spiel bringt

bei Berger bewegen mich die Worte
… wohin immer sie mich auch führen mag … Der Fluss, … ist voller Strudel und fließt schnell, … Wie ein Hund zerrt er …und will, dass du ihn mit auf einen Spaziergang nimmst … Anne stirbt gerade in Cambridge … den Klang der Ardéche schicken. Diese Worte bringen mich in Kontakt mit dem Existierenden und sprechen mich körperlich an.

In der Bewegung, im Tanz liegt der Schlüssel für mich als Tänzerin zu Orten, zu Landschaften und das kommt so:

Das Bild
Das Tanzhaus in Inzmühlen (7). Ich sitze mit den Dancing Dialogues auf dem geheizten Fußboden und wir bewegen uns, wir tanzen. Die eine Tänzerin nach rechts und links. Die andere vor und zurück. Eine andere hat sich auf ihrer Decke nach hinten gelegt. Ich sehe ihren Atem das Zwerchfell hoch und runter bewegen.

Eine andere lehnt an einem der schwarzen Eichenpfosten der 300jährigen Rauchkate und massiert ihre Fußsohlen. Eine andere kniet im Vierfüßlerstand, ihre roten lockigen Haare hängen wie ein Wasserfall aufs Parkett und sie macht tiefe kratzige Töne die von dem Raum hinter ihrer Kehle zu kommen scheinen.

Die DDs sind in der Wirklichkeit ihrer Bewegungen eingetaucht. Sie tanzen in ihrer Landschaft und kommunizieren über die Stimmen durch die Grenzen miteinander. Die eine mehr rhythmisch, die anderen leiser oder lauter, höher oder tiefer, harmonisch oder in Disharmonien. Es werden Geschichten ohne Worte erzählt und jede hat irgend etwas zu sagen, nein, doch nicht, eine liegt ruhig unter einer Decke. Schläft sie? (8)

Mein Blick wird von Bewegung draußen durch die Fenster die bis zum Boden reichen angelockt. Die Gruppe von Elke Wagner sammelt sich und macht sich bereit in die Landschaft zu gehen. Rote Anoraks, grüne Parkas, bunte Mützen, Schals und Tücher, kleine Rucksäcke, festes Schuhwerk.

Die Bewegungen sind ganz anderer Natur als die im Raum. Aufbruchstimmung. Letzte Instruktionen, Checks, noch was vergessen, warten, eine Wasserflasche … endlich geht es los, im Gänsemarsch den Wiesenweg entlang, manche auch zu zweit. Ich verliere die Gruppe aus den Augen. Kann sie aber noch lange spüren auf dem moorigen Weg, der so langsam in trockene Heidelandschaft übergeht.

Ich kann ihren ersten Halt spüren. Dort, wo die erste Bank steht und die Landschaft sich in das Heidekraut öffnet. Einzelne Kiefern tanzen ins Blickfeld. Der Randweg in seiner besonderen mediteranen Ausstrahlung auch im Winter. Mit seinem Wurzelwerk und den Kiefernzapfen, für mich immer wieder eine Einladung zum Verweilen, den Augenblick zu genießen und der Bewegung in mir zu lauschen.

Im Raum haben wir uns längst weiter bewegt, die Stimmen sind an- und abgeschwollen, es ist gesungen, was gesungen werden wollte und bewegt, was bewegt werden wollte. Alle sind satt. Die Gruppe ruht, bis auf eine Tänzerin, die sich durch die Liegenden und Ruhenden schiebt und Kontakt macht, wo er sich anbietet im Wanderaatini.  (9)

Nun verlasse ich dieses Bild wieder. Ein Bild, das ich mit vielen die die Tanzheimat kennen, die die HKIT kennen, teile und das jede mit eigenen Erfahrungen beim Lesen komplettieren wird so dass der eigene Ort entstehen kann aus der Geschichtetheit des Erlebens heraus und so Klebstoff vorhanden auch eine ganze Landschaft Realität werden kann.

Ich habe versucht Bewegung in die Worte zu bringen, Bewegung zu beschreiben und habe doch nur einen Bruchteil der Bewegungen erwähnt, die in dem Moment den ich beschrieben habe abliefen. Wir haben keine Messinstrumente für das Verständnis multimedialer und synästhetischer Ereignisse wie dem Tanz entwickelt. (10) Doch vielleicht konnte ich ein wenig die Türe in den physio-psychisch-mentalen Prozess in die Landschaft öffnen, an dem wir gerade teilnahmen.

Die Landschaft an diesem Morgen in der Tanzheimat Inzmühlen, welche Landschaft? Die Landschaft der Lüneburger Heide? Die Landschaft zwischen den Gruppen? Die Landschaft jeder einzelnen Tänzerin innen und außen? Die Landschaft zwischen den Körpern. Meine Landschaft als Erzählende? Die Landschaft der 300Jährigen? Die Landschaft von über einem Jahrzehnt Dancing Dialogue Forschung?

Der Körper                                                                                                              Da fällt mir ein, ich habe noch nichts erzählt von den Beckenbewegungen oder den Erdungsübungen die Elke Wagner gegeben haben mag beim Loslaufen der Gruppe und ich habe noch nichts erzählt von AATINI (11) und dem freien Bewegungsimpuls dem die DDs im Tanzhaus folgten.

Die Wirklichkeit von Knochen, Gelenken, Faszien, Muskeln, von Schmerz, von Erinnerungen, von festgehaltenen Energien, von befreienden Tönen, Bewegungen, noch nichts von der heilsamen sozialen Skulptur die die DDs an diesem AATINI-Morgen kreierten.

Die Wirklichkeit der Kommunikation durch Bewegung und Stimme. Der Austausch mit der im Laufe von Jahrhunderten schwarzgeräucherten Eichensäule mit dem Rücken der Tänzerin. Das Glück über den eichenen Rückhalt oder das Unglück über die Härte des Holzes. Was weiß ich?

Wir haben noch nicht darüber gesprochen, uns noch nicht ausgetauscht, über die Tränen die liefen, über das Lachen, über die Wiegebewegung, den Singsang, der da plötzlich auftauchte oder das Aufspringen einer Tänzerin und ihr Davonlaufen, über die Tanzarchetypen die sich in der Bewegung zeigten, die Tiere … (12)

Der Klebstoff
Mir kommt das Zitat von Joe Djembungu in den Sinn, da geht es um Orte, um Landschaften und den Kleber der sie zusammen fügt, der Kleber ist das Wichtige für ihn, das Zusammenbringen, die Zusammenarbeit der Orte in einer Landschaft. Diese Zusammenarbeit im Singen, Tanzen und Malen.

Singen, Tanzen und Malen lässt uns in Dialog treten mit der Zeitlichkeit, der Geschichte, dem Werden unserer Landschaft als Grundlage ihrer Räumlichkeit und Sprachlichkeit. Diese bei Dörner vorhin gemarkerten Wörter Zeit, Raum, Sprache, Offenheit, sie sind die Orte in unserer Landschaft, die den Klebstoff brauchen um eine Landschaft zu werden.

Orte haben mit Räumen zu tun, Sprache mit Kommunikation, Zeit mit Rhythmus der das Werden der Landschaft strukturiert: Die Aborigines haben im Gehen Songlines über den ganzen australischen Kontinent gezogen. Sie waren von Anbeginn und Jahrtausende später als die Eroberer vor noch nicht mal 300 Jahren diesem Leben ein Ende setzten nicht sesshaft.

Unsere Vorfahren kamen, soviel man heute weiß aus Afrika. Sie waren unterwegs, sie waren nirgendwo angekommen. Noch vor 10 000 Jahren gingen sie im Winter nach Spanien um im Sommer am Rhein bei Gönnersdorf ihr Lager wieder aufzuschlagen (12) oder sie lagerten in der Nähe des Bodensees am Petersfels (13) oder irgendwo wo wir ihre Spuren noch nicht entdeckt haben.

Sie alle erlebten sich im Gehen. Sie gingen. Ihr Körper war gehen. Sie waren gehen. Gehen war ihr Rhythmus. Gehen war ihre Zeit. Ihre Landschaft entstand und verschwand im Gehen. Sie hatten die Erfahrung zurück zu kehren, an Orte wie die Höhlen der Ardeché, von deren MalerInnen Berger erzählt (14).

Zeit hat mit Rhythmus zu tun, der Rhytmus teilt die Zeit ein. Rhythmen hatten unsere bewegten Vorfahren zur Genüge. Auf ihren Wegen, kehrten sie an die Stellen zurück an denen sie schon einmal waren. Die Gönnersdorferinnen bewohnten ihre Lagerplätze wieder und wieder. In der Zeit ihrer Abwesenheit drehten sie die Schieferplatten um auf denen sie Tiere und Frauenkörper einritzen. Mit dem Umkehren schlossen sie ihr Lager bis zum nächsten Sommer.

In Rivers and Tides sagt Goldsworthy: Den tiefen Rhythmus der Veränderung kann ich nur dort sehen, wo ich zu Hause bin. (15)

Songlines
Wo waren die Menschen, die unterwegs waren zu hause? Nirgendwo? In der Dunkelheit? (16) In der Landschaft? Aber die gibt es wie wir ja jetzt erfahren haben erst durch unser zu tun. Im Rhythmus? In der Bewegung? War die Bewegung, der Rhythmus die Konstante in ihrem Leben? Der Körper? Wie haben sie sich körperlich erlebt? Hat es damit zu tun, wie wir uns heute in der Körperarbeit fühlen?

Was für eine Körperlichkeit haben wir verloren als wir aufgaben, uns aufgaben als Gehende, als wir sesshaft wurden, ankamen, da waren? Das Unerwartete war für unsere Vorfahren jedenfalls kein Resultat einer vollkommenen Erkenntnis oder einer unzureichenden Kontrolle (17). Ich denke auch nicht wie Berger, dass sie in Angst lebten, (18) Voller Angst und Erstaunen lebten die Cro-Magnon in einer Kultur der Ankunft, die sich vielen Geheimnissen gegenübersah.

Warum sollten sie Angst haben und vor was? Wie konnten sie ein Gefühl haben für Ankunft, haben wir als Säugling ein Gefühl von Ankunft? Ich hatte das nicht. Es ist wie es ist sagt die Liebe (19). Ein Bewusstsein für Zeit, für Ankommen und Abreisen setzt ein zeitliches Interesse voraus, Erfahrung von Zeit. Geheimnisse sind Verborgenes, wer soll sie verborgen haben?

In der Hinwendung zum Gehen, zur Bewegung zum Körpersein im Gehen, Bewegen, Tanzen fällt mir auf, dass Zeit keine Rolle mehr spielt, die lineare Zeit löst sich auf, die Zeit wird zu einem Raum in dem sich Vergangenheit und Gegenwart treffen mit der Zukunft. Ein völlig anderes Zeitverständnis als im Alltag ohne Bewegungsbewusstsein stellt sich ein.

Angst entsteht, wenn wir nicht Fliehen können und nicht angreifen, also daran gehindert werden, wie die Traumaforschung weiß (20). Unsere Art zu Leben hindert uns am Davonlaufen, auch wenn wir das vielleicht öfter sagen: Es ist zum Davonlaufen. Tun wir es? Da entsteht Angst, wenn wir an unserem freien Bewegungsimpuls gehindert werden.

Unsere nicht sesshaften Vorfahren folgten, sie folgten den Songlines, dem kleinen gelb-schwarzkarrierten Auto vor den Jumbos, das sie auf dem Frankfurter Flughafen lotst, wie auf allen Flughäfen dieser Welt. FOLLOW ME. Genügt das? Ja, es genügt. Die Bewegungserfahrung der Bewegung zu folgen macht glücklich, wie die Forschung zeigt werden Glückshormone ausgeschüttet beim Laufen, Marathon, Joggen …. bei der Hinwendung zum Körper, zum Körperlich sein.

Keine Wurzeln ohne Flügel fällt mir da wieder ein. Ach, nein, der Satz war ja anders rum. Ist er umkehrbar? Für mich als Tänzerin alleweil. Der Tanz lebt vom Wenden, Sulamit wendet ihre Hüften im Hohen Lied Salomons (21). Als Tänzerin wende ich die Welt in Bewegung. Mein Leben wird zur Bewegungserfahrung.

Ich spüre diese nicht Sesshaftigkeit als Offenheit, diese Offenheit die Dörner in der Psychiatrie und Psychotherapie im Umgang mit den Menschen gerne hätte, wenn er sagt: (22) wir sollen das Unerwartete nicht länger zum Resultat einer vollkommenen Erkenntnis oder einer unzureichenden Kontrolle im Dialog machen.

Die vollkommene Erkenntnis, alles klar, die optimale Kontrolle, alles im Griff. Ist es nicht das, was wir gerne mögen, was uns hilft unseren Alltag zu bewältigen? Bloß jetzt nichts Unerwartetes: Ich habe schon mein Nachthemd an und will gerade ins Bett, da klingelts. Das stört meinen Frieden. Nicht mal zu Hause hab ich meine Ruhe.

Ich könnte die Szene auch in ein Planungsbüro verlegen, alle Pläne für ein Haus sind durchgearbeitet, konstruiert, berechnet und da kommt die Hausfrau und will das Clo nun doch auf der anderen Seite haben oder eine Überflutung macht klar, so kann da nicht gebaut werden, außer die Versicherung bezahlt es.

Wir versichern uns gegen das Unerwartete, Krankheit, Tod, alles wird im Versichern bereits erwartet und verliert seinen Schrecken. Daran arbeiten wir und das verstehen wir heute auch unter Heimat. Die heile Welt. Nichts kann einer oder einem in der Heimat mehr passieren. Ein Sehnsuchtsort wie im Märchen oder  in der Religion.

Ist Offenheit nicht genau das Gegenteil von Heimat? Ich gebe wie Hans im Glück (23) alle Sicherheiten auf, kündige die Goldbatzen, Pferde, Schweine und lasse sie allesamt wie den Mühlstein als belastend in den nächsten Teich davon rollen? Ade, vollkommene Erkenntnis, perfekte Kontrolle, ade.

Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, dann werdet ihr nicht das Himmelreich erlangen? (24)
Schaut die Lilien auf dem Feld an, wie sie wachsen: sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht: (25)

Es gibt sie schon immer wieder diese Hinweise, das Geld allein nicht selig macht, dass es andere Sehnsuchtsorte sind, die auf uns warten. Wir schließen trotzdem unsere Versicherungen ab und spielen gleichzeitig im Lotto. Man weiß ja nie. Ein Unsicherheitsfaktor bleibt. Was macht nun aber dieses zu Hause sein aus, diese Heimat? und was meinen wir mit Eine Heimat im Körper finden in den HKIT?

Die Tanzheimat
In den 1950igern hatten viele Menschen ihre Heimat verloren und dieser Verlust spiegelte sich auch in den Veranstaltungen in der Tanzheimat wieder, die damals noch Hans-Breuer-Haus (26) hieß. Das Gästehaus wurde Ende der 1950 Jahre gebaut und die Rauchkate zur selben Zeit zum Tanzraum umgebaut. Eine Riesenbühne ist auf Fotos vor den Toren des Tanzhauses zu sehen.

Inzmühlen war jahrzehntelang Ort für Veranstaltungen an sonnigen Sommernachmittagen in der Lüneburger Heide zu denen oft über 200 Menschen kamen um bei leckerem Essen, wir schreiben ja Wirtschaftswunderzeit, Folklore aus der verlorenen Heimat anzuschauen und von ihrem Sehnsuchtsort in freier Natur bei Musik und Tanz zu träumen.

Zum Glück gab es eine Nachbarin die diese Schätze in Form von Fotos und Tanzkostümen aus dem ganzen Balkan für uns aufbewahrte und Stefka Weiland zum 10jährigen Jubiläum der Tanzheimat überreichte.Dokument zur Geschichte unseres Hauses. Danke dafür.

Das Bedürfnis nach Heimat drückte sich in Schlagern der 1950iger aus wie: Schön war die Zeit: Brennend heißer Wüstensand … dort wo die Sterne glühn, dort wo die Blumen blühn, da war ich einmal zu hause, wo meine Wiege stand, da liegt mein Heimatland, wie lang bin ich noch allein … schön war die Zeit … so erinnere ich diesen Schlager aus meiner Kindheit, dazu einschlägige Handbewegungen und sehnsüchtige Blicke.

Die Tanzheimat gehörte zur Wandervogelbewegung, die sich als Urzelle der Deutschen Jugendbewegung sieht und mit Beginn des 20. Jahrhunderts aktiv wurde. Die Wandervögel waren gewohnt nicht in Häusern zu übernachten, im Freien wollten sie schlafen, ungezwungen leben in der Natur, nicht so wie die Alten sein … in den Schützengräben vor Verdun endete für viele dieser Traum im ersten Weltkrieg tödlich.

So ist auch unser Haus ein Paradox, denn wozu eine Wanderherberge für Wandervögel? Die Altwandervögel sollten hier einfliegen und sich nach dem Krieg, dem zweiten Weltkrieg  an bessere Zeiten erinnern können, als noch Hans Breuer mit der Glampfe aus dem Zupfgeigenhansel Lieder sang.

Die Jugendbewegung in Deutschland ist weltweit ein einmaliges Phänomen und als vor einem Monat ein Brasilianer mir erzählte, er wolle das Wort Wanderlust auf seinen Arm tätowieren lassen, da war ich erst mal sprachlos. Woher kannte er dieses Wort? Für ihn stand es für sich in der Welt umschauen, den IT-Job an den Nagel hängen und jede Nacht feiern. Er war auf Tour durch Südamerika. Mit dem Flugzeug versteht sich.

Tanzheimat und Wanderherberge sind beides Pardoxon. Wie kann sich der Tanz beheimaten, wie das Wandern eine Herberge haben? Da wird es spannend für mich als Tänzerin und trifft auf meine Frage, wie tanzt sich das? Ein Ort? Eine Landschaft? Eine Heimat in der Bewegung? Liegt das Geheimnis in dem was Dörner mit Offen meint, in der Offenheit dem Neuen und Unerwarteten gegenüber?

Wie ein Vexierbild sind wir in einem Zwischenreich der Bedeutung zu suchen, in der nicht die einseitige Auflösung steht, sondern das Aushalten des Offenen. (27)

Öffnen und Schließen                                                                                              Schauen wir uns also die Bewegung des Öffnens tänzerisch mal genauer an. Reich meint ja, Bewegung vollzieht sich zwischen öffnen und schließen und wenn ich als Tanztherapeutin dieser Theorie folgend Bewegungen erlebe so lässt sich jeder Tanz auf Öffnen und Schließen reduzieren, spannend aber auch bald langweilig.

Jeder Mensch hat ja das Recht sich zu öffnen und wenn es ihm reicht auch wieder zu zu machen. Wenn eine Richtung davon blockiert ist, wir allso immer offen oder immer zu sind, dann haben wir ein Problem, wie bei einer Tür die klemmt.

Das Aushalten des Offenen ist so eine Sache, weil öffnen will schließen. Das Öffnen auszuhalten würde ich jetzt von niemandem abverlangen. In der Praxis zählt mehr die Beweglichkeit als das Aushalten. Mir kommt das Bild einer Ziehharmonika. Auf der einen Seite ziehe ich an dem Instrument und diese wunderbare Faltung folgt der Bewegung meines Arms und macht Musik. Da gibt es dann ein Ende und die andere Seite ist gefragt soll die Musik weiter spielen. Öffnen und Schließen.

Offenheit ist für mich als Tänzerin, als Tanztherapeutin, als Körper- Psychotherapeutin eine Sache der Beweglichkeit. Ich komme immer mal wieder vorbei bei der Offenheit. So wie die Aborigines immer mal wieder vorbei kamen auf den Songlines bei dem Diderido das sie vor ein paar Jahren an einem Felsapré gespielt haben und jetzt liegt es immer noch da und wartet auf sie.

Was für eine Erfahrung. Meine Kamera am Strand lag schon nach fünf Minuten nicht mehr da, wo ich sie hingelegt hatte und ich werde sie wohl auch nie wieder sehen. Der Raum von Menschen die nicht sesshaft sind öffnet sich immer wieder neu. Ein beständiges Öffnen und Schließen. Ein Kommen und Gehen. Der Ort ist wieder da, den ich verlassen habe, die Felsen, die Malereien, sie waren nur dem Blick verborgen, wie hinter einem Hügel. (28)

Die Einladung
Der Atem fließt durch die Nase, die Härchen in der Nase bewegen sich im Einatem, der Atem streift hinunter der Luftröhre entgegen, füllt die Bronchien, die Lungen, der Brustraum, das Zwerchfell. Der Bauch, der Rücken, der Körper antwortet und empfängt den Atem und entlässt ihn wieder.

Der Körper dehnt sich dabei in den umgebenden Raum hinein aus und zieht sich wieder zusammen, kontrahiert, expandiert, öffnet und schließt sich, ein Kommen und Gehen in der Atembewegung. Daraus entsteht der Tanz. Es ist nicht an der Zeit anzuhalten, die Bewegung fließt, es ist nicht die Frage wo hin. Eine Einladung Körper zu sein.

Eine Heimat im Körper finden in den HKIT hat mit dieser Einladung zu tun, sich in den Bewegung des Atems zu beheimaten, im Aus- und Einatem und in dem Dazwischen, auf das uns Merleau-Ponty immer wieder hinweist. Im Auf und Ab, im Hin und Her, im Vor und Zurück und im Kreis herum.

Wir treffen auf Polaritäten aus denen heraus die Bewegung entspringt und auf Rhythmus (29). In dieser Hinwendung zum Körper, zur Körperlichkeit und der Bewegung treffen wir auf den Südseeinsulaner, von dem Betty Edwards spricht (30):

Der Eingeborene dagegen macht sich bevor er los segelt, ein inneres Bild von der Lage seiner Zielinsel im Verhältnis zur Lage der anderen Inseln. Beim Segeln richtet er seinen Kurs ständig an seiner inneren Vorstellung von seiner jeweiligen Position aus. Seine Entscheidungen werden ad hoc auf Grund der Informationen getroffen, die er der kontinuierlichen Beobachtung der Sonne, der Windrichtung, der Lage bestimmter Landkennzeichen entnimmt. Beim Navigieren bezieht er stets seinen Ausgangspunkt, sein Ziel und den offenen Raum zwischen seinem Ziel und seiner augenblicklichen Position mit ein. Die Frage, wie er ohne Instrumente oder ausgearbeitete Reiseroute so sicher an sein Ziel zu gelangen vermag, kann er unmöglich beantworten – was nicht bedeutet, dass die Trukesen nicht daran gewöhnt wären, etwas mit Worten zu beschreiben. Vielmehr ist dieser Vorgang zu kompliziert und zu fließend, als dass man ihn in Worte fassen könnte.

Dieser Schlusssatz könnte unter jeder Tanzerfahrung HKIT stehen. Vielmehr ist dieser Vorgang zu kompliziert und zu fließend, als dass man ihn in Worte fassen könnte. Worauf uns schon Professor Giesecke hinwies. Dem Trukesen macht das aber nichts und ich glaube auch noch nicht einmal, dass er sich ein inneres Bild von der Lage seiner Zielinsel im Verhältnis zur Lage der anderen Inseln macht. Das ist schon viel zu viel gedacht. Er spürt hin zu den Verhältnissen.

Verortung, schreibe ich ganz am Anfang, ist allgemein der Bezug in einem Bezugssystem. Er verortet sich, geht in Beziehung. Das ist eine Technik die zu den HKIT führt. Wir tanzen nicht vorgegebene Schritte oder Bewegungen, lernen keine Rhythmen oder üben Bewegungen ein sondern arbeiten in den HKIT daran im Tanz Beziehungen herzustellen, uns zu verorten: In uns, im Raum, mit den Mittanzenden, den Zuschauenden. Das nennt man fälschlicherweise Improvisation. Wir improvisieren aber nicht in Dancing Dialogue, wir folgen der Bewegung wie der Südseeinsulaner, wir sind in Beziehung, daraus entsteht der Tanz. Tanz ist eigentlich ein Bezugssystem.

Ich kann nicht sagen, wie sich unsere umherziehenden Vorfahren und Vorfahrinnen gefühlt haben, ich spüre so etwas in der Beschreibung der Bewegung des Insulaners auf dem Meer zwischen den Inseln. Da gibt es Fähigkeiten in Beziehung zu treten, Bezugssysteme zu schaffen, die wir vielleicht verloren haben oder die wir wieder aktivieren können, wie bei Betty Edwards im Portrait malen oder wie in den HKIT beim Tanz mit dem wir Eine Heimat im Körper finden.

Im Tanz können wir wie im Malen oder Singen Zugänge finden zu dem Gehen unserer Vorfahren, zu ihrem Bezugssystem und zu dem Gefühl beheimatet zu sein in der Bewegung, im Rhythmus, im Körper, in der Offenheit von der Merleau-Ponty spricht und im Oszillieren der Begegnungen an den Grenzen von Innenraum und Außenraum. Das Nichtzuerfassende wird bewegt und dadurch können wir uns an ihm entlang navigieren, tanzen.

Wir tanzen um, unsere Beziehung zu etwas Existierendem festzuhalten Wir tanzen um uns der Beweglichkeit unseres Körpers zu vergewissern und durch dieses Wechselspiel von dieser Wirklichkeit und anderen Wirklichkeiten kann tanzend eine magische Verbindung zwischen Zeit, Raum und Körper, zwischen Innen und Außen entstehen. (31)

Die Heimat als Sehnsuchtsort wartet auf uns in jeder Bewegung, in jeder Zellmembran. Wir müssen uns nur aufmachen um dahin zu gelangen. Böhmen liegt am Meer (32) ist für mich der passende Aufruf zur Bewegung. Bewegung ist wie Böhmen am Meer weder da wo sie sich befindet noch wo sie sich nicht befindet.

Bewegung vollzieht sich im Öffnen und Schließen, ist dazwischen, zwischen dem Fassbaren und Unfassbaren zugleich beheimatet. Folgen wir der Schriftstellerin Ingeborg Bachmann nach Böhmen ans Meer:

Böhmen liegt am Meer
Sind hierorts Häuser grün, tret ich noch in ein Haus.
Sind hier die Brücken heil, geh ich auf gutem Grund.
Ist Liebesmüh in alle Zeit verloren, verlier ich sie hier gern.

Bin ich’s nicht, ist es einer, der ist so gut wie ich.

Grenzt hier ein Wort an mich, so laß ich’s grenzen.
Liegt Böhmen am Meer, glaub ich den Meeren wieder.
Und glaub ich noch ans Meer, so hoffe ich auf Land.

Bin ich’s, so ist’s ein jeder, der ist soviel wie ich.
Ich will nichts mehr für mich. Ich will zugrunde gehn.

Zugrund – das heißt zum Meer, dort find ich Böhmen wieder.

Zugrund gerichtet, wach ich ruhig auf.
Von Grund auf weiß ich jetzt, und ich bin unverloren.

Kommt her, ihr Böhmen alle, Seefahrer, Hafenhuren und Schiffe
unverankert. Wollt ihr nicht böhmisch sein, Illyrer, Veroneser,
und Venezianer alle. Spielt die Komödien, die lachen machen.
Und die zum Weinen sind. Und irrt euch hundertmal,
wie ich mich irrte und Proben nie bestand,
doch hab ich sie bestanden, ein um das andre Mal.

Wie Böhmen sie bestand und eines schönen Tags
ans Meer begandigt wurde und jetzt am Wasser liegt.

Ich grenz noch an ein Wort und an ein andres Land,
ich grenz, wie wenig auch, an alles immer mehr,

ein Böhme, ein Vagant, der nichts hat, den nichts hält,
begabt nur noch, vom Meer, das strittig ist, Land meiner Wahl zu sehen. (33)

Da ist der Grund, das Grounding, wie wir es im Tanz nennen, die Erdung. Der Vagabund und das vagabundieren als Voraussetzung das Meer in Böhmen finden zu können, der Boheme, der Mensch der sich lebt, der Lebemensch. Da kommt aber auch das Fließen ins Spiel, weil der Grund findet sich ja im Meer, im Fließen, nicht in der Festigkeit.

Da ist alles, was wir brauchen um nicht verloren zu sein. Wenn wir von der Heimat im Körper sprechen ist das eine Erfahrung, die an die Erfahrungen von Bachmann grenzt. Wir erleben diese Verbundenheit in der Bewegung, im Vagabundieren, im Körper herum fahrend. Das Fahrende Volk, nannte man sie, die Vagabunden (34). Bis heute ungerne gesehen bei den Sesshaften (35) . Wir vagabunderien wenn wir tanzen, wir gründen uns im Meer in Böhmen.

Dort wo alle Liebesmüh um sonst ist, dort kann sich die Türe öffnen in ein grünes Haus, ein einladendes, belebtes Haus aus dem wir herausschauen wenn wir uns bewegen wie aus einem Körperfenster in die Welt um uns. Wir sehen die Welt mit neuen Augen, wenn wir mit unserem Körper verbunden sind und uns im Atem bewegen nachdem wir zu Grunde gegangen sind.

Unsere innere und äußere Landschaft kann sich neu ordnen, ihre Geschichtetheit, ihre Zeitlichkeit, ihre Räumlichkeit, ihr Sprachvermögen, um auf Dörner nochmal zurück zu kommen. Aus dem Halten heraus kommen auch aus dem Aushalten des Offenen von Merleau-Ponty um im Fließen einen Halt zu finden.

Jemanja assessu (36)
Ich stehe im Kreis mit anderen Tänzerinnen. Die Füße berühren sanft aber bestimmt das nachgiebige warme Parkett im Tanzhaus der Tanzheimat. Der Atem bewegt unseren Zwischenraum. Es ist leicht in der Gruppe sich zu bewegen. Der Körper macht mit, arbeitet gerne zusammen. Lässt sich ein. Das Hin und Her im Kontakt mit der Erde geht über die Fußgelenke, die Knie hinauf in die Hüftgelenke ohne den Grund zu verlieren, den Grund in der Bewegung findend im Muskel, den Sehnen, den Knochen, im Schwingen, im Rhyhtmus, in der Kommunikation.

Das Becken schwingt im Rhyhtmus, rechts – links, weich und sanft wiegen sich die Organe in der Beckenschale, das Kreuzbein nimmt die Bewegung mit hinauf in die Wirbelsäule. Ich spüre meine Wirbel, die Faszie, das Periost, die Organe, den Atem in seinem Kommen und Gehen. Den Kopf, die Schultern die Arme, die Bewegung lässt sie Eins werden. Verbundenheit. Nähe zu mir selbst und den anderen über das Körpersein, den Atem, den gemeinsam bewegten Raum.

Ich lege meine Hände aufs Brustbein und auf den Bauch und spüre dahinter die Wirbelsäule schwingen. Eine Musik fällt mir in den Sinn, ein Lied, das diesen Rhythmus aufgreift, gesungen von afrikanischen Frauen: Jemanja assesu, assesu Jemanja. Ein Lied der Yoruba. Das Lied ist plötzlich unter uns. Wir teilen es. Wir tragen es. Es bewegt uns.

Wenn ich die Augen auf mache sehe ich bei meinen Mittänzerinnen: die Bewegung ist in der Wirbelsäule angekommen. Das Hin und Her läuft durch die Wirbel wie eine Welle am Strand entlang bis sie verebbt. Die Fußsohlen versinken im Meeressand und zermahlen ihn feiner und feiner. Die Wellen bewegen die Körper, der Blick verliert sich in der Weite des Horizonts. Die Arme liegen auf den Wellen, werden getragen und geschaukelt und beruhigen die Flut.

Zugrund gerichtet                                                                                                        Das wäre jetzt schön, wenn das so wäre, aber längst haben ein paar Tänzerinnen schlapp gemacht und liegen am Rand, andere mühen sich mit den rechts-links Schritten und denken sie haben keinen Rhythmus und noch andere kämpfen mit der Durchlässigkeit der Wirbelsäule.

Bin ich’s, so ist’s ein jeder, der ist soviel wie ich.
Ich will nichts mehr für mich. Ich will zugrunde gehn.

Zugrund – das heißt zum Meer, dort find ich Böhmen wieder.

Zugrund gerichtet, wach ich ruhig auf.
Von Grund auf weiß ich jetzt, und ich bin unverloren. (37)

So sieht es nämlich aus in Böhmen am Meer. Klar, wir sind nicht verloren, aber geblockt. Wir haben verlernt wie es geht, mit dem Gehen, dem Tanzen, dem Ziehharmonikaspielen. Wir hocken vor PCs und auf WCs, wir sitzen auf Fernsehsesseln in Autositzen und auf Barhokern und wenn wir uns bewegen tun wir das um etwas zu machen, um wo hin zu kommen, einen Date einzuhalten, den Bus nicht zu verpassen, das Kind vom Kindergarten abzuholen.

Wenn etwas verloren ist, dann setzt die Gegenbewegung ein, kein Wunder die Wanderbewegung, kein Wunder jetzt das Pilgern, kein Wunder der Fernwanderweg durch unser Gelände in Inzmühlen mit Wegweiser zur Adria, das Nordic Walking in der Lüneburger Heide.

Die Menschheitsgeschichte der Sesshaftwerdung, unsere persönliche Bewegungsgeschichte seit unserer frühen Kindheit spiegelt sich in unserer Bewegungslandschaft wieder. Wozu diese Eile? fragt Maria Montessori in der Kindererziehung? Ich frags mich auch. Entschleunigung. Das ist das erste was wir in den HKIT lernen und damit erden wir uns langsam Richtung Heimat.

Es geht um das Zugrunde gehn, von dem Bachmann spricht. Zum Meer, zum Fließen werden, dort liegt Böhmen am Meer, dort ist das Unmögliche möglich, dort können wir zugrund gerichtet ruhig aufwachen und jetzt wissen, wir sind nicht verloren. Wir tanzen.

Aufwachen
Dieses Aufwachen erinnert mich an eine Geschichte: An einem Wasserloch, wir wissen heute alle, das heißt Billabong, beobachtet ein Aborigine einen Kranich. Er geht nach hause und schläft und träumt wie der Schöpfergeist ihm eine Geschichte erzählt, am anderen Tag tanzt er den Kranich. (38)

Das mit dem Schöpfergeist kommt nicht vor bei Bachmann, aber die Gewissheit unverloren zu sein teilen sich beide. Denn, wenn Gemälde Landschaften sein können, also Orte in Beziehung zueinander, dann sind Tanz und Lied der Klebstoff, der diese Orte zusammen hält. In diesem Sinne können wir den Text von Bachmann als Lied sehen, es geht um den Klebstoff, der Orte in Beziehung zueinander zu setzen vermag und auch Böhmen ans Meer.

In der Gewissheit aufzuwachen, wir sind unverloren, das können wir im Tanz, ganz konkret, ganz existenziell, ganz körperlich sagt der Tanz, sagt der Körper, sagen unsere Bewegungen zu uns: Du bist unverloren in Böhmen am Meer in deiner Heimat im Körper. Da wird Ankommen und Bleiben zu etwas ganz anderem, vielleicht zu den Flügeln denen Wurzeln wachsen. Das Unmögliche lebt das Mögliche.

Eine tiefe körperliche Erfahrung im Tanz liegt in Böhmen am Meer und Tanztherapie HKIT ist so etwas wie der Klebstoff, der die auseinandergefallenen Orte der Landschaft eines Menschen durch sexuelle Gewalt in der Kindheit, durch seelische Vernachlässigung, durch traumatisierende Erfahrungen, der Klebstoff, der diese Orte wieder zu einer Landschaft verbindet und uns eine Heimat im Körper finden lässt.

Der Schmerz, wenn etwas Vorhandenes plötzlich fehlt, ist wie ein Krug, der
fällt und in Stücke bricht. Allein sammelst du die Scherben auf, du entdeckst,
wie sie zueinander gehören, und fügst sie vorsichtig zusammen, eine nach der
anderen. Vielleicht ist der Krug irgendwann wieder ganz, aber er ist nicht mehr
der gleiche. Er ist gesprungen und doch wertvoller als zuvor.

Ich glaube an das Reparieren, sagte sie, und noch an etwas anderes
Die Unvermeidbarkeit der Lust. Die Lust kann man nicht ausschalten.(39)

Schluss
Führt uns dieses HKIT Thema der Heimat im Körper nicht ebenso wie die vorausgegangenen Themen im blog in andere Wirklichkeiten? Eindeutig und doch wollte ich es von dem Themenkomplex Andere Wirklichkeiten abkoppeln und ihm einen eigenen Raum öffnen, der seiner Bedeutung in den HKIT gerecht wird.

HKIT und Landschaft gehören zusammen, die Frage nach dem Dreaming, der Herfkunftslandschaft, den Bewegungen die daraus entspringen, dem Dreaming der Eltern, da geht es um die Geschichte, die Geschichtetheit, die Zeitlichkeit. Ich erinnere Performances zu dem Thema Eine Heimat im Körper finden als Abschlussarbeiten der Dancing Dialogue Ausbildung. (40)

Ich hoffe, ich konnte deutlich machen, dass der Heimatbegriff in den HKIT kein erstarrter sondern ein bewegter ist, der alle Offenheit von uns verlangt, der wir nur fähig sind. So wie unsere Vorfahren sich nicht gewiss sein konnten, was im Gehen im nächsten Augenblick geschieht, das einzig Konstante in ihrem Leben war die Bewegung. Ist das heute anders?

Sich im Körper, in der Bewegung zu beheimaten fordert Beweglichkeit ein, Offenheit, wie es Dörner und Merleau-Ponty nennen. Im Dialog mit der Heimat im Körper schlummern ungeahnte Ressourcen der Kreativität, der Intuition, der Verortung, mehr noch, Nunold macht uns darauf aufmerksam, dass Ressourcen endlich sind, aber eine Sehnsuchtslandschaft eine unerschöpfliche Quelle ist:

Die Sehnsuchtslandschaft … ist das unendlich Verhältnishafte, Unermessliche und Maßgebende. Sie ist das bildlose Ur- , oder Vor-bild für alle Seinsverhältnisse und Bilder unserer Sehnsucht, unserer Angst, unseres Strebens nach Glück, Freiheit und Frieden. (41)

Eine Heimat im Körper finden durch Therapie und Tanz in den HKIT verbindet uns mit unserer Landschaft in Zeitlichkeit und Räumlichkeit, macht uns offen für das Unerwartete und gibt unserem Leben Ausrichtung und Verortung zugleich, hält uns beweglich und lässt uns mit anderen zusammen tanzen, kommunizieren, was im Tanz weit mehr ist als der Sprachraum zu erfassen vermag.

Gerne mache ich an dieser Stelle auf die Tanzplätze die die Schwestern Perle in Australien auf schwarze Leinwand aus ihren lebenslangen Erfahrungen mit den Tänzen ihres Dreamings heraus heute malen, aufmerksam. Sie malen, was sie ihrer Lebetage getanzt und bewegt haben heute mit Farbe und Pinsel: Gelebte Verbundenheit über den Körper mit der Geschichtetheit und der Räumlichkeit der Landschaft in tänzerischer Kommunikation mit sich und den anderen. (42)

Das Schlusswort gebe ich Elke Wagner (43):

Eine Heimat im Körper finden
Dieser Satz begleitet mich seit über 20 Jahren, eigentlich so lange, wie ich mit HKIT arbeite und Gabriele Fischer kenne. Für mich war es ein zentrales Erlebnis, das Gefühl, über den Tanz im Körper angekommen zu sein, eine Heimat zu finden in Verbundenheit mit mir selbst, der Gruppe und der Landschaft. Nicht in der Nachahmung von Ritualen anderer Kulturen, sondern indem ich in Dialog trete mit meinem eigenen Körper. Mir Zeit nehme, meinen Atem zu spüren, sein Kommen und Gehen, die große Ausdehnung beim Einatmen und das sanfte Zurücksinken beim Ausatmen. Zeit, in der ich eintauche in das Kommen und Gehen, Ausdehnen und Zusammenziehen, Pulsation.

Die Bewegungen, die dabei wie von selbst entstehen, sind die Basics der HKIT. Über die Basics können wir uns an die innere Quelle, den Fluss unserer Lebensenergie anbinden und im Fluss der Lebensenergie tanzen. Diese Quelle, die nie versiegt, ist für mich eine der wichtigsten Ressourcen des Tanzes. Hier komme ich an in meiner Lebensfreude, meiner Lebenslust – immer wieder neu entsteht ganz einfach durch den Tanz ein großes Ja zum Leben.

Gabriele Fischer sagt: Tanz ist eine Sprache ohne Worte. Wir entschlüsseln, wenn wir mit unserem Körper in einen tänzerischen Dialog treten, so manche Botschaft aus unserer Vergangenheit und damit manches Handeln in der Gegenwart, das in der Vergangenheit seine Wurzeln hat. Bewegungen, die nicht ausgeführt werden konnten, können im Gewebe tänzerisch erlöst werden. Heilende Kräfte im Tanz® lädt ein, eine nicht zu Ende geführte Bewegung zu Ende zu führen: die große Welle im Körper, die eine traumatische Geburt auflöst; die Arme, die den Weg in eine Umarmung finden und die Einsamkeit des kleinen Kindes erlösen; die Stimme, die sich nach Jahrzehnten endlich erhebt und die inneren Fesseln schmelzen lässt. Das zu Ende führen einer Bewegung ist ein Zeichen dafür, dass das Trauma ein Ende gefunden hat. Das ist mir wichtig: Heilungswege im Tanz, die uns immer wieder hineinführen in die Heimat in uns selbst. Ankommen.

Der Tanz öffnet nicht nur die Tür zu uns selbst, in unseren Körper und zu unserer Geschichte, er öffnet auch die Türe zur anderen Wirklichkeit und bringt uns in Kontakt mit dem, was über uns hinausweist. Wir tanzen hinein in die Geschichte unseres Körpers, in die Geschichtetheit der Landschaft, in die Dreamtime, wie es die Aborigines nennen. Für sie ist das Land beseelt und die spirituelle und künstlerische Arbeit der Aborigines erneuert immer wieder die Verbindung zwischen Land und Menschen. Sie sagen:

,,I am not painting for pleasure. There is meaning, knowledge and power. This is the earthly painting for the creation and for the Land story. The Land is not empty, the land is full of knowledge, full of story, full of goodness, full of energy, full of power. “ (Wandjub Marika 1995, gelesen in Darwin im Museum of the Northern Territory)

Heilende Kräfte im Tanz lädt ein, in diesen heimatlichen Raum des Körpers einzutreten und ihn auch anderen Menschen zu öffnen und die bewegende und verändernde Kraft des Tanzes zu erfahren. Auf allen Ebenen meines Seins: Eine Heimat im Körper finden.

Literatur und Bemerkungen

(1) Joe Djembungu, Ausstellungskatalog, The native born, 2001, S.62

(2) Klaus Dörner, Freispruch der Familie, Psychiatrie Verlag 2001
Der Dialog des Menschen mit seiner Landschaft ist die Realität, hinter die nicht zurückgegangen werden kann, was offen dafür macht, das Unerwartete nicht länger zum Resultat einer vollkommenen Erkenntnis oder einer unzureichenden Kontrolle zu machen, wobei die Zeitlichkeit, die Geschichte, das Werden der Landschaft die Grundlage für deren Räumlichkeit und Sprachlichkeit ist.

(3) Nunold in Landschaft als Topologie des Seins 2006
http://www.gib.uni-tuebingen.de/index.php?option=com_content&view=article&id=111&Itemid=157&function=fnArticle&printArticle=88

(4) John Berger, Hier, wo wir uns begegnen,  Hanser, 2006, S 128

(5) ebenda S 163

(6) ebenda S 124

(7) Das Tanzhaus gehört neben dem Gästehaus und dem Schuppen zu den drei Gebäuden der Tanzheimat Inzmühlen www. tanzheimat.de . Leitung Stefka Weiland. Seit über 15 Jahren tanzen wir hier mit den HKIT und haben uns in dieser Zeit eingelassen auf Jahrhunderte alte Eichen, auf den Wiesengrund, die Seeve und die Geschichte die uns dieser Ort mitten im Wilden Herzen der Lüneburger Heide zu erzählen hat: Von Tante Mielchen, der alten Bäuerin, die bis sie starb hier lebte und arbeitete. Danach erwarb der Verein Naturschutzpark den Heidehof und baute ihn zu einem Begegnungszentrum für Musik und Tanz Ende der 1950iger Jahre aus, dem Hans-Breuer-Hof. Ein Fritz Jöde Weg führt in die Heidelandschaft. Jöde war ein Mitstreiter von Hindemith für die Musikschulbewegung und Breuer schrieb den Zupfgeigenhansel, das Liederbuch der Wandervögel. Musiker im Umkreis der Wandervogelbewegung. Das Emblem des Zupfgeigenhansels begrüßt auch heute noch am Gästehaus die Wanderer.

Heute ist die Tanzheimat ein modern geführtes Tagungszentrum im musealen Embiente der Wandervögel und hat dadurch seinen besonderen Charme erhalten können. Das Haus steht fürs Tagen im Park der Öffentlichkeit zur Verfügung. In Zeiten in denen wir es nicht für die HKIT nutzen wird hier auch gerne romantisch gehochzeitet, jubiliert oder andersweitig gefestet. Das spricht für dieses Kleinod vor den Toren Hamburgs mitten im wilden Herzen der Lübu-Heide.

(8) Foto Tanzhaus in 28.1.2015, Foto und HKIT https://ressourcetanz.wordpress.com/2015/01/

(9) Wanderaatini
Tief verbunden mit Mutter Erde und Vater Himmel, rufen mich die Töne, die Laute, die Gesänge der Frauen, sie locken mich hinaus zu wandern, in die Welt, zwischen die Welten, in den Kosmos, dorthin wo wir alle im Licht verbunden sind. Dort wo es keine Grenzen gibt, dort wo alles sein darf und alles Sein ist…….Es ruft mich und ich folge…..Es wandert mich und ich schiebe mich langsam und spürend von meiner Verortung hinfort. Ich gehe im Vertrauen und in absoluter Gewissheit getragen zu sein. Ich höre mit meinen Ohren die Heilsgesänge aller Weltenfrauen, ich sehe mit meinem inneren Auge die weit geöffnete Heilungshändearbeit aller Weltenfrauen, ich spüre durch meine Haut den lüftenden Wind, der geladen wurde, ich liege manchmal in der Mitte und erfahre diese unglaubliche Vernetzung aller Weltenfrauen in der Tiefe meines Herzens, das ist GlücklichSein…….Es ist jedes mal Anders und Neu und Einzigartig, mein Wanderaatini, führt mich…….. Führt mich, an Heilungsplätze, dort wo Geben und Nehmen genau für diesen Moment zusammengehören, mein Wanderaatini lockt mich zum Spiel…….lockt mich zu experimentieren……..lockt mich durch meinen – unseren Schmerz zu gehen…..hin zur Lebenslust und zur Lebensfreude.
So ist es mit der Lüftlmalerin und ihrem Wanderaatini und allen Weltenfrauen. Wanderaatini ist Bewegung, ist bewegte Wegung. Anita Moser, Dancing Dialogue

(10) Der Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Michael Giesecke sagt: Die europäische Neuzeit hat nur monosensuelle Erkenntnis- und monomediale Kommunikationstheorien hervorgebracht und akzeptiert. Sie hat die Augen als Erkenntnis- und die Sprache als Darstellungsmedium prämiert und damit kein Instrument zur Gestaltung und zum Verständnis multimedialer und synästhetischer Ereignisse wie dem Tanz geschaffen. Quelle: Interview

(11) AATINI: Gabriele Fischer, Aatini, Hör- &Tanzbuch. HKIT® Verlag 2009 und der Film von Malgorzata M. Pastian, Aatini Film, HKIT® Verlag 2009.                             Zu bestellen bei http://www.artshop-hkit.de

(12) stellvertretend ein Bericht von Renate Barbara Balzer, Dancing Dialogue Compagnie:                                                                                                                     Es ist sooo komplex wie wir tanzen und es eröffnet wirklich so viele unterschiedliche Ebenen an Heilungsräumen. Seit dem ich DD tanze, geht die Sonne im Körper-Innenraum auf….und leuchtet ins Dunkel meiner verborgenen Körper-Schichten: Gefühle, Geschichten, Bilder, Farben, Tiere erscheinen und vieles andere mehr…alles wird begreifbar für mich, fühlbar über den Kontakt meines Atems ins Gewebe hinein..dort, wo dann Bewegung im Körper geschieht und nichts Ausgedachtes gemacht werden muss, so nach dem Motto, was dem Außen gefallen würde.

Es ist pur, es kommen pure einfache Bewegungen aus meinem Gewebe geflossen und wenn ich mutig bin, dann landen diese in der Sichtbarkeit…Geborgensein wird in dem Moment geboren…einfach damit zu sein, was jetzt gerade ist… im Kontakt sein, mit mir und mit den anderen Tänzerinnen…da kommt Freude auf, da dürfen Tränen fließen, da darf nach Lust und Laune geblödelt werden…um im nächsten Moment wieder die Ebene wechseln zu können, weil sich grad die Energie auf der Bühne (des Lebens) verändert…

Spielen…aus tiefster Seele und aus ganzem Herzen spielen…mit unseren Bewegungen, mit Atem, Stimme und Gesang…bis es still wird…und alle Bewegungen, die sich zeigen wollen zu Ende geführt werden…bis es noch stiller wird im Innenraum, genauso wie im Außenraum…da, wo ein ganzheitlicher Heilungs-Raum kreiert worden ist….Ankommen und Bleiben…tief durchatmen…sein, miteinander sein in Gemeinschaft…in Frieden sein…in Liebe sein…ohne zu bewerten…

Was ich jetzt in den wenigen Worten stark gekürzt beschreibe, hat für mich mal eben so 14 Jahre Lebenszeit vergehen lassen, um im Wesentlichen meines Menschseins anzukommen. Eine Abenteuer-Reise zu mir und mit den anderen Tänzerinnen…nur gemeinsam kann ich diese Reise antreten, sämtliche Stürme und Orkane überstehen, um dann daraus wieder neue Räume des Universums Körper und der Welt bewegend zu erforschen. Das ist für mich lebendig sein…Mensch-Sein… Ein echter Südseeschatz…

(12) Gönnersdorferinnen siehe wikipedia
Bei den Venusfigurinen von Gönnersdorf (Neuwied) handelt es sich um elf steinzeitliche Darstellungen des weiblichen Körpers. Die Statuetten bestehen aus Knochen, Geweih und Elfenbein. Das Alter der Figurinen wird mit 15.000 bis 11.500 Jahren angegeben; sie stammen aus dem Magdalenien. Die Figurinen sind zwischen 5,4 cm und 8,7 cm lang. Der Fundplatz wurde unter der Leitung von Gerhard Bosinski zwischen 1968 und 1976 ausgegraben und seitdem erforscht.
Am gleichen Ort wurden neben den Statuetten vor allem zahlreiche Gravierungen von Frauen und Tieren sowie abstrakten Zeichen auf Schieferplatten gefunden. Die mehr als 200 Frauendarstellungen sind stark schematisiert.[2] Meist handelt es sich um Frauendarstellungen im Profil, ausnahmslos ohne Kopf. Oft sind sie in Gruppen dargestellt, die als szenische Darstellungen interpretiert werden.

(13) Petersfelslerinnen, siehe wikipedia
Bei den Venusfigurinen vom Petersfels handelt es sich um mehrere steinzeitliche Darstellungen des weiblichen Körpers. Die Figurinen bestehen meist aus Gagat. Der Petersfels ist eine Höhle mit Vorplatz im Brudertal bei Engen, Baden-Württemberg. Die Figurinen wurden 1927–1932 von Eduard Peters und Volker Toepfer sowie 1974–1976 und 1978 von Gerd Albrecht ausgegraben. Das Alter der Figurinen wird mit 15000 bis 11500 Jahren angegeben; sie stammen aus dem Magdalenien. Die Figurinen aus Gagat sind zwischen 1,5 und 4 cm lang. Sie befinden sich größtenteils in den Museen von Freiburg im Breisgau und Engen.

(14) John Berger, Hier, wo wir uns begegnen, Hanser, München, 2006, S 129
Was der Fels ihm erzählte, war, dass die Tiere – wie alles, das existierte – im Inneren des Felsens lebten und dass er sie mit der roten Farbe auf seinem Finger dazu überreden konnte, an die Oberfläche zu treten, ganz dicht an die äußere Membran, sich an ihr zu reiben und ihren Geruch dort zu hinterlassen.

(15) Andy Goldsworthy in Rivers and Tides, 2003

(16) John Berger, Hier, wo wir uns begegnen, Hanser, München, 2006, S 135
Ihre Bilder sind wie Landkarten, sagt Anne.
Wovon?
Von der Gemeinschaft im Dunkeln.
Und wer ist wo?
Hier, von anderswo gekommen …

(17) siehe (2)

(18) John Berger, Hier, wo wir uns begegnen, Hanser, München, 2006, S 127
Voller Angst und Erstaunen lebten die Cro-Magnon in einer Kultur der Ankunft, die sich vielen Geheimnissen gegenübersah. Ihre Kultur überdauerte 20 000 Jahre. Wir leben in einer Kultur der endlosen Abschiede und des ständigen Fortschritts, der bisher zwei oder drei Jahrhunderte anhält. Doch statt sich den Geheimnissen zu stellen, versucht unsere Zeit hartnäckig, sie zu überlisten.

(19) Erich Fried „Es ist was es ist. Liebesgedichte, Angstgedichte, Zorngedichte“, Berlin 1996

Es ist was es ist

Es ist Unsinn
sagt die Vernunft
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist Unglück
sagt die Berechnung
Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst

Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist lächerlich
sagt der Stolz
Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht

Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung
Es ist was es ist
sagt die Liebe

(20) Peter Levine, Sprache ohne Worte: Wie unser Körper Trauma verarbeitet und uns in die innere Balance zurückführt, Kösel, 2011

(21) Die Bibel. Altes und Neues Testament. Einheitsübersetzung. Katholische Bibelanstalt GmbH Stuttgart, 1980, Das Hohelied Salomons 7,1 Wende dich, wende dich, Schulammit! / Wende dich, wende dich, / damit wir dich betrachten.

(22) Dörner siehe (2)

(23) Hans im Glück, Gebrüder Grimm. Ein paradiesischer Zustand der den Hans erwartet, in der Heimat, bei Muttern, da braucht er nichts mehr, da lässt er den Goldbatzen los, das Pferd, das Schwein, die Gans, den Mühlstein, befreit sich von allem, zu Hause braucht er nichts. Sehnsuchtsort Heimat.

(24) Matthäus 18,3

(25) Matthäus 6,25-34

(26) Hans Breuer, dem das Haus gewidmet war, war ein Wandervogel, der den Zupfgeigenhansel verfasste, eine Liedersammlung der Wandervögel, die sich 1896 als Schülerbewegung in Steglitz gründeten und sich als Keimzelle der deutschen Jugendbewegung verstehen. Leider endete der Begeisterung für viele im Ersten Weltkrieg, der auch Hans Breuer das Leben kosten sollte.

(27) Merleau-Ponty, wikipedia

Ein wesentliches Beispiel für diese Ambiguität ist das der sich selbstberührenden Hände. In diesem Phänomen taucht die ambiguiöse Erfahrung auf. Da wir für uns weder reines Bewusstsein sind – denn dann würden wir uns gänzlich in unserer Fülle wahrnehmen – noch reines Ding – denn dann würden wir gänzlich in dem aufgehen, was wir sind (siehe hierzu auch Sartre) -, ist unser Sein oszillierend beides, wie die Erfahrung des „Berührens des Berührten“ zeigt. Wie ein Vexierbild sind wir in einem Zwischenreich der Bedeutung zu suchen, in der nicht die einseitige Auflösung steht, sondern das Aushalten des Offenen. Zwar umfassen wir unsere eigene Hand, erfassen sie aber nicht zur Gänze. Der Leib ist deshalb nach Merleau-Ponty ambiguiös, weil er weder ein reines Ding noch reines Bewusstsein ist. Hervorhebung durch mich.

(28) John Berger, Hier, wo wir uns begegnen, John Berger, Hanser, München, 2006, S 134
Was verschwunden scheint, ist bloß vor den Blicken verborgen. Eine Abwesenheit – wie die nach dem Tod – wird als Verlust, aber nicht als Verlassensein empfunden. Die Toten verstecken sich bloß woanders.

(29) Gerold Baier, Rhythmus. Tanz in Körper und Gehirn. Rowohlt, 2002. http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezension-sachbuch-alles-fliesst-von-wegen-11288477.html
Mit Baier finden wir den Rhythmus zwischen den beiden Polen: linearer Rhythmus und nicht linearer Rhythmus. Eine der häufigsten Äußerungen, die ich höre, warum jemand nicht tanzen kann ist der verlorene Rhythmus: Ich habe keinen Rhythmus heißt es dann. Gibts nicht. Rhythmus ist immer, vielleicht kein linearer? Aber auch ein nichtlinearer Rhythmus tanzt in den HKIT.

(30) Betty Edwards, Das neue Garantiert Zeichnen Lernen, Rowohlt 2000, Seite 83
Der Wechsel von links nach rechts
Der Anthropologe Thomas Gladwin verglich die Navigationsmethode eines europäischen Seemannes mit der eines Eingeborenen von der Südseeinsel Truk. Beide benutzen ein kleines Boot, um in der unermesslichen Weite des Pazifiks von einer Insel zu anderen zu gelangen:

(31) aus Die andere Wirklichkeit in der Kunst, Vortrag von G.F. gehalten am 1. April 06, Inzmühlen anlässlich der gleichnamigen Veranstaltung im Rahmen der Tanzwerkstatt Inzmühlen unveröffentlicht, 2006

(32) siehe (3)
Böhmen liegt am Meer ist ein Synonym für die Sehnsuchtslandschaft. Sie ist die ewige Landschaft, die alle Landschaften der Ewigkeit in sich versammelt. Sie ist purer Potentialität und ewiger Gegenwart. Sie ist der Ur–sprungsort jeder Ontologie, jedes Seinsverhältnisses und Seinsverständnisses. Sie ist nicht Ressource. Ressourcen sind endlich und ausbeutbar. Sie ist das unendlich Verhältnishafte, Unermessliche und Maßgebende. Sie ist das bildlose Ur- , oder Vor-bild für alle Seinsverhältnisse und Bilder unserer Sehnsucht, unserer Angst, unseres Strebens nach Glück, Freiheit und Frieden. In Kiefers Landschaft ist der Horizont hoch und weit entfernt. Kein Meer brandet an die Küste. Die seligen Gestade Böhmens sind das unendlich Verheißungsvolle, der „Grund“ von dem Bachmann spricht. Sie ruft alle Unverankerten, damit sie in ihn eingehen und „unverloren sind“.

(33) Ingeborg Bachmann: Letzte, unveröffentlichte Gedichte, Entwürfe und Fassungen. Hg. Von Hans Höller. Frankfurt/M. 1998, S. 117

(34) Fürsten in Lumpen und Loden … Hier nochmal eine Verbindung zur Tanzheimat und den Wandervögeln mit dem Lied von Fritz Sotke 1927-28 in dem die Sehnsucht der Jugendbewegung zum Ausdruck kommt: Wilde Gesellen vom Sturmwind durchweht, Fürsten in Lumpen und Loden …

http://www.volksliedsammlung.de/e-wildeges.html

(35) Im Ballsaal der Gaia, Christel Göttert Verlag 2005, zu bestellen bei http://www.artshop-hkit.de
Da beschreibe ich am Schluss des Buches ein Fest auf einer Brücke und erzähle vom Fahrenden Volk meiner Kindheit, das auf der anderen Seite der Brücke lagern musste, die Musik und den Tanz aber hatten sie, der Wein wartete auf der Seite meiner Vorfahren.

(36) Jemanja assessu

(37) siehe (33)

(38) Billabong, Textstelle ungewiss, The Native Born oder Arratjara
Tanzen, das heißt den Kranich im Wasserloch sehen – nachdenken –
schlafen – träumen und die Geschichte hören, die der Schöpfergeist dir
erzählt und dann kannst du tanzen, ohne darüber nachzudenken bewegt
sich dein Körper.

(39) John Berger, Hier, wo wir uns begegnen, München, 2006, S 57, er zitiert hier seine Mutter

(40) Abschlussarbeiten Dancing Dialogue zum Thema Eine Heimat im Körper finden. Dieses Archiv muss erst noch erstellt werden. Die Archivarinnen sind bereits aktiv. Also einen Moment noch.

(41) Nunold siehe (3)
Böhmen liegt am Meer ist ein Synonym für die Sehnsuchtslandschaft. Sie ist die ewige Landschaft, die alle Landschaften der Ewigkeit in sich versammelt. Sie ist purer Potentialität und ewiger Gegenwart. Sie ist der Ur–sprungsort jeder Ontologie, jedes Seinsverhältnisses und Seinsverständnisses. Sie ist nicht Ressource. Ressourcen sind endlich und ausbeutbar. Sie ist das unendlich Verhältnishafte, Unermessliche und Maßgebende. Sie ist das bildlose Ur- , oder Vor-bild für alle Seinsverhältnisse und Bilder unserer Sehnsucht, unserer Angst, unseres Strebens nach Glück, Freiheit und Frieden. In Kiefers Landschaft ist der Horizont hoch und weit entfernt. Kein Meer brandet an die Küste. Die seligen Gestade Böhmens sind das unendlich Verheißungsvolle, der „Grund“ von dem Bachmann spricht. Sie ruft alle Unverankerten, damit sie in ihn eingehen und „unverloren sind“.

(42) Geschwister Pwerle
http://www.flg.com.au/communities/utopia
http://www.topdidj.com/minnie-pwerle/
aber auch die anderen Schwestern haben websites
http://www.aboriginalartstore.com.au/artists/emily-pwerle/
bitte selber weiter forschen

(43) Elke Wagner. Institut HKIT, im Jahresprogramm 2015

Foto und HKIT

28 Mittwoch Jan 2015

Posted by Gabriele Fischer in SEHEN und Dancing Dialogue, Tanzheimat Inzmühlen

≈ Hinterlasse einen Kommentar

Schlagwörter

Andere Wirklichkeiten, Dancing Dialgoue

Im Jahr 2014 habe ich mich damit beschäftigt Bewegung auf einem Foto sichtbar werden zu lassen. Beim Experimentieren sind mir dabei andere Wirklichkeiten ins Blickfeld geraten. Eines meiner Masterpieces stelle ich hier in den blog, nochmal, weil es war schon mal da aber ohne die Aufmerksamkeit auf das Foto zu lenken.

Es zeigt das Tanzhaus von der Westseite. In den Fenstern die bis zum Boden reichen spiegle ich mich als Fotografin und vor zwei Tagen frage ich Elke Wagner: Wer steht da eigentlich hinter mir? Bist Du das? Ja, kommt die Antwort. Da kann ich es wieder spüren, die Nähe Elkes hinter mir. Die körperliche Erinnerung ist wieder da.

Ich habe Fotos gemacht im Tanzhaus während die Tänzerinnen frei tanzten, sah Elke Wagner draußen im Gras liegen und lesen. Es war so ein tolles Licht. Es zog mich hinaus. Ich machte ein paar Aufnahmen und drehte mich dann zu den Tänzerinnen im Tanzhaus um, mit denen ich ja verbunden war.

Elke Wagner stand in der Zwischenzeit auf und war hinter mich getreten. Wir schauten beide, was wir da in den Spiegelungen der bodentiefen Fenster des Tanzhauses so alles sehen konnten und ich drückte auf den Auslöser.

Gudrun Tandler im geöffneten Fenster tanzend sah ich erst auf dem Foto. Am Boden liegt Anita Moser mit hoch gestreckten Händen und ich glaube noch andere Tänzerinnen, die nicht so klar zu idendifizieren sind, Freyja Fischer? Ich stelle alle Fotos in den Blog, weil sie sich gegenseitig besser entschlüsseln.

Der Blick fällt durch das Tanzhaus hindurch auf die gegenüberliegende Seite, die Ostseite, dort wo in dem Text, an dem ich gerade arbeite und den ich demnächst in den blog stellen werde die Frauen von Elkes Gruppe sich zum Gehen in die Heide bereit machen während wir DDs im Tanzhaus mit AATINI unterwegs sind.

Text und Bild gehören zusammen. Ich mache einen Hinweis im Text auf das Foto, dann wisst ihr gleich worum es sich handelt. Der Schuppen im Osten ist zu sehen. Er bekommt dieses Jahr endlich das neue Dach. Ein Bild mit vielen Ebenen, Wirklichkeiten. Von sehen und gesehen werden über die Wirklichkeiten der Tänzerinnen, die Wirklichkeit zwischen Elke und mir, die Geschichte mit dem Foto davor … .

Für mich Fotos der Bewegung zwischen den heilsamen Räumen die HKIT uns eröffnen können. Vielleicht entdeckt ihr ja noch mehr auf den Fotos, es ist zu erwarten.. Bitte schreibt das im Kommentar, ich finde es immer sehr spannend, was viele Augen sehen.

DSC03314

DSC03323DSC03324 - Kopie

Therapie und andere Wirklichkeiten in den HKIT – Anhang

28 Mittwoch Jan 2015

Posted by Gabriele Fischer in Therapie und andere Wirklichkeiten in den HKIT - Anhang, Was zeichnet die HKIT als Tanz- und Körperpsychotherapie aus?

≈ Ein Kommentar

Schlagwörter

Die andere Wirklichkeit in der Kunst, Heilende Kräfte im Tanz, John Berger, Tanztherapie

Die andere Wirklichkeit in der Kunst
Auszug aus dem Vortrag von G.F. gehalten am 1. April 06, Inzmühlen anlässlich der gleichnamigen Veranstaltung im Rahmen der Tanzwerkstatt Inzmühlen

Die Begegnung im Tanz mit anderen Wirklichkeiten schließt in einem sehr konkreten Sinne Nähe und Auseinandersetzung mit ein. Das Thema eines Tanzes wird über den physischen Körper sichtbar und zeigt die Grenze in der Begegnung. Dabei kann sich ein Spalt öffnen durch den wir hindurch treten können, in neue und uns bisher unbekannte Räume der Wirklichkeit.

Dancing Dialogue will also keine ausgedachte Geschichte erzählen sondern wir wollen mit unserem Tanz das Publikum dazu einladen sich selbst in den kreativen Schaffensprozess hinein zu stellen und aus dem getanzten Dialog das eigene Kunstwerk zu kreieren und damit eigene Zugänge zu anderen Wirklichkeiten zu entdecken.

Wir tanzen um, unsere Beziehung zu etwas Existierendem festzuhalten Wir tanzen um uns der Beweglichkeit unseres Körpers zu vergewissern und durch dieses Wechselspiel von dieser Wirklichkeit und anderen Wirklichkeiten kann tanzend eine magische Verbindung zwischen Zeit, Raum und Körper, zwischen Innen und Außen entstehen.

Jeder getanzte Tanz verkündet: Mich bewegt dies und gleichzeitig auch mich hat dies bewegt oder mich wird dies bewegen. Tanzen vollzieht sich nicht nur in der Beziehung von Körper und Raum sondern wir treten tanzend auch in ein Zusammenspiel mit verschiedenen Zeiträumen ein. Mich bewegt dies bezieht sich auf die gemachte Bewegung.

Nichtdarstellender Tanz bildet dabei keine Ausnahme. Ein Tanz kann ein Leuchten oder ein farbiges Glühen zeigen, das aus der Erfahrung der Tänzerin mit dem Sichtbaren oder Spürbaren herrührt. Wenn sie tanzt bewertet sie den Raum im Hinblick auf etwas anderes, das sie sieht oder spürt oder gesehen oder gespürt hat.

Ein Tanz ist zunächst eine Affirmation des Spürbaren das uns umgibt, uns ständig begegnet und wieder verschwindet. Ohne dieses Verschwinden gäbe es vielleicht gar keinen Impuls zu tanzen, denn dann würde das Spürbare selbst die Gewissheit besitzen, die der Tanz sich zu finden bemüht. Unmittelbarer als jedes andere Kunstwerk ist ein Tanz eine Affirmation der physischen Wirklichkeit in die die Menschheit geworfen ist.

Die ersten Tänze waren Tiertänze und die erste Malerei stellte Tiere dar. Und gleich von Anfang an – und später genauso bei den Sumerern, Assyrern, Ägyptern und der frühen griechischen Kunst – war die Darstellung dieser Tiere außergewöhnlich genau. Es mussten Jahrtausende verstreichen, bis man den Körper des Menschen ebenso „lebensecht“ darstellen konnte. Am Anfang war das Existierende das, was dem Menschen gegenübertrat und so können wir uns auch den Prozess im Tanz vorstellen, es hat lange gedauert, bis der Mensch sich in den Mittelpunkt des Tanzens gestellt hat und der Ausdruckstanz von Mary Wigmann entstehen konnte.

Der Tanz ist dazu da, uns vor dem Erstarren zu retten. Im Gegensatz zum Malen ist Tanzen keine stille Kunst die alles Bewegte anhält, vielmehr macht der Tanz die Wirklichkeit sichtbar indem er sie bewegt und doch ist der Tanz dem Auge des Betrachters in ganz ähnlicher Weise ausgeliefert wie ein Bild oder eine Skulptur.

Was wir von einem Tanz sehen, die Bewegungen, die sich verändernde Form des Körpers, die Farbe der Haut, der Haare, des Kostüms und deren Wahrnehmung ist abhängig von der Beschaffenheit unserer Augen. Eine Wahrnehmung die keine gegebene sondern eine gewordene ist. Der Künstler, die Tänzerin ist keine Schöpferin, das ist die Illusion der Moderne und auch die Postmoderne konnte daran nichts ändern. Was wie eine Schöpfung wirkt, ist ein Prozess in dem das von der Tänzerin Empfangene eine Form findet.

Dabei gilt es dem Bewegungsimpuls zu folgen den die Begegnung von Innen und Außen auslöst. Der Tanz ist das, was die Begegnung zurückgelassen hat an Bewegung. Unsichtbar zurückgelassen taucht die Begegnung von Innen und Außen im Tanz wieder auf – sie erscheint. Tanzen ist das Ergebnis der Empfänglichkeit des Körpers. Der Körper öffnet sich dem Atem, der Atem öffnet sich der Bewegung, die Bewegung öffnet sich der Hand, die Hand öffnet sich dem Herzen. Alles entsteht im Empfangen. Wenn der Tanz nicht bloße Kopie ist sondern das Ergebnis dieses Dialogs, dann spricht das Getanzte, wenn wir zuhören und erzählt uns von anderen Wirklichkeiten und lädt uns zum Zusammenspiel ein.

Dieser Text entstand in einem Dialog mit dem Essay von John Berger, Schritte zu einer kleinen Theorie der Sichtbarkeit in Gegen die Abwertung der Welt, Hanser 2003. G.F.

Therapie und andere Wirklichkeiten in den HKIT

23 Freitag Jan 2015

Posted by Gabriele Fischer in Therapie und andere Wirklichkeiten in den HKIT, Was zeichnet die HKIT als Tanz- und Körperpsychotherapie aus?

≈ 3 Kommentare

Schlagwörter

Angriff-Flucht-Erstarrung, Öffnen und Schließen, Bewegung und Begegnung, Bewegung und Rhythmus, Das Heilsame, Das Schamanische, Der freie Bewegungsimpuls, Der Puma, Der Tanz mit den Entwicklungsstufen, Die drei Gestaltungsräume -Waser, FLOW, Gestalttheorie, Gewebeblockaden, Grenzen alternativer Wirklichkeiten, Künstlerische Freiheit, Kommunikation und Analyse, Psychiatrische Einrichtung, Selbstheilungskräfte, Soziale Skulptur, Tanzrituale, Tänzerische Integration, Unwillkürliche Muskelbewegungen, Wechsel der Wirklichkeiten, Wilhelm Reich, Wirklichkeiten im Dialog, Wirklichkeiten im Tiertanz, Zusammenarbeit

vorangegangen
1. Märchenhafte Wirklichkeiten
2. Feminine Wirklichkeiten
3. Philosophische Wirklichkeiten
aktuell
4. Körperpsychotherapeutische Wirklichkeiten
Ich folge Peter Levine in einer Traumatherapiesitzung (1 )und bin mitten drin in dem soeben ablaufenden Prozess: Die Klientin sitzt auf einem Stuhl und macht Laufbewegungen mit Armen um Beinen um dem Tiger zu entkommen, den der Therapeut soeben ins Spielfeld gebracht hat. Die Bewegungen mit denen sie sich in die Flucht schlägt retten die Klientin aus der Erstarrung und die Traumatherapie kann ein erfolgreiches Ende nehmen.

Angriff–Flucht-Erstarrung
Die Klientin Levins befindet sich in einer anderen Wirklichkeit wenn sie anfängt dem Tiger davon zu laufen während sie auf einem Stuhl im Therapiezimmer sitzt, keine Frage. Auf die Idee kommt man in einem Tigerkäfig nicht. Die Klientin, bewegt sich in eine ganz frühe Zeit hinein, dreht quasi am Rad der Geschichte über die frühe Menschheitsgeschichte hinaus in Zeiten in denen unser Gehirn im Aufbau war, das Stammhirn, das Kleinhirn. Hier finden wir die Mechanismen von Flucht oder Angriff und wenn das alles nichts hilft von Erstarrung. Dazu ein Bericht über die Ringelnatter, weil ungefähr in dieser Entwicklungsstufe des Reptilien Gehirns sind wir gerade:

Werden sie gestört, ergreifen sie die Flucht und ziehen sich in eine Bodenhöhle oder in dichtes Gestrüpp zurück. Sind sie an der Flucht gehindert, nehmen sie eine Angriffsstellung ein. Hierbei flachen sie ihren Kopf ab und gehen in eine Art S-Stellung, die sehr der einer Kobra ähnelt. Dabei stoßen sie mit dem Kopf in Richtung des Angreifers (ein paar Zentimeter neben das Ziel), was oft so aussieht als würden sie beißen wollen. Da das Maul dabei geschlossen bleibt, handelt es sich hierbei um eine reine Droh-Gebärde. Fasst man sie dennoch an können sie ihre Analdrüsen entleeren, was wirklich furchtbar stinkt.

Reicht das nicht aus dreht sie sich auf den Rücken und läßt dabei die Zunge heraushängen. Dieses Verhalten wird als „Akinese“ bezeichnet. In extremen Fällen lässt sie sogar Speichel mit Blut aus dem Maul tropfen. So wird dem Gegner vorgetäuscht er hätte eine tote verweste Schlange vor sich. (2)

Diesen Dramen die in der Natur vor meiner Haustüre ablaufen, habe ich auch erst kürzlich bei einem Spaziergang mit Hund Debbie entdeckt. Bis dahin wusste ich von Akinese, nicht das Geringste. Doch, als Kind, da kenne ich solches Verhalten, als Schwächere zog ich manchmal an diesem roten Nothalt Griff. Ich übertrieb die mir zugefügten Verletzungen in kindlichen Auseinandersetzungen ein bisschen, jammerte schrecklich, stellte mich bewusstlos oder tot und siehe da, es half. Der Angreifer lies von mir ab.

Gewebeblockaden
Verharrt der Körper in der Erstarrung, längst nachdem die Bedrohung vorbei ist, sprechen wir in der Körpertherapie von einer Gewebeblockade, in der Psychotherapie von einem Trauma. Levin interveniert rechtzeitig, bevor die Klientin wieder in ihren Erstarrungsmodus verfällt und sie rennt los und entkommt so der Erstarrung.

Körpertherapeutisch löst sie ihre blockierte Lebenskraft im Gewebe durch rhythmische Bewegungen. Vegetotherapie. Reich spricht vom Ich im Muskel und tatsächlich stärken wir unser Ich, wenn wir in starke Muskelbewegung gehen. Wir spüren uns lebendig. Das ist auch die Wirkung beim Joggen, Skaten oder bei sonstigen Sportarten und beim Tanzen.

Unser Gehirn reagiert bei großer Gefahr in diesen lebensrettenden Maßnahmen, Flucht – Angriff – Erstarrung. Die Erstarrung wird nur dann problematisch in unserem Leben, wenn wir sie im Gewebe speichern, festhalten. Tiere schütteln diese Erstarrung ab. Wenn ich Hündin Debbie stoppe, weil wir die Straße überqueren oder sonst was ist, dann bleibt sie dem Befehl gehorchend stehen und als nächstes schüttelt sie den Befehl ab, kräftig, so dass sie fast von den Beinen kippt.

Sie mag nicht kommandiert werden. Bloß keine Blockade im Gewebe aufbauen durch solche Kommandos, sagt dieser Hundekörper. Der Fluss meiner Lebensenergie wurde gestoppt, jetzt aber wieder rein in die Puschen. Wir kennen die heilsame Wirkung des Schüttelns in der Tanztherapie. Wobei es ein Unterschied ist, ob das eine tänzerische Bewegung ist oder eine durch Stress provozierte wie in der Bioenergetik.

Unwillkürliche Muskelbewegungen
Was ist Schütteln oder Laufen tanztherapeutisch betrachtet? Es sind rhythmische Bewegung. Das Schütteln können wir machen. Unser Körper schüttelt sich oder zittert aber auch ohne unser Zutun, ähnlich wie bei der Hündin, als Abreaktion des Körpers. Diese Bewegungen nennen wir unwillkürliche Muskelbewegung und im Falle der Klientin Levins ist das Laufen ebenfalls eine unwillkürliche Muskelbewegung die dem Fluchtreflex entspringt.

Laufen zählt zu den rhythmischen Bewegung die die Menschheit von Anbeginn begleiten. Unsere Vorfahren bewegten sich. Sie waren nicht sesshaft. Am PC sitzen wir menschheitsgeschichtlich betrachtet noch nicht mal einen Wimpernschlag lang. Unsere Körper sind mehr im Laufen beheimatet als an Orten in Häusern oder auf Stühlen. Laufen erdet uns, gibt Sicherheit und Selbstvertrauen. Laufen regt unseren Atemfluss an, rhythmisiert wo wir aus dem Rhythmus geraten sind.

Laufen regt den Stoffwechsel an, die Durchblutung, diese medizinischen Allgemeinplätze lasse ich jetzt mal alleine weiter laufen … . Es wird deutlich, wir sind nicht alleine unterwegs. Die Aborigines nennen dieses Phänomen Songlines. Wenn wir uns bewegen sind wir auf den Songlines unserer Vorfahren zu Gange. Viele von uns wissen, dass Bewegung einfach gut tut. Hier liegen die Hintergründe, in unserem Körpergedächtnis. Unser Körper hat sich im Laufen geformt, aufgebaut und rhythmisiert.

Bewegung und Rhythmus
Unser Körper ist eng verbunden mit unseren Bewegungen. Nicht nur unsere Gehirnareale, nein der ganze Körper kann in äußersten Gefahrensituationen auch heute noch aktiviert werden über Bewegung und Rhythmus. Im Tanz, in der Musik, im Betrachten von Tanzenden oder Laufenden machen wir uns das therapeutisch zu nutze, denn selbst da macht unser Körper mit und wird aktiviert in seinen physiologischen Funktionen.

Diese Gegebenheit wird im Betanzen, einer tradierten tanztherapeutischen Praxis, genutzt. Ein kranker Mensch kann vielleicht nicht tanzen, aber ein Gesunder kann für den Kranken tanzen und so über die Spiegelneuronen den Körper und die Seele des Erkrankten wieder in Schwung oder auf Trap bringen. Tanztherapie heißt: Über den Körper die Seele heilen. Gerda Boyesen (3)

Tanzrituale
Dieses Wissen nutzen tradierte Heilungstanzrituale wie die Tarantella, das Candomble oder Tiertanztraditionen der First Nation u.a.. Dabei können erstaunlich mehr Informationen in unseren frühen Gehirnbereichen aktiviert werden als das Flucht-Angriff-Erstarrungsschema, das gerade in der Traumatherapie erforscht wurde.

Im Tiertanz können z.B. Bewegungen von Tieren, das Nestverhalten, Speisezettel und andere unglaubliche Erinnerungen über Bewegung und Rhythmus aus dem Körpergewebe auftauchen, getanzt und als heilsam erlebt werden oder wie bei der Klientin mit Pelztier und Kröte existenzielle Erfahrungen nachvollzogen werden. Der Pulsschlag im Hals der Kröte. Das Schlafen des Pelztiers.

Die Frage nach dem Heilsamen
Worin liegt das Heilsame? Es muss etwas zu tun haben mit dem, was wir verlieren, wenn wir uns zum Subjekt machen und das Andere zum Objekt wird. Das passiert, wenn wir von anderen Wirklichkeiten sprechen. Das passiert, wenn der Mann sich als Subjekt setzt in der Gesellschaft. Wir bewegen uns weg von der Symbiose hinein in die gesellschaftlich gewollte Spaltung von Objekt und Subjekt. Dafür tun wir entwicklungspsychologisch einiges, wenn wir uns die Tabelle von Waser (4) anschauen und die Forschungen Piagets zu rate ziehen, wie sich ein Kind in unserer Gesellschaft den Normen entsprechend entwickeln soll.

Zusammenarbeit
John Berger (5) rät uns zur Zusammenarbeit mit dem Objekt, wenn er Morandis Blumenstrauß ins Spiel bringt und von den Rosen spricht als wären es Katzen auf dem Sprung, die den Maler zur Zusammenarbeit auffordern oder von der Geliebten Rembrandts erzählt und von ihrer Zusammenarbeit die spürbar wird und mit uns kommuniziert über die Bilder Rembrandts auch noch nach Jahrhunderten. Dadurch kann das Kunstwerk zu etwas Außergewöhnlichem werden. Es bewegt uns. Es öffnet eine andere Wirklichkeit.

Merleau-Ponty weißt uns auf den Moment des Berührens hin, das ein Innen und Außen zugleich spürbar werden lässt … In dem Moment des Berührens ist das Spüren der Hand ein Innen und Außen zugleich – sie offenbart sich als gleichzeitig der Welt zugehörig (da von außen berührbar und sichtbar) sowie von innen spürbar. (6)

Da klingt etwas an, das die Erfahrung von Subjekt und Objekt als Trennung wieder zusammenbringt. Da, irgendwo da liegt das Heilsame. Weder in der Trennung noch in der Symbiose sondern in der Offenheit dem Anderen gegenüber, wie es Dörner (7) nennt. Berger spricht von Zusammenarbeit. Psychotherapeut und Künstler plädieren für Weite auf dem Hintergrund von Merleau-Pontys: Die Weite meines Umfangens von Raum und Zeit ist das Maß der Weite meiner Existenz. (8) Da treffen wir uns in der Tanztherapie, im Öffnen und Schließen, nach Reich die Grundbewegung des Lebens.

Wilhelm Reich
Ich erinnere an Reichs Gellyfish Übung, die Gerda Boysen immer wieder gerne anleitete. Rückenlage, Beine angewinkelt fallen die Knie auseinander, wenn sie entspannt werden. Dann werden die Knie wieder vom Willen her langsam zusammengeführt. Wie ein Seismograf reagiert der Körper in dieser Bewegung auf die geringste Anspannung im Gewebe mit zittern, vibrieren oder größeren unwillkürlichen Muskelbewegungen zum Entladen der Gewebespannungen.

Ein Öffnen nicht nur der Beine, des Beckens sondern auch in den tieferen Gewebeschichten, bis hin zu Erinnerungen im Körpergedächtnis. Zusammenarbeit in der Bewegung, kognitiv, energetisch, kommunikativ. Der Tanz der Qualle.

Dieses Bedürfnis nach Zusammenarbeit, nach dem Oszillieren von Berühren und Berührt werden von Körper und Raum, in der Öffnung der Subjekt – Objektbeziehungen des Erwachsenen birgt es das Geheimnis von der heilsamen Kunst, von der Joseph Beuys spricht? Er erweitert die Frage in die soziale Skulptur hinein als heilsames Gemeinschaftswerk.

Hat Heilung damit zu tun, wie wir die Wirklichkeit wahrnehmen? Wie Wirklichkeit wirkt? Wenn Dorsch 1990 Psychotherapie als Behandlung mit Hilfe der zwischenmenschlichen Kommunikation (9) definiert, dann ist Tanztherapie aufgefordert diese Kommunikation in die Bewegung, in den Körper, in die Begegnung mit dem Raum hinein zu tragen. Dort wo Merleau-Ponty in der Berührung zweier Hände auf eine Öffnung trifft, wo Dörner zur Offenheit in der Begegnung mit dem Anderen aufruft, dort wo Berger in der Kunst die Zusammenarbeit als in der Kunst sichtbar werdende Besonderheit hervorhebt.

Wirklichkeiten im Tiertanz
Nehme ich die tanztherapeutische Wirklichkeit in der Therapiestunde Levines wahr, so enthüllt sich mir ein Tiertanz in der Flucht der Klientin vor dem Tiger. Die Klientin könnte das aber bei ein bisschen Tiertanzwissen leicht wahrnehmen. – Der Mensch sieht nur was er weiß. Goethe. – Der Rhythmus des Laufens verbindet uns schnell mit dem Laufen des Tieres:

Wir sehen ein Tier rennen, spüren den Rhythmus in unserem Körper und irgendwann, wenn unser Körper bereit ist die Ebene zu wechseln springen wir auf und reiten das Tier. In vielen Tiertanztraditionen wird die Trommel als Reittier bezeichnet, weil sie den Rhythmus vorgibt wie das galoppierende Pferd oder der laufende Tiger die den Tänzer, die Tänzerin mitnehmen auf ihrem Rücken in andere Wirklichkeiten und irgendwann werden wir zu dem Tier, wir rutschen in das Tier hinein.

Ich hatte eine Zeit lang beim Trommeln einen Bären der seinen Reißverschluss öffnete so dass ich es einfach hatte zu ihm rein zu kommen. Ich war ja mit Trommeln beschäftigt. Die Tiergeister sind humorvoll, wie Felicitas Goodman immer wieder betonte. Diese Technik sich in ein Tier über Bewegung zu verwandeln war äußerst erfolgreich beim Jagen ohne Feuerwaffen und verhinderte auch schon in der Steinzeit das Erstarren vor Entsetzen. Es gab eine Wahl, die hieß Bewegung. Werde das Tier selber, so echt, dass die Tierherde Dich nicht mehr unterscheiden kann von einem Mitglied.

Schaltet unser Körper auf den Fluchtmodus, wie bei der Klientin Levins, so haben wir keine Angst. Die können wir biologisch im Fluchtmodus auch gar nicht gebrauchen. Unser Gehirn, unser Körper, alles arbeitet mit um erfolgreich zu entkommen. JägerIn und GejagteR.

Wechsel der Wirklichkeiten
Die Identifikation mit dem Tier liegt nahe. So in der Tarantella. Das Springen der TänzerInnen kann sowohl das Springen der Spinne sein als auch der Versuch der Spinne zu entkommen. Darin liegt Heilungspotenzial, im Wechsel der Wirklichkeiten.

Ich sehe eine Szene in einem Film vor mir (10) über das Theatre de Soleil: Ariane Mnoushkine spricht auf dem Bildschirm über einen Affen, der sein Leben gegen einen Tiger verteidigt. (Es kann auch eine andere Raubkatze gewesen sein, vielleicht ein Gepard?). Immer wieder attackiert der Affe die Raubkatze und springt sie mit gefletschten Zähnen in der Luft an.

Die Theatercompagnie probt Molier, Tartufe. Genau dieses Verhalten will Ariane Mnoushkine haben. Wie der Affe sollen die Schauspieler in den körperlichen Ausdruck miteinander gehen. Die Intendantin lässt keine Spur von Hoffnungslosigkeit zu. Kämpfen bis zum Letzten, aus Leibeskräften. das macht, dass wir hinschauen. Das braucht Bühne. Diesen Dialog von Sehen und Gesehen werden. Die Katzen in den Rosen von Morandi, von denen Berger spricht.

Ich sehe Joseph Beuys in dem Coyotenkäfig in New York stehen. Der Coyote kommt auf ihn zu und greift ihn an, zerrt am Filumhang. Ich rieche den beißenden Geruch des wilden Tieres in seinem Käfig. Eine Tiertanzperformance von Beuys arrangiert um der modernen Zivilgesellschaft vor Augen zu führen woran sie krankt. Ein Tiertanz in der modernen Kunst. Mit Stab und Filzumhang begegnet der Künstler dem Coyoten, der Natur, dem Wilden. Das und nur das kann den Zivilisationskranken heilen, sagt Beuys damit.

Henrik Ipsen bringt 1879 in Nora oder ein Puppenheim auf der Bühne einen Tiertanz ins Spiel. Er lässt seine Hauptfigur Nora am Klavier eine Tarantella spielen. Ein Befreiungsversuch der Frau aus den Zwängen der Gesellschaft im 19. Jhr.. Er wusste damals noch um die Wirkung der kleinen Spinne und ihres Tanzes. Heute ist die Tarantella nur noch ein italienischer Volkstanz.

Das Schamanische
Eine Klientin mit der ich über ihre Tierträume spreche und über die Möglichkeiten sie tiefenpsychologisch oder schamanisch zu deuten sagt mir: Das Schamanische ist schon sehr wirkungsvoll, aber auch einer der für unsere (oder meine?) westliche Verstandesebene am unverständlichsten Teile, auch von HKiT, finde ich. Wie ich schon sagte, ich würde das selber nicht anleiten wollen, noch nicht.

Ich antworte ihr: … vor allem wenn Tiere auftauchen rate ich schamanisch zu arbeiten, das heißt nicht nach der Bedeutung zu suchen, also symbolhaft zu arbeiten, sondern das Tier selber zu Wort kommen lassen, das Tier werden, es sein um es auf anderen Bewusstseinsebenen zu be-greifen als den gängigen … das Tier Subjekt sein lassen und nicht zum Objekt machen führt zu völlig anderen Ergebnissen in der Körper- und Psychotherapie.

So auch in dem Fallbeispiel der Klientin mit Kröte und Pelztier. Hier ist keine therapeutische Intervention, wie bei Levine angesagt. Es geht nicht darum, die Klientin aufzufordern, als Pelztier den Froschkopf auszuspucken oder runter zu schlucken oder die Kröte zur Flucht aufzufordern. (11)

Wenn wir die Tiere zu Wort kommen lassen, sprechen sie eine völlig andere Sprache aus einer Wirklichkeit, die uns in der Wirklichkeit des angstvollen nächtlichen Aufwachens und des Grübelns über die Bedeutung des Traums nicht zugänglich wird.

Unser Körper braucht wie bei Beuys im Coyotenkäfig einer New Yorker Galerie (12) einen völlig anderen Raum um sich den Tieren annähern zu können und um ihre heilsame Botschaft zu empfangen. Ich verweise auf die oben zitierte Tabelle von Gottfried Waser. Sie macht uns deutlich, in welche frühkindlichen und frühgeschichtlichen Entwicklungsstufen wir da eintreten, wenn wir tanzen, körperlich werden, Körper sind.

Die drei Gestaltungsräume
Wasers Model (13) der drei sich auseinander entwickelnden Gestaltungsräume in der kognitiv-strukturellen, der affektiv-energetischen und der semiotisch-kommunikativen Dimension macht deutlich, dass bildnerische und tänzerische Therapien das Gespräch brauchen, die Wortfindung, die Begrifflichkeit und die Einordnung des im Tanz Erlebten aus dem Dialog mit der KlientIn heraus.

Ein Unterschied zur Kunsttherapie, über die Waser schreibt, besteht für mich in der Tanztherapie darin, dass wir mit Bewegung arbeiten, mit Körper und Körperlichkeit und dadurch mit Raum und Räumlichkeit, doch wie wir bei Betty Edwards (14) sehen führt uns sowohl das künstlerische Tun als auch die tänzerische Bewegung in Bereiche die uns andere Wirklichkeiten und ihre heilsamen Ressourcen erschließen.

Unsere tänzerische Vorgehensweise, ausgehend vom freien Bewegungsimpuls bis hin zu gestalteten Bewegungen und den kommunikativen, kognitiven und energetischen Anteilen auf allen Entwicklungsstufen wird in dem Modell von Waser deutlich erkennbar und ebenso die Verbindung zu frühen entwicklungsgeschichtlichen Stufen der Menschheit, die sich in der kindlichen Entwicklung widerspiegeln und auch als Erwachsener jederzeit abrufbar sind, auf die Waser aber nicht hinweist.

Der Tanz mit den Entwicklungsstufen
Wenn Waser diese Entwicklungsstufen nach oben hin hierarchisiert, so ist mir im Gegensatz wichtig, dass in der Tanztherapie gelernt werden kann, mit diesen Entwicklungsstufen und Ebenen zu tanzen, wie wir es ja auch tatsächlich im Tiertanz machen. Ich halte es für eine Aufgabe der Tanztherapie, diese Entwicklungsebenen und ihre Heilungsressourcen für das Klientel zugänglich zu machen und dabei auf verschiedenen Hochzeiten tanzen zu lernen.

Tanztherapie HKIT schafft Bewusstsein für die von Waser benannten Dimensionen indem wir sie im Tanz erkennen und annehmen. Es kommen uns sowohl die Verletzungen, die da im Körper auf diesen Ebenen gespeichert sind als auch die Heilungsressourcen in diesen Dimensionen entgegen denen wir da zeitlich geschichtet begegnen können um mit ihnen zu tanzen.

Bewegung und Begegnung
Meine Frage ist, wie bewegen sich diese Ebenen in der Therapie zusammen zu einem heilsamen Tanz? (15)  Merleau-Ponty bringt in diesem Zusammenhang immer wieder das Beispiel der linken Hand, die die rechte berührt. In dem Moment des Berührens ist das Spüren der Hand ein Innen und Außen zugleich – sie offenbart sich als gleichzeitig der Welt zugehörig (da von außen berührbar und sichtbar) sowie von innen spürbar.

So können wir die drei Gestaltungsebenen im kognitiven, energetischen und kommunikativen Feld zu einem heilsamen Tanz zusammenbringen und zur Zusammenarbeit bewegen. In der Öffnung, dem Zulassen ihrer Gegensätzlichkeiten und der sich daraus ergebenden Kommunikation an den Berührungsgrenzen entlang.

Eine Bewegung wie in dem von John Berger beschriebenen Versuch, die Rentierherde in der Höhle der Ardeché nachzuzeichnen. Er erfährt dabei, wie aus der Felsmalerei die Tiere und der Maler oder die Malerin über seine oder ihre Bewegung, von der anderen Seite der Wirklichkeit zu ihm Kontakt aufnehmen.(16)

Denken wir an Garantiert zeichnen lernen von Betty Edwards (17) und den Südseeinsulaner in uns, der der Küste entlang navigiert und dass diese Technik im Portraitmalen eingesetzt werden kann um im R-Modus zu landen und so lebensecht, aus der Verbundenheit heraus malen zu können. Ganz, wie wir uns das wünschen, unabhängig von der Symbolbildung in der Kindheit.

Dieser Ebenenwechsel, dieses freie Fließen zwischen den Entwicklungsstufen ist der Schlüssel zum Malen bei Edwards und das kann dann später in unserem Gemalten auch dem BetrachterIn wieder sichtbar werden. Das Gemalte oder Gezeichnete spricht uns an. Wir treten in einen Dialog, die Zusammenarbeit mit dem Kunstwerk kann beginnen.

Der freie Bewegungsimpuls
Parallelen dazu finden wir im Freien Bewegungsimpuls wie wir ihn in den HKIT praktizieren. Wir navigieren den Zwischenräumen der Begegnung mit uns selbst und den anderen entlang und erschaffen so den Raum aus der Begegnung mit unserer Körperlichkeit wenn wir tanzen. Eine Technik die die Aborigines beschreiben, wenn sie singend in die Landschaft hinein fahren. Mit singen und tanzen erschaffen sie die Landschaft. Singen und Tanzen sind der Kit, der die Orte zu einer Landschaft zusammen fügt. (18)

Die psychoanalytische Wirklichkeit dieser künstlerischen Vorgehensweise finden wir in der Tabelle Wasers, wieder. Warum das nun heilend wirkt? Wer das einmal erlebt hat stellt diese Frage nicht. Das Betreten des Raumes eines Südseeinsulaners ist so überzeugend regenerierend, schon alleine die Erinnerung daran birgt Ressourcen von denen wir gerne eingeladen werden in der Malerei ebenso wie in der Musik, im Tanz, im bildnerischen Gestalten.

So eine Bewusstseinsebene zu erreichen nennen wir in den FLOW kommen. Der FLOW stellt sich aber nicht nur in künstlerischen Tätigkeiten ein, er stellt sich immer dann ein, wenn wir uns intensiv mit einer Sache beschäftigen, so dass sich eine Türe in eine andere Wirklichkeit darüber öffnen kann. Das kann genau so in den Naturwissenschaften passieren, Physik, Mathematik oder beim Schneiden eines Krautkopfs in der Küche. Ob den Rhythmus der Atem oder das Herz dazu vorgibt bleibt zu erforschen?

Im FLOW
Wie kommt der FLOW zustande? (19) Auch hier finden wir hauptsächlich kognitive Forschung, obwohl zunächst vom Strömen, Fließen und Rinnen bei Mihály Csíkszentmihályi die Rede ist, also konkretes Körpererleben. Gerade Boyesen die den Zustand des Fließens und Strömes mit der Lebensenergie nach Reich erklärt entwickelte den Begriff der Himmlischen Süße aus dem Körpererleben heraus.

Bei Mihály Csíkszentmihályi wird das Fließen, Rinnen und Strömen dann auf Deutsch zu Schaffens- bzw. Tätigkeitsrausch oder auch Funktionslust. Sehr unterschiedliche Welten tun sich da auf, andere Wirklichkeiten von Glücksforscher und Körperpsychotherapeutin.

Waser versucht dem Phänomen künstlerischen Schaffens in der Therapie durch folgende Definition nahe zu kommen: Er (der künstlerische Gestaltungsprozess) ist – wie jede gestaltete, künstlerische Ausdrucksweise – kommunikativ, ferner erlebnisorientiert und zielt auf subjektives und objektives Erkennen durch ästhetisches Handeln. (20)

Mit Worten wie erlebnisorientiert, kommunikativ und ästhetisches Handeln kommen wir dem Phänomen der anderen Wirklichkeiten und des Flows nicht nahe. Überzeugender sind da die Beschreibungen des Navigierens bei Edwards, die auf das Umschalten im künstlerischen Prozess auf die rechte Gehirnhälfte und ihre den FLOW auslösenden Funktionen hinweist. (21)

Psychoanalytisch gesehen, arbeiten bildnerisch gestaltende Therapieformen mit konkretisierten Übertragungen in den ästhetischen Gestaltungsraum. Dieser produktive Gestaltungsprozess besteht aus unbewussten, projektiv-primären und bewussten, reflexiv-sekundären Anteilen, die im Dienste individueller Entwicklung und Sozialisierung stehen, also Erkenntnisse, Strukturen und Verhalten hervorbringen, und nicht nur figurativ abbildend, reproduktiv wirken. Schottenloher (1994) spricht in diesem Zusammenhang von der „kreativen Übertragung und Gegenübertragung“. Aus konstruktivistischer Sicht generiert sich der bildnerische gestaltende Erkenntnisprozess homolog den Stufen kognitiver Entwicklung nach Piaget (1985) aus sensomotorischen, symbolbildenden und reflektiv-begrifflichen Handlungen. (22) Hervorhebungen von mir.

Ja, wir können Waser zustimmen, auch der tänzerische Prozess bringt Erkenntnisse, Strukturen und Verhalten hervor und er generiert sich homolog den Stufen kognitiver Entwicklung nach Piaget aus sensonmotorischen, symbolbildenen und reflektiv-begrifflichen Handlungenl.

Mehr noch, wir tauschen uns im Tanz aus mit den kognitiven Entwicklungsstufen und den seiner Zeit stattgefundenen Verletzungen, gespeichert im Körpergewebe und abrufbar in dem wir diese Stufen über den Körper wieder wachrufen, wie es Levine mit seiner Klientin tut. Dazu brauchen wir andere Bewußtseinsebenen, andere Wirklichkeiten.

Wir haben sozusagen im Tanz die Mailänder Scala vor uns und bewegen uns die Stufen kognitiver Entwicklung nach Piaget rauf und runter, laufen auf ihnen hin und her und überspringen sie, immer zwei auf einmal, schlagen Purzelbäume oder tanzen Samba.

Wenn es bequem sein soll legen uns auf eine der Stufen und erinnern uns, dass wir nicht nur kognitive Entwicklung sind sondern eine ganze Landschaft sich in uns entwickelt hat im Laufe unseres Lebens und das Unerwartete nicht länger Resultat einer vollkommenen Erkenntnis oder einer unzureichenden Kontrolle ist, also kognitiver Leistungen. (23)

Selbstheilungskräfte
Bei der Lektüre von Sprache ohne Worte, Peter Levine (24) war mit besonders die Eingangserzählung wichtig. Er beschreibt da einen Unfall, den er selbst erlebt hat. Wichtig bei dieser Beschreibung wird die Person, die ihn da zufällig in seinem Prozess begleitet, ich glaube eine Kinderärztin. Sie hat, was der zu erst am Unfallort ankommende Wachmann??? nicht hat.

Sie kann Zusammenarbeit. Sie geht in Verbindung mit dem traumatisierten Levine und erreicht ihn in seiner körperlichen Wirklichkeit. Gesehen werden, das hilft dem Verunfallten sein Trauma abzuschütteln und seine Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Auch in dem Buch Rosenbergs über Gewaltfreie Kommunikation (25), ganz am Schluss kommt eine Frau zur Sprache, die Großmutter Rosenbergs, die diese Gabe der Zusammenarbeit hat.

Schön, dass diese Frauen Erwähnung finden, und? Sie erreichen durch ihre Zusammenarbeit die Aktivierung der Selbstheilungskräfte und genau darum geht es im affektiv-energetischen Gestaltungsraum auf den Waser in seinem Modell neben dem kognitiv-strukturellen und semiotisch-kommunikativen Gestaltungsraum hinweist. (26 + 27)

Gerda Boysen O’ton: Wenn die Lebensenergie einmal in Fluss gekommen ist brauchst Du als TherapeutIn nichts mehr zu tun. Du kannst aufhören zu massieren, denn mehr kannst Du nicht erreichen. Der FLOW in einem Tanzritual ist nach seiner Beschreibung auch bei .Mihály Csíkszentmihályi ein energetisches Geschehen.

Wenn ich auch, die kognitiv-strukturelle Dimension nicht so überbewerten möchte sie M.C. so ist sie doch wie die semiotisch-kommunikative Dimension wichtig im Heilungsprozess, während die Ärztin neben Levin sitzt und beruhigend auf ihn einwirkt ordnet sich durch ihre Präsenz seine Wirklichkeit semiotisch kommunikativ und kognitiv strukturell soweit, dass er das im Heilungsprozess dann selber übernehmen kann. Resilienz.

Wirklichkeiten im Dialog
Der Dialog findet sich in Interventionen und Gesprächen während des Tanzrituals und hat seinen Ausgangspunkt in der Bewegung und der Körperlichkeit des Klientels und den Möglichkeiten die sich da eröffnen in der Begegnung mit eigenen Wirklichkeiten und denen der Mittanzenden, zu denen ich auch die TanztherapeutIn als Gegenüber zähle.

Nicht wie bei Waser kommen die Worte vor oder nach dem Gestaltungsprozess. Sie gehören in der Tanztherapie mitten hinein, sie werden sozusagen mit bewegt. Wir tanzen mit dem Rhythmus von Affirmationen und verbinden so die semiotisch-kommunikative Dimension mit der affektiv-energetischen und gleichzeitig auch der kognitiv strukturellen über die Stimme, das Sprechen beim Tanzen.

Rhythmus bietet Struktur, braucht Grips, der sprachliche Ausdruck wird im gesamten Bewegungsgeschehen sichtbar und wird dort korrigiert, verändert, angepasst, oszilliert im affektiv-energetischen Raum.

Diese vielfältigen Interaktionen der Tanzenden fordern zur heilsamen Zusammenarbeit auf, die in einem Tanzritual als Soziale Skulptur tradiert gelernt werden kann. Ein Komplexes Geschehen, zudem der Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Michael Giesecke sagt:

Die europäische Neuzeit hat nur monosensuelle Erkenntnis- und monomediale Kommunikationstheorien hervorgebracht und akzeptiert. Sie hat die Augen als Erkenntnis- und die Sprache als Darstellungsmedium prämiert und damit kein Instrument zur Gestaltung und zum Verständnis multimedialer und synästhetischer Ereignisse wie dem Tanz geschaffen. (28)

Psychotherapie von der Dorsch (1992) spricht, als „Behandlung mit Hilfe der zwischenmenschlichen Kommunikation“ erfährt in der Körper- und Tanztherapie HKIT eine Erweiterung in den kommunikativen Raum der Körperlichkeit und der Bewegung hinein, womit ich auch die Kommunikation im kognitiven und energetischen Feld meine. Der Ort des Geschehens ist im Tanz immer der Körper. Diese vielfältigen Zusammenhänge erklärt uns vielleicht die Gehirnforschung in Kommunikation von Viszeralpanzer, Vagusnerv und Reptiliengehirn.

Das Kleinhirn sendet im R-Modus, von dem Betty Edwards spricht, vielleicht Botenstoffe aus, die die Membranen in den Zellen durchlässig werden lassen für den freien Fluss der energetischen Flüssigkeit in unserem Körper. Der Körperflüssigkeit in und um die Zellen unseres Gewebes. Wir befinden uns im Fluss.

Blockaden können schmelzen. Blockaden in allen drei Dimensionen von denen Waser spricht. In der kognitive-strukturellen, in der affektiv-energetischen und in der semiotisch-kommunikativen Dimension . Wir wollen dabei die Zeitlichkeit, die Geschichtetheit, auf die Dörner immer wieder verweist nicht vergessen. (29)

Tänzerische Integration
Die Zusammenarbeit zu der Tanz uns auffordert macht, dass wir uns mit uns selbst und der Welt verbunden fühlen. Ein nicht zu verachtender Wohlfühlfaktor in der Körper- und Psychotherapie. Der mir leider gesamttherapeutisch viel zu wenig beachtet, ja vernachlässigt wird. Gerda Boyesen nennt ihn Das Happy Ending. Da ist kein Raum für Einsamkeit und ihre Folgen, von denen Berger im Zusammenhang mit der Marquise von Sorcy de Thélusson spricht. (30)

Hier treffen sich all die philosophischen, pädagogischen, therapeutischen und künstlerischen Überlegungen, die wir bisher angestellt haben im Körper, in diesem Gefühl der Verbundenheit von dem auch der Herzchirurg Dean Ornish spricht als Heilungsschlüssel bei Herzinfarkt. (31) Mehr geht nicht.

Ich werde zu dem Thema HKIT und Gemeinschaft einen extra Artikel schreiben, weil mir dieses Thema so sehr am Herzen liegt. Vor allem möchte ich die HKITlerinnen mit ihren Familien einmal in den Mittelpunkt stellen und die gesellschaftstragende und -erhaltende Arbeit, die von Frauen tagtäglich geleistet wird. HKIT als Familientherapie, wie tanzt sich denn das???

Die Tabelle Wasers macht deutlich, dass der Schamanismus uns entwicklungspsychologisch auf einer sehr frühen Ebenen mit der Wirklichkeit von Tieren und Pflanzen verbindet, in denen auch unsere frühen körperlichen Bewegungsentwicklungen liegen und hier treffen sich Gehirnforschung, Traumatherapie und Entwicklungspsychologie, in der Bewegung.

Der Tanz an sich, in seinem Wesen ist eine integrative und die Kommunikation auf vielfältigen Ebenen fördernde Kunstform, die uns in der Zusammenarbeit dieser Ebenen im tänzerischen Feld therapeutisch wirksame Heilungsebenen anbietet.

„Der Mensch steht der Welt nicht gegenüber, sondern ist Teil des Lebens, in dem die Strukturen, der Sinn, das Sichtbarwerden aller Dinge gründen.“ (Das Sichtbare und das Unsichtbare) (32)

Der Puma                                                                                                                Ich möchte gerne mit einer Geschichte von Felicitas D. Goodman (33) diese Überlegungen zu körperlichen und tänzerischen Zugängen in andere Wirklichkeiten in der Psychotherapie beenden mit einem Ausblick, wie es auch gehen kann. Die Geschichte geht so:
Ein junger Puelbo Indianer aus New Mexico arbeitet fünf Tage in der Woche in einem Touristcenter seines Stammes an der Highway. Die Geschichte hat Felicitas Goodman vor 20 Jahren erzählt, vielleicht arbeitet der älter gewordene junge Mann heute an der Kasse eines Kasinos seines Stammes an der vielspurig ausgebauten Highway Albuquerque – Taos?

Seine zwei freien Tage in der Woche nutzt er dafür als Puma durch die unberührte Bergwelt der Rocky Mountens zu streifen, die direkt hinter der Highway beginnt. Er lebt in zwei Wirklichkeiten. Das ist in seinem Stamm anerkannte Realität. Er ist ein Puma und ein Touristguide.

Grenzen alternativer Wirklichkeiten
Es würde unsere Psychotherapie auf den Kopf stellen, wenn wir zwei oder mehr Wirklichkeiten anerkennen könnten. Das ist gesellschaftlich auf dem historischen Hintergrund den wir haben nicht möglich. Dann wären die Hexen umsonst im Feuer verbrannt, erklärte mir ein Jurist. Wir haben eine gesellschaftliche Absprache seit der Inquisition oder noch früher. Die lautet: andere Wirklichkeiten werden nicht anerkannt. Mit fatalen Folgen, auf die uns die Crossing Cultur Forschung aufmerksam macht. (34) und (35)

AnthropologInnen wie Felicitas D. Goodman verweisen besonders im Feld der Psychose auf die Möglichkeit, dass es sich hier auch um religiös implizierte andere Wirklichkeiten handeln könnte, die keiner psychiatrischen sondern einer religiösen Intervention bedürfen sollen sie erfolgreich behandelt werden. (36)

Es kommen aber auch von AutorInnen wie der Neuseeländerin Janet Frame (37) Bedenken an der Theorie der einen Wirklichkeit. Menschen die wie sie die Wirklichkeitsebene irgendwann wieder wechseln konnten und von den Martyrien in der Psychiatrie berichten können, denen sie ausgesetzt waren, weil sie die Welt mit anderen Augen sahen und ihnen andere Wirklichkeiten zugänglich sind als die gesellschaftlich anerkannte.

Leben in einer psychiatrischen Einrichtung
… Der ewig lange Vormittag hat einen Vogel draußen auf dem Pflaumenbaum, einen Hund, der bellt, die Stimme des Bäckers, der beim Nachbarn klingelt und fragt:
„Haben Sie am Wochenende Ihr Brot bekommen?“
Und die Worte sickern durch die Stechpalmenhecke, werden dabei zerstochen, tropfen zum Küchenfenster herein, feste rote Worte, wie Stechpalmenbeeren, und sie riechen nach Brot und Schlüsselblumen und wie das Innere einer Teekanne. …

… Und immer wird es noch nicht Mittag. Die Welt ist stecken geblieben wie eine zerkratzte Grammophonplatte, die sich heiß läuft, und die Welt ist leer,
ein blau-weißer Sack, hohl, ohne Menschen darin außer Mrs. Withers und Chicks hinten in der Ecke, und der Sack füllt sich mit einem Vogel auf dem Pflaumenbaum und dem Bäcker, der fragt:
„Haben Sie am Wochenende Ihr Brot bekommen?“,
und der Uhr mit ihrem würgenden Ticken, das wie ein Bienenscharm im Sack brummt und schwirrt und niemals freigelassen wird.

Die künstlerische Freiheit
In der Kunst ist erlaubt, was sonst gesellschaftlich sanktioniert wird: Der Kontakt mit anderen Wirklichkeiten. (38) Als Schriftstellerin kann Janet Frame, kann Kate Millett (39) im künstlerischen Raum überleben. Zum Glück haben sie die Grenzen gefunden, von denen Chillida spricht: Zum Glück gibt es Grenzen in dieser Welt und ich kann Bildhauer sein. Zum Glück gibt es Grenzen in dieser Welt und die beiden können Schriftstellerinnen sein.

Millett wurde ab 1973 zweimal in den Vereinigten Staaten und im Jahr 1980 einmal in Irland gegen ihren Willen in eine psychiatrische Klinik eingewiesen; in Irland wurde sie zur Einnahme von Psychopharmaka gezwungen. Ihre Erfahrungen in diesem Zusammenhang schildert sie in The Loony Bin Trip (deutsch: Der Klapsmühlentrip). Der „Kampf, seine Autonomie gegen die Autorität der Psychiatrie und, im weiteren Sinne, gegen die autoritäre Gesellschaft im Allgemeinen zu behaupten” sei laut dem Rezensenten Thomas Steinbuch Hauptthema des Buches. (40)

Diese Schicksale zeigen, dass es nicht ungefährlich ist, sich anderen Wirklichkeiten zu nähern und die Notwendigkeit den Umgang mit anderen Wirklichkeiten in der Körper- und Psychotherapie zu trainieren, wie das in einem Heilungstanzritual in einem klar abgesteckten Rahmen nach strengen Regeln von statten geht.

Ich komme gerade aus dem Terreiro Gontois in Salvador und habe diese ritualisierte Form in Kontakt mit anderen Wirklichkeiten zu sein dort hautnah studieren können. Das braucht es um nicht zu Ertrinken in einer Landschaft, wovon auch Elfriede Jelinek als Schriftstellerin ein Lied zu singen weiß:

„Man kann nur etwas beschreiben, wenn man sich in einem gewissen Mindestabstand davon aufhält. Ist man ganz drinnen, sieht man nur das Nächstliegende, und alles verzerrt sich dadurch schrecklich, weil man glaubt das Nächstliegende ist das wichtigste, obwohl es nur zufällig so nah ist. Sieh dich also vor, damit du dich das nächste Mal nicht wieder einer Landschaft zu sehr näherst oder dich in sie begibst. Der Sog zieht dich sonst hinein und du kannst sogar ertrinken. Also: Abstand!” (41)

Künstler wissen um andere Wirklichkeiten und um die Notwendigkeit gesellschaftlicher Anpassung um zu überleben, denn auch die künstlerische Freiheit hat gesellschaftliche Schranken. Die Kunst hat die besseren Argumente als die Wissenschaft diese Wirklichkeiten sichtbar, erfaßbar, erfahrbar zu machen. (42)

In der Therapie ist es unsere Aufgabe, wenn wir mit anderen Wirklichkeiten arbeiten, die wir einbringen oder die das Klientel mit sich bringt, zu ordnen. Therapie ist für mich ein Ordnen der Landschaft eines Menschen, so dass das Klientel in dieser Landschaft gerne einen Liegestuhl und einen Sonnenschirm aufstellt und die Beine hoch legt.

Ein Bild aus einem GFK Klassenzimmer in dem die Kinder, wenn ihnen das mit dem Lernen zuviel wird sich in die Urlaubsecke zurückziehen können und in bunten Reiseprospekten mit Sonnenbrille und coolen Drinks blättern dürfen. Jedes andere Bild, das als Wohlfühlfaktor taugt kann hier eingefügt werden.

Es geht um das Fruchtbarwerdenlassen von Grenzen über das Einüben eines tänzerischen Umgangs mit Grenzen, um Ressourcen, die die anderen Wirklichkeiten körper- und psychotherapeutisch in sich bergen zugänglich werden zu lassen und nicht vor Angst zu erstarren, wenn wir anderen Wirklichkeiten begegnen, wie das in dem oben angeführten Zitat der Klientin anklingt und an mich in der tanztherapeutischen Praxis immer wieder herangetragen wird.

Die Grenzen von denen Eduardo Chillida spricht sind auch Voraussetzung für den professionellen Umgang mit Körperpsychotherapie: Zum Glück gibt es Grenzen und ich kann Tanztherapeutin sein. Was Chillida da körperlich wahrnimmt als Bildhauer ist auch in Tanz und Therapie tägliche Aufgabe und Herausforderung sollen die Grenzen offen und beweglich sein und wollen wir unser Leben kreativ gestalten, eben tanzen.

Öffnen und Schließen
Wilhelm Reich siedelt Bewegung zwischen Öffnen und Schließen an. In der Polarität der Bewegung. Da liegen unsere Grenzen im Tanz. Sie zu erforschen, auszuloten, körper- und psychotherapeutisch zugänglich und durchlässig werden zu lassen, wie die Zellmembranen von denen Gerda Boyesen spricht, damit sind wir beschäftigt in der Tanztherapie, kognitiv-strukturell, affektiv-energetisch und semiotisch-kommunikativ um nochmal an das Modell Wasers zu erinnern.

Wenn Dorsch 1992 Therapie im Sinne der Psychotherapie als „Behandlung mit Hilfe der zwischenmenschlichen Kommunikation“ definiert, dann erweitert die Tanztherapie dieses Spielfeld um beachtliche Möglichkeiten des Tänzerischen, der Kommunikation mit dem eigenen Körper und damit meine ich auch immer Kopf und Hirn, dem der Mittanzenden, dem Tanzraum, der auch Gesellschaft heißt und Europa und Welt und eben auch der Kommunikation mit der Geschichte, der Geschichtetheit des Individuums, der Gesellschaft und der Menschheit.

Kommunikation und Analyse
Kommunikation in ihren vielen Facetten von Mimik, Gestik, Körperlichkeit, Körperausdruck, Berührung, berührt werden, bewegen und bewegt werden, sehen und gesehen werden, hören und gehört werden, sprechen und …( schon wieder hören? uiiii, was ist denn da die passive Form? der Yinanteil? besprochen werden? auch komisch, da warte ich mal auf Kommentare im blog) … kann in Tanzritualen geübt werden so dass wir durch ästhetisches Handeln zu subjektivem und objektivem Erkennen kommen.

HKIT fördern also, wenn ich mit den Worten Wasers spreche, Erkenntnisse, Strukturen und Verhalten aus dem produktiven Gestaltungsprozess des Tanzens hervor, bestehend aus unbewussten, projektiv-primären und bewussten, reflexiv-sekundären Anteilen in uns, die im Dienste individueller Entwicklung und Sozialisierung stehen.

Da öffnen sich ungeahnte Wirklichkeiten in die Primärpersönlichkeit, in die Sekundärpersönlichkeit hinein, in die Kommunikation mit der Gesellschaft, mit uns selbst in die Welt der Projektionen und Reflexionen. Da werden Grenzen erfahrbar und es bedarf des Aushaltens des Offenen und keiner einseitigen Lösung, wie es Merleau-Ponty anspricht:

Ein wesentliches Beispiel für diese Ambiguität ist das der sich selbst berührenden Hände. In diesem Phänomen taucht die ambiguiöse Erfahrung auf. Da wir für uns weder reines Bewusstsein sind – denn dann würden wir uns gänzlich in unserer Fülle wahrnehmen – noch reines Ding – denn dann würden wir gänzlich in dem aufgehen, was wir sind (siehe hierzu auch Sartre) -, ist unser Sein oszillierend beides, wie die Erfahrung des „Berührens des Berührten“ zeigt. Wie ein Vexierbild sind wir in einem Zwischenreich der Bedeutung zu suchen, in der nicht die einseitige Auflösung steht, sondern das Aushalten des Offenen. Zwar umfassen wir unsere eigene Hand, erfassen sie aber nicht zur Gänze. Der Leib ist deshalb nach Merleau-Ponty ambiguiös, weil er weder ein reines Ding noch reines Bewusstsein ist. (43)

Die soziale Skulptur
Tanzrituale bieten die seltene Möglichkeit unsere verschiedenen Wirklichkeiten, Waser nennt sie Anteile, die wir in der Therapie entdecken für den Alltag einzuüben. So dass das in der Therapie Erkannte auch bestehen kann auf dem gesellschaftlichen Parkett, auf das wir nach der Therapie hoffentlich mit unseren Erkenntnissen zum Tanz zurück kehren.

Wie kann ich mich leben zusammen mit den anderen? Wie kann ich mit meinen Wirklichkeiten den Wirklichkeiten der anderen begegnen? Wie geht ein Tanz der uns gemeinsam Freude bereitet? Rosenberg spricht von dem Bedürfnis der Menschen zum gemeinsamen Wohlergehen beizutragen. Auch Rosenberg weiß um die Existenz anderer Wirklichkeiten:

Jedes Mal, wenn wir in unserem Kopf ein Urteil über andere fällen, statt in unser Herz zu gehen und die Bedürfnisse zu sehen, verringern wir die Wahrscheinlichkeit, dass andere Menschen uns gerne etwas geben. Tatsache bleibt, dass Menschen, die mit den Bedürfnissen hinter der Wut, der Frustration und der Gewalt verbunden sind, sich in eine andere Welt hineinbegeben. Sie sind in einer Welt, über die Rumi, der Sufi-Mystiker und Dichter aus dem dreizehnten Jahrhundert schreibt: “ weit jenseits aller Vorstellungen von Richtig und Falsch gibt es einen Ort: Dort treffen wir uns.“ (44)
Spannender ist das als jeder Krimi, sagte neulich eine Kursteilnehmerin zu Stefka Weiland in einer tanztherapeutischen Abendgruppe als sie, eine erfahrene HKIT-Tänzerin die verschiedenen Wirklichkeiten der alten und neu dazu gekommenen Kursteilnehmerinnen in der sich neu zusammenstellenden Abendgruppe wahr nahm. Wie tanzen sich so viele unterschiedliche Wirklichkeiten zusammen? Das ist unsere Ausgangsbasis in einem Tanzritual ob im Solo oder in der Gruppe.

Die Bedeutung, die die Gewaltfreie Kommunikation nach Rosenberg in dem letzten Jahrzehnt erlangt hat ist ein Indiz dafür, welch starkes Bedürfnis besteht friedvoll zusammen zu leben und zu lernen wie Zusammenarbeit an einem gemeinsamen Ganzen geht.

Gestalttheorie
Der Primat des Phänomenalen: Die Erlebniswelt des Menschen, wie sie sich darbietet, als einzige unmittelbar gegebene Wirklichkeit anzuerkennen und ernst zu nehmen, ist eine Grundaussage der Gestalttheorie.

Die Interaktion von Individuum und Situation im Sinne eines dynamischen Feldes bestimmt Erleben und Verhalten und nicht allein „Triebe“ oder außenliegende Kräfte oder feststehende Persönlichkeitseigenschaften. (45)

Diese Aussage der Gestalttheorie trifft auf das Tanzverständnis HKIT sowohl in der Tanztherapie als auch im Dancing Dialogue auf der Bühne:

Im Dancing Dialogue performen wir mit den realen Energien die uns auf der Bühne begegnen. Unsere eigenen, die der Mittanzenden, die des Publikums und die des Raumes der aus Berühren und Berührt werden, Sehen und Gesehen werden entsteht. Kein fake, sondern unmittelbare Ereignissen, reale Handlungen, physischen Energien werden unmittelbar zur Anwesenheit gebracht. G.F.

„Dancing Dialogue® ist das Ergebnis der Empfänglichkeit des Körpers. Der Körper öffnet sich dem Atem, der Atem öffnet die Stimme, die Stimme lockt die Bewegung. Die Bewegung öffnet sich der Erde, das Herz neigt sich zu Boden. Alles entsteht im Empfangen. Wenn der Tanz nicht bloße Kopie ist, sondern das Ergebnis dieses Dialogs von Innen- und Außenräumen, dann erklingt das Getanzte. Ein Resonanzraum entsteht und lädt uns ein zum Spiel zwischen den Welten und zur Zusammenarbeit mit den ZuschauerInnen.“ G.F.

Schluss
Hier wird noch einmal deutlich, dass Tanztherapie nicht da aufhört wo Psychotherapie aufhören muss. Der tanztherapeutische Raum öffnet sich in den Alltag der Tanzenden hinein und bewegt sich dort weiter im angewandten Tanz. Diesen Ansprüchen muss Tanztherapie gerecht werden und dazu gehört der Umgang mit den verschiedenen Wirklichkeiten die zu der Landschaft des Klientels gehören. (46)

Die Tanzrituale, Körperübungen, Massagen und therapeutischen Methoden die sich bis heute mit den HKIT entwickeln konnten sind die Flüsse, Seen, Städte, Dörfer, Berge und Täler, Höhlen und Höhen, Ozeane und Himmel der HKIT. Sie laden ein sich in Wirklichkeiten von Bewegung zu beheimaten.

Der Fluss, weniger als zwanzig Meter breit, ist voller Strudel und fließt schnell, im Sonnenlicht wirkt er metallisch. Wie ein Hund zerrt er an deiner Imagination und will, dass du ihn mit auf einen Spaziergang nimmst. (47)

Und schließlich liebe ich die Einladung der Landschaft, wohin immer sie mich auch führen mag. (48)

Die Größe und das Gefieder der Vögel variieren, aber alle zeigen einen Schimmer von bläulichem Schiefer, und in diesem Schillern liegt etwas vom Himmel über Krakau. Die Tauben wirken, als hätte man ein Stück Himmel auf der Erde abgestellt. (49)

Die Landschaft der HKIT ist eine historisch und gesellschaftlich gewachsene, darüber können wir nicht hinwegsehen, auch dass es Frauen sind, die das Tanzwissen weitertragen in seiner heilsamen Wirkung und Männer sich in unserer Gesellschaft vom Tanzen abgewandt haben, und dass das nicht immer so war belegen viele Beispiele aus der Vergangenheit.
Literatur u. Ä.

(1) Peter Levine, Sprache ohne Worte, Kösel, 2011

(2) http://www.ringelnatter-info.de/lebensweise.html

(3) Über den Körper die Seele heilen, Gerda Boyesen, Kösel 1994

(4) Tabelle Waser
Kann Kunst den therapeutischen Prozess beeinflussen? Der Beitrag der bildenden Kunst zu bildnerisch gestaltenden Therapieformen (Gottfried Waser) aus Kunst und Psyche, Thomashoff u.a., Schattauer, 1998, Seite 133

Bildnerisches Gestalten als Therapie
Therapie im Sinne der Psychotherapie wird von Dorsch (1992) als „Behandlung mit Hilfe der zwischenmenschlichen Kommunikation“ definiert. In gestaltenden Therapieformen ist der bildnerische Gestaltungsprozess, der vor und neben den Worten entsteht, in zentraler Weise daran beteiligt. Er ist – wie jede gestaltete, künstlerische Ausdrucksweise – kommunikativ, ferner erlebnisorientiert und zielt auf subjektives und objektives Erkennen durch ästhetisches Handeln. Tabelle nach Waser 1990

Leider lässt sich die Tabelle hier nicht darstellen, deshalb eine Beschreibung:

Vom symbiotischen Erleben der Welt zum Subjekt-Objekt-Erleben: Symbiose steht unten in der Mitte der Tabelle, Subjekt – Objekt oben.

Dazwischen gliedert sich der Raum horizontal in drei Ebenen, von unten nach oben: sensomotorisch-magischer Raum, symbolisch-animistischer Raum und mental-beseelter Raum.

Senkrecht gliedern sich diese horizonatlen Ebenen von links nach rechts in: 1. Strukturelle Dimension: formale Intelligenz, 2. Energetische Dimension: Fühlen, 3. Kommunikative Dimension: Zeichen, Sprache. Das steht unter Subjekt – Objekt

Darunter kommt der mental beseelte Raum mit den drei Dimensionen von links nach rechts: Vorstellungsintelligenz, empfindungsmäßiges Fühlen und Symbole, Worte

Die mittlere horizontale Ebene, der symbolisch animistische Raum gliedert sich von links nach rechts in die Dimensionen: praktische  Intelligenz,  impulsives Empfingen, Impulse und Anzeichen

Die untere horizontale Ebene über Symbiose, der sensomotorisch-magische Raum gliedert sich in praktische Intelligenz, impulsives Empfinden, Impulse  und in der 3. Dimenson in Anzeichen

Pfeile sind von der Symbiose zur Subjekt – Objekt Ebene hin hierarchisch von unten nach oben gezogen. Also unten steht die Symbiose und das sensomotorisch-magische Erleben, oben der mental-beseelte Raum.

Jetzt fehlen noch die Pfeile in der Darstellung. Von der Symbiose ausgehend die drei Blöcke, strukturelle, energetische und kommunikative Dimension hinauf zu Subjekt und Objekt sind Pfeile gezogen die auf Subjekt und Objekt weisen.

Psychoanalytisch gesehen, arbeiten bildnerisch gestaltende Therapieformen mit konkretisierten Übertragungen in den ästhetischen Gestaltungsraum. Dieser produktive Gestaltungsprozess besteht aus unbewussten, projektiv-primären und bewussten, reflexiv-sekundären Anteilen, die im Dienste individueller Entwicklung und Sozialisierung stehen, also Erkenntnisse, Strukturen und Verhalten hervorbringen, und nicht nur figurativ abbildend, reproduktiv wirken. Schottenloher (1994) spricht in diesem Zusammenhang von der „kreativen Übertragung und Gegenübertragung“. Aus konstruktivistischer Sicht generiert sich der bildnerische gestaltende Erkenntnisprozess homolog den Stufen kognitiver Entwicklung nach Piaget (1985) aus sensomotorischen, symbolbildenden und reflektiv-begrifflichen Handlungen.
Waser (1990) baut darauf sein Modell mit den drei sich auseinander entwickelnden Gestaltungsräumen auf und definiert sie durch die kognitiv-strukturelle, die affektiv-energetische und die semiotisch-kommunikative Dimension.
(5) John Berger, Gegen die Abwertung der Welt, Schritte zu einer kleinen Theorie der Sichtbarkeit, Hanser 2003, S 21ff

Hat man das Prinzip dieser Zusammenarbeit einmal verstanden, wird es zum Prüfstein, um Werke, ganz abgesehen von ihrem Stil und der Freiheit ihrer Farbgebung, zu beurteilen. Oder eher (denn Urteilen hat wenig mit Kunst zu tun): wir finden hier einen Hinweis, um besser zu verstehen, warum uns Gemälde so sehr bewegen.

Immer wieder malte Rubens seine Geliebte Hélène Fournet. Manchmal arbeitete sie mit, manchmal nicht. Wenn sie es nicht tat, blieb sie ein gemaltes Ideal; aber wenn sie mitarbeitete, dann warten auch wir auf sie.

Morandi malte 1949 einen Strauß Rosen, auf dem die Blumen wie Katzen lauern, in sein Blickfeld zu gelangen. (Das ist sehr selten, denn die meisten Blumenstillleben bleiben reine Schaustücke). Und da ist das Bildnis eines Mannes, vor zweitausend Jahren auf Holz gemalt, dessen Mitwirkung wir noch heute spüren. Es gibt von Velàzquez gemalte Zwerge, Hunde von Tizian, Häuser von Vermeer, in denen wir die Energie, den Willen, betrachtet zu werden, spüren.

(6) Merleau-Ponty, wikipedia

(7) Klaus Dörner, Freispruch der Familie, Psychiatrie Verlag 2001
„Der Dialog des Menschen mit seiner Landschaft ist die Realität, hinter die nicht zurückgegangen werden kann, was offen dafür macht, das Unerwartete nicht länger zum Resultat einer vollkommenen Erkenntnis oder einer unzureichenden Kontrolle zu machen, wobei die Zeitlichkeit, die Geschichte, das Werden der Landschaft die Grundlage für deren Räumlichkeit und Sprachlichkeit ist.“

(8) Merleau-Ponty im Ausstellungskatalog ELKARTU, Museum Schloss Moyland, 2001

(9) sieheTabelle Waser (4)

(10) Ariane Mnouchkine mit Leib und Seele. Das Abenteuer „Théâtre du Soleil“. Dokumentation, Frankreich, 2008, 74 Min., Regie: Catherine Vilpoux, Produktion: arte France, deutsche Erstausstrahlung: 26. November 2009, Inhaltsangabe von arte

(11) Froschkönig in 13. Januar 2015, https://ressourcetanz.wordpress.com/2015/01/

(12) Joseph Beuys, Coyote … http://www.youtube.com/watch?v=bS3XI-BnuZc

(13) sieheTabelle Waser (4)

(14) Betty Edwards, Garantiert Zeichnen lernen, Rowohlt 2000

(15) Merleau-Ponty, wikipedia
(16) John Berger, Hier, wo wir uns begegnen, München 2006
S 129 …Was der Fels ihm erzählte, war, dass die Tiere – wie alles, das existierte – im Inneren des Felsens lebten und dass er sie mit der roten Farbe auf seinem Finger dazu überreden konnte, an die Oberfläche zu treten, ganz dicht an die äußere Membran, sich an ihr zu reiben und ihren Geruch dort zu hinterlassen.

S 132 … Während ich zeichne, frage ich mich, ob meine Hand, indem sie dem Rhythmus des Rentiertanzes gehorcht, nicht auch mit der Hand tanzt, die ihn als erste gezeichnet hat.
(17) Betty Edwards, Garantiert Zeichnen lernen, Rowohlt 2000
(Rechte Gehirnhälfte – ganzheitlich, gestalterisch, nonverbal, synthetisch, linke Gehirnhälfte – verbal, logisch, analytisch). siehe hierzu auch blog 30. Dez. 2014, Therapie und Kunst – Der künstlerische Ansatz in den HKIT Teil I
https://ressourcetanz.wordpress.com/2014/12/

(18) The Native Born, Ausstellungskatalog 2001, S 62.
Der Sänger, Joe Djembungu, Nordaustralien beim Betrachten der Bilder einer Ausstellung von australischen Künstlern: Ich bin ein Sänger, ich sehe das Gemälde im Singen und Tanzen. Der Autor des Ausstellungskatalogs ergänzt das Interview: Man muss über das Singen oder Tanzen genau so viel wissen wie über das Malen. Wenn Gemälde Landschaften sind – Orte in Beziehung zu einander -, dann sind Tanz und Lied der „Klebstoff“, der diese Orte zusammenhält.
(19) Flow (engl. „Fließen, Rinnen, Strömen“) bezeichnet das als beglückend erlebte Gefühl eines mentalen Zustandes völliger Vertiefung (Konzentration) und restlosen Aufgehens in einer Tätigkeit (Absorption), die wie von selbst vor sich geht – auf Deutsch in etwa Schaffens- bzw. Tätigkeitsrausch oder auch Funktionslust. Der Glücksforscher Mihály Csíkszentmihályi gilt als Schöpfer der Flow-Theorie, die er aus der Beobachtung verschiedener Lebensbereiche, u.a. von Chirurgen und Extremsportlern, entwickelte und in zahlreichen Beiträgen veröffentlichte. Heute wird seine Theorie auch für rein geistige Aktivitäten in Anspruch genommen. Quelle wiki

(20) sieheTabelle Waser (4)

(21) Betty Edwards siehe dazu (17)

(22) sieheTabelle Waser (4)

(23) siehe (7)

(24) siehe (1)

(25) Marshall Rosenberg, Gewaltfreie Kommunikation, Junfermann, 8. veränd. Auflage 2009 … auch Rosenberg macht uns mit seiner Arbeit auf andere Wirklichkeiten aufmerksam mit Buchtiteln wie:
Das Herz gesellschaftlicher Veränderung. Wie Sie Ihre Welt entscheidend umgestalten können. oder Erziehung, die das Leben bereichert. Gewaltfreie Kommunikation im Schulalltag. oder Die Sprache des Friedens sprechen. oder Was deine Wut dir sagen will: überraschende Einsichten.

(26) Die andere Wirklichkeit in der Kunst, Vortrag von G.F. gehalten am 1. April 2006, Inzmühlen anlässlich der gleichnamigen Veranstaltung im Rahmen der Tanzwerkstatt Inzmühlen, unveröffentlichterArtikel G.F.

(27) Sehen und Gesehen werden, Artikel von G.F. zur Bewegungsanalyse HKIT, Unterrichtsmaterial HKIT-Sup 2014, unveröffentlicht

(28) Michael Giesecke, mündlich

(29) Dörner siehe (7)

(30) John Berger, Gegen die Abwertung der Welt, Eine kleine Theorie der Sichtbarkeit, S 23 ff, Hanser , 2003
„Die Marquise von Sorcy de Thélusson,1790 von David gemalt, schaut mich an. Wer hätte zu ihrer Zeit die Einsamkeit ahnen können, in der die Menschen heute leben? Die Einsamkeit, die täglich von einem Netzwerk aus körperlosen und falschen Bildern verstärkt wird. Doch deren Falsch-sein ist kein Irrtum. Wenn man in der Jagd nach Profit das einzige Mittel zur Rettung der Menschheit sieht, wird Umsatz um jeden Preis zum obersten Gesetz, und konsequenterweise muss man sich über das Existierende hinwegsetzen, es nicht beachten, es unterdrücken. Versucht man heute das Existierende zu Malen, dann ist das ein Akt des Widerstands, der Hoffnung entfacht.“

(31) Dean Ornish, Heilen mit Liebe, Mosaik, 1999

(32) Merleau-Ponty, wikipedia

(33) Felicitas D. Goodman, mündlich

(34) Hubert Fichte, CD, Gott ist ein Mathematiker, Annäherung an die traditionelle Psychiatrie in Togo, Köln 2000

(35) Stimmen im Kopf, aggressiv in den USA, göttlich in Afrika
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/schizophrenie-stimmen-im-kopf-unterscheiden-sich-zwischen-kulturen-a-982482.html

(36) Felicitas D. Goodman, Anneliese Michel und ihre Dämonen: Der Fall Klingenberg in wissenschaftlicher Sicht, 2006

(37) Janet Frame, „Wenn Eulen schrein“, C.H. Beck Verlag, München 2012, S 36

(38) Sibylle Duda, Luise F. Pusch (Hrsg.): WahnsinnsFrauen., Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1999
Es gibt in der Zwischenzeit mehrere Bände der Sprachwissenschaftlerinnen zu diesem Thema, die deutlich machen, dass es sich hier auch um ein gesamtgesellschaftliches Frauenthema in der Psychiatrie handelt

(39) Kate Millett, Der Klapsmühlentrip, Kiepenheuer und Witsch, 1990

(40) Kate Millett, wikipedia

(41) Elfriede Jelinek, in einem Theaterprogramm des Thaliatheaters HH,

(42) Ich mache gerne auf das Haus der Künstler in Gugging aufmerksam, ein Projekt, das Psychiatriepatienten in ihren künstlerischen Fähigkeiten, Art Brut, fördert und weltweit Berühmtheit erlangt hat. Kunst allein heilt nicht, da stimme ich dem Leiter des Projekts aus meinen Tanzerfahrungen zu, da braucht es mehr, aber Kunst braucht es auf jeden Fall als Raum für andere Wirklichkeiten.

(43) Merleau-Ponty, wikipedia

(44) Marshall Rosenberg, Gewaltfreie Kommunikation, Junfermann, 2006, S. 84 und Rosenberg, 2009, S 13 „Es ist ein Senden und empfangen von Botschaften, die sich um zwei sehr wichtige Fragen drehen; was ist in uns lebendig? Und: Was können wir tun, um das Leben noch schöner zu machen?

(45) Gestalttheorie, wikipedia

(46) Klaus Dörner siehe (7)

(47)Hier, wo wir uns begegnen, John Berger, Hanser München, 2006, S.124

(48) ebenda S. 163

(49) ebenda S. 96

Besten Dank der Redaktion D unter Leitung von Renate Barbara Balzer für die Zusammenarbeit und Brunhilde Klauter für die märchenhafte Unterstützung bei Frau Holle.

Bewegungsstudien

22 Donnerstag Jan 2015

Posted by Gabriele Fischer in Bewegungsstudien, Dancing Dialogue, HKITgoesbrasil

≈ Hinterlasse einen Kommentar

Schlagwörter

Fußballjugend

Hier ein paar Bewegungsstudien vor meinem Schreibplatz, immer wieder sonntags traniert hier die örtliche Fußballjugend mit zwei Trainern, der Torwart ist schon manchmal in der Pfütze hinterm Tor zu finden, während das Spiel in vollem Gange ist und auch während dem Ball nachgerast wird kann man sich schnell mal in den Sand legen und relaxen. Am Schluss rennen alle ins Meer. Sie spielen wirklich 90 Minuten mit den Trainern zusammen in voller Hitze, was für eine Leistung.

Da wir danke Elke Wagner nun einen Header haben der sich bewegt fühle ich mich angeregt mehr Bewegungsbilder in den Blog zu stellen. Leider ist meine Kamera verschwunden, ich greife also auf Archivmaterial zurück. Doch jetzt erst mal die Fotos vom letzten Sonntag. Gamboa, Tinharé, Bahia, Brasil – die zukünftigen Weltmeister.

DSC05742

Kleine Erfrischung für den Torwart zwischendurchDSC05724

Man ruht sich gerne mal zwischendrin aus, wenn die anderen den Ball holen

DSC05718

Die Schönheiten im Hintergrund ahnen nicht, wie unangenehm so ein Ball sein kann, aber wer sich aufs Fußbaldfeld zum Sonnenlegt …

DSC05747

Links die beiden Männer untereinander sind die Trainer, hier eine beliebte Torhaltung

DSC05729

Der Ball ist in die brühwarme Pfütze hinterm Tor gefallen und der Nachwuchs hat ein neues Badebecken für sich entdeckt, zum Entsetzen der Mütter DSC05754

Abpfiff und alle rennen ins Meer

DSC05761

Hier geht es ja dann weiter mit dem Spiel

Therapie und andere Wirklichkeiten in den HKIT, Teil III

21 Mittwoch Jan 2015

Posted by Gabriele Fischer in 3. Philosophische Wirklichkeiten, Therapie und andere Wirklichkeiten in den HKIT, Was zeichnet die HKIT als Tanz- und Körperpsychotherapie aus?

≈ Ein Kommentar

Schlagwörter

Auf den Spuren der Phänomenologie, Existenzialismus

1. Märchenhafte Wirklichkeiten
2. Feminine Wirklichkeiten

3. Philosophische Wirklichkeiten

„Die Weite meines Umfangens von Raum und Zeit ist das Maß der Weite meiner Existenz.” Merleau-Ponty (1)

Auf den Spuren der Phänomenologie
Ich bin am Niederrhein, Kleve, die Stadt Lohengrins und Elsa von Brabants: Nie sollst Du mich befragen, lässt sie Richard Wagner singen und der Schwan zieht in einem Seitenarm des Rheins gen Kleve. Ich bekomme auch tatsächlich einen Schwan, aufblasbar für den Swimmingpool, von den Tagungshausbesitzerinnen des Berkhöfel in Bedburg Hau geschenkt. Hier habe ich einige Jahre mit den HKIT Ausbildungsgruppen gearbeitet.

Fußläufig liegt das Wasserschloss Moyland und gerne besuche ich in meiner freien Zeit zwischen den Ausbildungsgruppen die Ausstellungen des für seine bedeutende Beuyssammlung berühmten Schlosses. Joseph Beuys stammt vom Niederrhein. Bei einer Ausstellung mit Werken von Eduardo Chillida, entdecke ich folgendes Zitat:

„In den meisten meiner Werke findet sich ein gemeinsames Problem: das des inneren Raumes als Folge und als Ursprung des äußeren Raumes. Um den inneren Raum zu umschreiben, ist es notwendig, ihn zu umhüllen und so wird er für den Betrachter, der draußen steht, auch umfaßbar (erfaßbar).“(2)

Dieses und noch einige andere Zitate des Bildhauers führen zu intensiven Auseinandersetzungen und großen Bewegungen in der Dancing Dialogue Compagnie. Wir performen mit den Zitaten Chillidas als Bühnentexte am 5. Oktober 2002 im nahegelegenen Rheinischen Landesmuseum, Bedburg Hau, Artoll. Ein Backsteinbau wie ich ihn aus Winnenden kenne und im Text weiter oben als psychiatrischer Raum erwähne. Am 6. Oktober 2002 performen wir im Tagungszentrum Berkhöfel.

Es geht um ein tänzerisches Forschungsprojekt zum Verhältnis von Raum, Zeit und Materie unter dem obigen Zitat von Merleau-Ponty : „Die Weite meines Umfangens von Raum und Zeit ist das Maß der Weiter meiner Existenz.“

Bei Merleau-Ponty wird die Nähe zum Tanz spürbar und greifbar. Er wird zu den Phänomenologen gezählt. Es besteht eine enge Verbindung zu den Existenzialisten, Sartre und Beauvoir und noch zu einer interessanten philosophischen Richtung, der Gestalttheorie, der Hintergrund, der Gestaltarbeit. Ich lasse das mal so als Anregung für weitere Internetrecherchen stehen.

Wir waren bei Maurice Merleau-Ponty, dem Philosophen im Zusammenhang mit dem Bildhauerischen Werk Chillidas stehen geblieben, der am Ende seines Lebens an Parkinson leidend wieder und immer wieder seine Hände malte. Ein heilsames künstlerisches Tun, das Chillida immer wieder in Kontakt mit seinem Körper brachte, den er allmählich zu verlieren begann.

Damit bewegte er die Theorie Merleau-Pontys auf sehr beeindruckende Weise nicht nur auf dem Papier sondern in seinem Körper. Die gezeichneten Hände sprechen davon: in der gemeinsamen Berühungslinie der Finger, sichtbare Nähe. Das Nagelbett in dem der Nagel ruht, aus dem er wächst. Lebendigkeit. Berühren und berührt werden.

Auch die Lura genannten Steinzeugarbeiten von Chillida, die ich im Schloss Moyland sehen konnten haben mich sehr beeindruckt zum Thema Innenraum und Außenraum. Ihre grobe Schamottierung, ihr verborgenes Geheimnis, das umhüllende Außen.

In Ton gebrannte Philosophie, verkörperlicht, Körper in ihrer philosophischen Dimension. Bis heute ist die Begegnung von Innen- und Außenraum ein überaus wichtiges tänzerisches und therapeutisches Thema in den HKIT in dem sich Dancing Dialogue oszillierend weiterentwickelt.

Wie bedingen sich Innen- und Außenraum und welcher Tanz entsteht daraus und welches Heilungspotenzial liegt darin? Da öffnet sich das tänzerische Tor in andere Wirklichkeiten. Offensichtlich haben Kunst und Philosophie das Handwerkszeug diese Wirklichkeiten sichtbar, erfaßbar, erfahrbar zu machen. Sie müssen sie nicht abwerten sondern spielen mit ihnen. Lassen wir Merleau-Ponty noch einmal zu Wort kommen.

Damit stellt Merleau-Ponty die Alltagsüberzeugung auf den Kopf, die den eigenen Leib als Teil des Raumes wahrnimmt. Dem stellt er jedoch entgegen, dass, wenn dem so wäre, wir einen abstrakten, kognitiven Zugang zur Welt haben müssten – dem widersprechen aber die phänomenologischen Analysen. Im Gegenteil: der Raum, der uns umgibt, scheint vielmehr Folge unserer ursprünglichen leiblichen Verankerung in der Welt zu sein. Weil wir Leib sind, haben wir Raum. (3)

Weil wir Leib sind haben wir Raum, das ist HKIT Erfahrungswelt und spiegelt sich in unserm Herangehen an den Tanz über die Leiberfahrung in der Körperarbeit. Wir können uns nicht in unserer gesamten Fülle wahrnehmen noch können wir ganz in dem aufgehen, was wir sind. Das sind tänzerische Grunderfahrungen, die Merleau-Ponty weiter unten formuliert, die uns tanzen lassen. Bewegung lebt von Gegensätzen, dazwischen tanzen wir. ( Das Wort Ambiguität könnten wir mit Widersprüchlichkeit übersetzen):

Ein wesentliches Beispiel für diese Ambiguität ist das der sich selbstberührenden Hände. In diesem Phänomen taucht die ambiguiöse Erfahrung auf. Da wir für uns weder reines Bewusstsein sind – denn dann würden wir uns gänzlich in unserer Fülle wahrnehmen – noch reines Ding – denn dann würden wir gänzlich in dem aufgehen, was wir sind (siehe hierzu auch Sartre) -, ist unser Sein oszillierend beides, wie die Erfahrung des „Berührens des Berührten“ zeigt. Wie ein Vexierbild sind wir in einem Zwischenreich der Bedeutung zu suchen, in der nicht die einseitige Auflösung steht, sondern das Aushalten des Offenen. Zwar umfassen wir unsere eigene Hand, erfassen sie aber nicht zur Gänze. Der Leib ist deshalb nach Merleau-Ponty ambiguiös, weil er weder ein reines Ding noch reines Bewusstsein ist. (Hervorhebung durch mich)(4)

Das Zwischenreich eines Vexierbildes, von dem Merleau-Ponty spricht, da finden wir die andere Wirklichkeit. Wir finden es im Berühren und Berührt werden in den Händen Chillidas, sie sprechen von dieser Leiberfahrung, von der auch John Berger spricht, wenn er die Rentiere in der Höhle der Ardeché nachzeichnet und dabei spürt, wer sie vor ihm gemalt hat:

Was der Fels ihm erzählte, war, dass die Tiere – wie alles, das existierte – im Inneren des Felsens lebten und dass er sie mit der roten Farbe auf seinem Finger dazu überreden konnte, an die Oberfläche zu treten, ganz dicht an die äußere Membran, sich an ihr zu reiben und ihren Geruch dort zu hinterlassen.(5)

Während ich zeichne, frage ich mich, ob meine Hand, indem sie dem Rhythmus des Rentiertanzes gehorcht, nicht auch mit der Hand tanzt, die ihn als erste gezeichnet hat.(6)

Das Tanzverständnis der HKIT und die Erfahrungen von anderen Wirklichkeiten im Tanz finden hier eine philosophische Resonanz. Tanzen als berühren und berührt werden, da werden die Zwischenräume bedeutsam, die Grenzen und wie sie sich anfühlen. Eduardo Chillida sagt : Zum Glück gibt es Grenzen in dieser Welt und ich kann Bildhauer sein.(7)

Diese Erfahrung von Grenze, Chillida spricht vom Geräusch der Grenze, gehört zum täglich Brot der HKIT. Begegnen wir unserem Körper, bewegen wir uns, öffnen sich Räume und stoßen wir an Grenzen. Zum Glück gibt es Grenzen und wir können die Erfahrung von Grenze machen, können an Grenzen entlang tanzen, können fühlen, wie sich Grenze anspürt. Erstarrung oder Flexibilität. Durchlässigkeit von Membranen oder Blockade von Gewebe.

Flüssigkeiten, Bewegungen, Polaritäten. Davonlaufen, überlaufen, auslaufen, verlaufen, zusammenlaufen, beiläufig, Zeitläufe. Bewegungen entstehen an Grenzen. Bewegungen gehen gegen Grenzen auf Barrikaden. Bewegungen vermögen neue Räume zu öffnen innerhalb und außerhalb der Grenzen. Innen und Außen. Zum Glück gibt es Grenzen und wir können tanzen.

Da öffnet Merleau-Ponty mit seinen Überlegungen einen bedeutenden Raum für Tanz und Therapie und hier begegnen wir auch der Offenheit zu der Klaus Dörner rät, im theoretischen Kontext der Philosophie. Offenheit ist die Voraussetzung für den Dialog zwischen Psychologie und Körperarbeit, zwischen Kunst und Therapie, zwischen Klientel und TherapeutIn, zwischen Tanzenden der HKIT. Ohne das Aushalten der Offenheit keine Nähe und Verbundenheit aber auch keine Grenze und keine Erfahrung von Zwischenräumen, von Dazwischen. Das Aushalten des Offenen will gelernt sein.

Weiter geht es bei Merleau-Ponty zum Sehen, zu dem, was wir Wahrnehmen und da treffen wir auf das Geheimnis der anderen Wirklichkeiten im Tanz:
Das Sein zeigt sich nicht in seiner Fülle, es entzieht sich völliger Transparenz … . Die Grenzen der Wahrnehmung werden verdeutlicht an der Korrespondenz zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem. Das Unsichtbare ist nicht ein Noch-nicht-gesehen-Sein, sondern eine grundsätzliche Verborgenheit (siehe auch Heidegger und dessen Begriff der „aletheia“), die im Sehen selbst gegründet ist (Perspektivität).
Der Leib ist immer schon Teil der sichtbaren Welt – zugleich ist die Welt immer schon durch den Leib erfahren. Merleau-Ponty bringt in diesem Zusammenhang immer wieder das Beispiel der linken Hand, die die rechte berührt. In dem Moment des Berührens ist das Spüren der Hand ein Innen und Außen zugleich – sie offenbart sich als gleichzeitig der Welt zugehörig (da von außen berührbar und sichtbar) sowie von innen spürbar. (8)

Mit dieser grundsätzlichen Verborgenheit gilt es als Körper- und Psychotherapeutin zu arbeiten und sie zu achten, vor allem, wenn es ums Sehen und Gesehen werden im Tanz geht zeigen sich da für mich als Zeugin eines Tanzes, den ich in der Tanztherapie sehe oder auch in den alltäglichen Bewegungen einer Person wahrnehme, die Grenzen meiner Wahrnehmung die im Sehen selbst begründet sind. Sie relativieren mich.

So arrangieren wir in Dancing Dialogue unsere Performances so, dass das Publikum über das Gesehene mit uns Tänzerinnen in Korrespondenz tritt. Erst dann wird der Tanz für uns ein Ganzes, wenn der Dialog im Sehen einen Austausch gefunden hat zwischen Sehen und Gesehen werden. Diese Vorgehensweise zeigt uns immer wieder, wie subjektiv die Wahrnehmung einer Performance ist und dass sie in ihrer Subjektivität heilsame Erfahrungen birgt und im Austausch mit den anderen dann einen Zuwachs, eine Erweiterung erlebt, die wiederum als überaus heilsam empfunden werden kann.

Die Auseinandersetzung Merleau-Pontys mit dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren lässt mich an ein Tagebuch denken, das ich vor Jahren mit einem glänzenden pink-lilafarbenen Überzug versehen habe, der heute noch aus meinem Bücherregal sticht. Mit einem dicken schwarzen Filzer steht darauf: Das Sichtbare braucht das Unsichtbare um von ihm aus erkannt zu werden. Ingeborg Bachmann.(9) Aha, denke, ich auch die Bachmann kannte ihren Merleau-Ponty.

Den Gegenpol vom Sehen, das Gesehen werden und die darin liegende Zusammenarbeit des Malers mit seinem Modell wird in dem Stillleben Morandis greifbar, über das John Berger sagt:

Morandi malte 1949 einen Strauß Rosen, auf dem die Blumen wie Katzen lauern, in sein Blickfeld zu gelangen. (Das ist sehr selten, denn die meisten Blumenstillleben bleiben reine Schaustücke). (10)

Diese Zusammenarbeit kann im Tanz zur Sozialen Plastik werden, von der Beuys spricht, zum heilsamen Tanz mit anderen Wirklichkeiten.

Der Existenzialismus
Simone de Beauvoir brachte ihr Das andere Geschlecht, 1951 auf den deutschen Markt, diese Zeit war geprägt vom Existenzialismus. Zur Erheiterung und zur Erinnerung dieser Zeit ein link zu den Missfits, die in schwarzen Rollkragenpullis von Maisgitanes auf Barhokern schwärmen und einschlägige Songs zum Besten geben, die die Populärversion des Existenzialismus widerspiegeln. Viel Vergnügen:(11)

Das war jetzt die Einführung in den Existenzialismus, wichtige Vertreter Simone de Beauvoir und Paul Sartre, der ein Großneffe, wenn ich richtig gerechnet habe, von Albert Schweizer war.(12) Doch erst mal zu Beauvoir, die als das andere Geschlecht ja gerne nachgestellt wird aber als Vordenkerin des Existenzialismus gilt und was sie mir sympathisch macht, sie hat den Existenzialismus nicht nur gedacht sondern in angewandt, eine Transferleistung, in ihrer Literatur. Vielleicht ist es eine feminine Wirklichkeit nicht in der Theorie hängen zu bleiben?

… dass de Beauvoir den Sartreschen Existentialismus vorausgedacht hat, nur eben nicht abstrakt, sondern eingebunden in Literatur. Als einer der Belege für diese These gilt die folgende Eingangsszene des Romans Sie kam und blieb: „Ich bin da, mein Herz schlägt.“(13)

Da ist dann diese eindrückliche Parallele zum Fallbeispiel Froschkönig in dem vorausgegangenen bolgtext. ( 14) Die Klientin sieht im Tanz mit den Tieren aus ihrem Traum die ekelige Kröte im Tiertanz da sitzen und der Puls pocht am Hals der Kröte . Das genügt im Tanz. Die Klientin spürt ihre Existenz in diesem Pulsieren und spürt, dass sie nicht ihre Mutter ist und ihr andere Möglichkeiten zur Verfügung stehen ihr Leben zu leben.

Die Symbiose löst sich auf. Die Klientin kann sich im Pulsschlag der Kröte getrennt von der Mutter spüren. Ich bin da, mein Herz schlägt. Die Grenze ermöglicht die Existenz. Zwei Wirklichkeiten, die der Tochter und die der Mutter. Eine existenzielle Erfahrung im Tiertanz.

War es diese Erklärung, nach der die Klientin fragte, als sie nach Erklärungsmodellen für den Schamanismus fragte? Jedenfalls für mich als Therapeutin sind solche Fragen Auftrag und wie ein Rätsel, das ich mich gerne auf den Weg mache zu lösen.

Hier ist ein Erklärungsmodell das altes Heilwissen im Tiertanz verbindet mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die Betonung liegt auf ein, denn das haben wir ja jetzt bei Merleau-Ponty gelernt, das Sein ist oszillierend und bietet folglich nicht eine Lösung sondern einen Regenbogen an als Antwort auf unsere Fragen, abhängig wieviel Offenheit wir bereit sind auszuhalten.

Doch weiter auf der Suche nach den anderen Wirklichkeiten im Tanz zu Paul Sartre. Diese Zitate finde ich so genial, dass mir das Herz hüpft im Lesen:

Der Mensch versteht sich selbst nur im Erleben seiner selbst.(15)

Diese Aussage Sartres ist das, was wir in HKIT machen, in Reinform, das ist AATINI (16). Wir setzen uns zusammen, atmen, bewegen uns und schauen, was wir dabei mit uns erleben. Dann reden wir darüber, was wir erlebt haben und was wir brauchen bei diesem Treffen. Wir erleben uns selbst in der Körperarbeit. Wir teilen das Erlebte und bewegen uns damit weiter in gemeinsame Tanzräume. Das kommt bei Sartre nicht vor, die Zusammenarbeit, ich stelle sie also mal hintan und wir lesen weiter:

In Begriffen wie Geworfenheit, Selbstentwurf, Freiheit und Selbstbestimmung zeigt sich die Zentrierung des Existentialismus auf das Problem der Befreiung des Menschen zu seinen eigenen Möglichkeiten hin. (17)

Da wird es spannend, wie tanzt sich Freiheit und Selbstbestimmung im Kontext der Gruppe? Doch für Sartre denke ich da zu angewandt, er ist noch beim Einzelnen der auf sich geworfen ist.

Da tauchen Begriffe aus der Humanistischen Psychologie auf: Selbstentwurf, Selbstbestimmung weitergedacht geht es da um Selbstheilungskräfte oder Resilienz (18) wie das im Augenblick mit weniger Heilung und mehr Widerstand auf dem Therapiemarkt gehandelt wird. Jetzt bin ich schon wieder bei der Anwendung, weil hier her gehören all die Verletzungen, die wir erfahren haben. Also stopp, das dann später.

Die Befreiung zu den eigenen Möglichkeiten beginnt dort, wo wir andere Wirklichkeiten in der Begegnung mit uns selbst erfahren, z.B. bei AATINI, der Körperarbeit der HKIT. In der Hinwendung zum eigenen Körper erleben wir alternative Bewußtseinsräume die unsere Möglichkeiten unmittelbar erfahrbar werden lassen. Auch die Arbeit mit bewußtseinsverändernden Drogen, die mittelbare Erfahrung, wie Stanislaf Groff oder Carlos Castaneda sie praktiziert haben, gehört historisch betrachtet in diese Zeit.

(19) Sagen sie uns welche Drogen sie nehmen, titelt die ZEIT ONLINE in einem Aufruf: Menschen rauchen, kiffen, koksen – eine Tatsache. ZEIT ONLINE will wissen, wie Sie mit Drogen umgehen. Nehmen Sie teil an Deutschlands größter Umfrage zum Drogengebrauch. Das zeigt, dass das Bedürfnis in Kontakt zu treten mit anderen Wirklichkeiten in unserer Gesellschaft durchaus existiert. Bleibt die Frage des Umgangs. HKIT bietet eine echte Alternativen in Kontakt mit anderen Wirklichkeiten zu gehen an.

Und damit zurück zu Sartre und dem Existenzialismus. Jetzt wird es besonders spannend, jetzt kommen nämlich die Gefühle mit ins Spiel und die oft gestellte Frage in der Therapie: Warum ausgerechnet ich? Wo ich es doch nur schön haben wollte im Leben?, völlig passend zum Drogenthema also. Hier nun kommt die existenzialistische Antwort:

Die Notwendigkeit dieser Möglichkeit zu sein, zeigt sich in den Erfahrungen von Absurdität, Ekel, Angst, Sorge, Tod und Langeweile und zeigt eindrucksvoll auf, dass gerade dieses subjektive Empfinden das Leben des Menschen bestimmt, Objektivitätsansprüche vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen verblassen. (20)

Unser subjektives Empfinden, das ist es, was uns ausmacht und was wir im Existenzialismus genießen können. Unsere Erfahrungen sind es, die uns ausmachen, unsere Gefühle und damit Objektivität, die allseits geforderte: adé. Auch die Trieblehre Freuds wird von den Existenzialisten gekippt. Das ist denke ich als Shorty alles was wir in der Körperarbeit und im Tanz mit den Heilenden Kräften erleben können. Der Existenzialismus schließt andere Wirklichkeiten, wie die der Kröte mit ein.

Das ist so einfach gesagt aber in der Praxis stoßen wir da auf heftige Widerstände, keine Frage. Wir haben nicht gelernt uns selbst zu genügen, wir sind gewohnt an objektiven Ansprüchen gemessen zu werden und wir begegnen den Wirklichkeiten der Anderen. Die Primärpersönlichkeit (21) wandelt sich aus diesen Begegnungserfahrungen in eine Sekundärpersönlichkeit um und hier beginnt das therapeutische Feld.

Hier tanzen wir, um bei uns selbst anzukommen, uns selbst zu finden, dieses ist ein sehr wichtiger Therapieraum der da entsteht im Tanz von Innen- und Außenraum der immer wieder im Oszillieren neue Räume erfahrbar werden lässt. Wirklichkeiten, die wirken, wenn wir zu ihnen stehen, wie das die Klientin mit ihren Tieren so eindrücklich getan hat. (22)

Der Nager lag und schlief und die Kröte saß und atmete. So geht es. Ich bin immer wieder glücklich, liegen, sitzen, atmen, schlafen, wenn ich diese Bewegungsworte in unserer Sprache entdecke. Sie sind oft so leichtfertig dahin gesagt: Wie gehts? Es geht! und doch liegt in ihnen eine ganze Wirklichkeit, wenn wir sie beachten. Da öffnen sich Welten.

Nun fehlt noch die Vernetzung von Merleau-Ponty mit anderen Theorien, das finde ich um den Blick ein wenig zu weiten und auch die therapeutischen Kompetenzen zu sehen interessant (22):

In letzter Zeit jedoch nimmt die Rezeption Merleau-Pontys in Bereichen zu, die sich thematisch mit dem Leib-Seele-Dualismus auseinandersetzen. Insbesondere geschieht dies in Richtungen der Körperpsychotherapie (von manchen Vertretern auch bewusst „Leibespsychotherapie“ genannt) und der Gestalttherapie (vornehmlich einer sich als „integrativ“ verstehenden Ausformung von Hilarion Petzold). Interessante Berührungspunkte bestehen mit dem Denken des Philosophen Michel Foucault im Bereich der „Körperdisziplinen“. Über diesen Denkzweig ergeben sich dann auch Verbindungen zur Feministischen Philosophie.[1] Merleau-Pontys Philosophie ist außerdem Grundlage für die Wahrnehmungstheorie Alva Noës und Kevin O’Regans und für die Techniktheorie Gilbert Simondons. Schließlich beeinflussten seine Essays über Paul Cézanne, „Der Zweifel Cézannes“ (1945) und „Das Auge und der Geist“ (1961), die neuere Kunstgeschichte. Vor allem der ältere der beiden Aufsätze gilt heute als Standardwerk der Cézanne-Forschung.

Das darf ich jetzt mal so stehen lassen als Anregung für alle, die weiter forschen wollen.
Literatur und sonstige Angaben

(1) Merleau-Ponty, im Ausstellungskatalog ELKARTU, Museum Schloss Moyland 2001

(2) Eduardo Chillida, ebenda

(3) Merleau-Ponty, wikipedia

(4) ebenda

(5) John Berger, Hier, wo wir uns begegnen, Hanser, München 2006, S 129

(6) John Berger, ebenda, S 132

(7) Eduardo Chillida,im Ausstellungskatalog ELKARTU, Museum Schloss Moyland 2001

(8) Merleau-Ponty, wikipedia

(9) Bachmann, Ingeborg (1981): Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar, München

(10) John Berger,Gegen die Abwertung der Welt, Schritte zu einer kleinen Theorie der Sichtbarkeit, Hanser 2003, S 21

(11) Entweder Missfits und Existenzialismus bei eurer Suchmaschine eingeben und ihr landet auf youtube oder den Link anklicken https://www.youtube.com/watch?v=rIfKEvtLEhs

(12) Sartre und Beauvoir siehe wikipedia

(13) Alice Schwarzer, Simone de Beauvoir. Hamburg 2007, S. 69

(14) Froschkönig in 13. Januar 2015, https://ressourcetanz.wordpress.com/2015/01/

(15) Paul Sartre wikipedia

(16) Gabriele Fischer, Aatini, Hör- &Tanzbuch. HKIT® Verlag 2009 und Gabriele Fischer und Malgorzata M. Pastian, Aatini Film, HKIT® Verlag 2009

(17) Paul Sartre wikipedia

(18 ) Die unsichtbare Kraft%0A%0Ahttp://www.faz.net/aktuell/beruf-chance/arbeitswelt/resilienz-die-unsichtbare-kraft-13339688.html%0A%0A

(19) http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2014-11/drogen-drogenarten-global-drug-survey-2015-umfrage-aufruf

(20) Paul Sartre wikipedia

(21) Gerda Boyesen,The Primary Personality, Journal of Biodynamic Psychology, No. 3, Winter, 1982, Biodynamic Psychology Publications, London)

(22) Froschkönig in 13. Januar 2015, https://ressourcetanz.wordpress.com/2015/01/

(23) Merleau-Ponty, wikipedia

Therapie und andere Wirklichkeiten in den HKIT Teil II

20 Dienstag Jan 2015

Posted by Gabriele Fischer in 2. Feminine Wirklichkeiten, Therapie und andere Wirklichkeiten in den HKIT, Was zeichnet die HKIT als Tanz- und Körperpsychotherapie aus?

≈ 2 Kommentare

Schlagwörter

dancing dialogue

1. Märchenhafte Wirklichkeiten siehe blog 19.01.2015

2. Feminine Wirklichkeiten
Darf ich das? Ist das germanistisch korrekt? Anstatt feministisch feminin schreiben? oder doch besser weiblich? Was für Unterschiede sich da auftun. Ich bleibe bei feminin und meiner künstlerischen Freiheit und genieße den kleinen Unterschied und das geheime Leben der Worte (1).

Alice Schwarzer: Simone de Beauvoir. Hamburg 2007, S. 161. (2)
De Beauvoir sagt in diesem Werk (Das andere Geschlecht) auch, dass Frauen von den Männern zum „Anderen Geschlecht“ gemacht worden seien. Dies bedeutet in der existentialistischen Terminologie de Beauvoirs, dass sich der Mann als das Absolute, das Essentielle, das Subjekt setzt, während der Frau die Rolle des Anderen, des Objekts zugewiesen wird. Sie wird immer in Abhängigkeit vom Mann definiert. Deshalb hat sie mit stärkeren Konflikten zu kämpfen als der Mann. Wenn sie ihrer „Weiblichkeit“ gerecht werden will, muss sie sich mit einer passiven Rolle begnügen, dies steht aber ihrem Wunsch entgegen, sich als freies Subjekt durch Aktivität selbst zu entwerfen.

Hier taucht das Andere wieder auf, wie bei der anderen Wirklichkeit. Wenn wir etwas zum Anderen machen wird das Andere zum Objekt, also abhängig vom Subjekt, war das nicht auch das Thema bei Andorra und Andri von Max Frisch? (3) Indem ich etwas oder jemanden zum Anderen mache bekunde ich meine Machtansprüche.

So ist es auch mit der Wirklichkeit. Es gibt danach eine anerkannte Wirklichkeit die wirkt und die anderen Wirklichkeiten haben das Nachsehen. Ihnen wird die Wirksamkeit abgesprochen. Das passiert ja auch im entwicklungspsychologischen ordnen Wasers (4) und den Pfeilen die auf die Subjekt-Objekt Differenzierung als anstrebenswertes Ziel hinziehen.

Das Zitat zeigt auch den Konflikt, den wir haben mit den Wirklichkeiten und dass alles, was nicht dem gängigen Wirklichkeitsbegriff entspricht doch an ihm gemessen und nach ihm beurteilt wird. Dadurch können in unserer Kultur Träume, Visionen, Märchen nicht die Bedeutung erlangen, nicht die Wichtigkeit, die Wirksamkeit, die Prägnanz die z.B. das staatstragende Orakel von Delphi in der griechischen Tradition hatte. Das wäre ja auch nochmal schöner. Angela Merkel befragt das Orakel vom Meißner?

Ja, wir belächeln so etwas heute. Körperliche, psychische oder geistige Wirklichkeiten die nicht der Norm entsprechen und Menschen die sie verkörpern werden in unserer Gesellschaft abgewertet und werten sich selbst ab. (5) Wie die Crossing Cultur Studie im Spiegel sichtbar macht. Unterschiedliche Kulturkreise, unterschiedliche Wirklichkeiten.

Auf unterschiedliche Wirklichkeiten von Männern und Frauen in unserer Kultur weißen Sibylle Duda und Luise Pusch in Wahnsinnsfrauen hin. Es gibt in der Zwischenzeit mehrere Bände (6). Aber auch ein Mose mit seinen Gesetzestafeln vom Berg Sinai würde heute damit nicht mehr punkten oder ein Jesus, der aus einem Brot tausend macht und Wasser zu Wein verwandelt, wo gibt es denn so was?

Das ist bei aller Schönrederei des Schamanismus und esoterischer Gegenentwürfe wichtig zu sehen und auch in der körper- und psychotherapeutischen Praxis zu bedenken. Auch in Therapie zu gehen ist gesellschaftlich stigmatisiert als das Andere mit dem was nicht stimmt. Psychische Probleme werden beim anderen diagnostiziert ohne sich selbst im Spiegel anzuschauen, wozu uns Klaus Dörner, Ursual Plog u.a. in ihrem Sozialpsychiatrischen Standartwerk auffordern.(7)

Körperliche und psychische Erlebnisse in der Therapie können nicht ohne weiteres zu Hause oder im Freundeskreis kommuniziert werden. Sie stoßen auf Befremden und Unverständnis und bedürfen einer Übersetzung in die Realität in die das Klientel zurück kehrt. Sie müssen transformiert werden, einer der höchsten kognitiven Leistungen nach Bruner. (8)

Es fehlt schon schlicht an Worten in unserer Sprache für das Körpererleben. In der Hinsicht ist das entwicklungspsychologische Schema Wasers, das ich oben erwähnte auch noch einmal interessant: Was fehlt uns da an kommunikativer Entwicklung in der anerkannten Wirklichkeit um andere Wirklichkeiten in ihrer strukturellen, energetischen, kommunikativen Dimension überhaupt erfassen zu können?

Seit Jahren arbeiten wir in den HKIT daran, die in der Körperpsychotherapie gemachten Körpererfahrungen, body sensations, in Worte zu übersetzen und so erfahrbar, greifbar und energetisch verständlich werden zu lassen im sprachlichen Ausdruck wie im Fühlen als auch in der formalen Intelligenz, um bei Waser zu bleiben. So faszinierend diese Körpersensationen sind, selbst in Fachkreisen darüber zu reden vermittelt das Gefühl vom anderen Stern zu kommen und es bleibt die Realität vom Anderen, vom Andersartigsein.

Was die Wirklichkeit von Sprache angeht möchte ich hier auf die Forschungen von Luise Pusch (9) und Senta Trömel-Plötz (10), aufmerksam machen, Sprachwissenschaftlerinnen und Begründerinnen der feministischen Linguistik in Deutschland. Ebenso interessant ist Luce Irigaray, eine französische Psychoanalytikerin, die sich in Zeit des Atems, (11) , und vielen anderen Schriften mit Sprache, Körper und Weiblichkeit in unserer Gesellschaft auseinander setzt.

Auch die französische Schriftstellerin Helénè Cixous macht mir immer wieder große Freude zu lesen in ihrem körperlichen Sprachvermögen vermag sie mich zum Tanz anzuregen, so wie Musik das kann. Zur Einweihung unseres HKIT Tagungszentrums Tanzheimat Inzmühlen, vor fast 20 Jahren tanzte ich zu Promethea von Cixous (12), gelesen von meiner französischen Buchhändlerin Mariann und von Ramona Homayoun, Grube Louise.

Der Erforschung von Sprache und Tanz widmen wir uns in Dancing Dialogue zusammen mit Gisela Notz seit über zehn Jahren im Performanceprojekt Wegbereiterinnen. Frauen die gesellschaftlich und politisch Herausragendes geleistet haben werden von Gisela Notz im Sprachraum präsentiert.

Sie treten schon in den Bewegungen der Vortragenden in einen tänzerischen Dialog, den die Dancing Dialogue Compagnie dann aufgreift und in den Tanz hinein weiterentwickelt. Eine spannende Erfahrungsgeschichte von Wort und Bewegung die zeigt: Frausein wird von uns Frauen definiert. Wir schaffen uns die Wirklichkeit in der wir leben. So funktioniert das Wirkprinzip.

Das zeigen uns die Wegbereiterinnen im tänzerischen Dialog in vielfältigen Bewegungsanregungen. Die andere Wirklichkeit zu unserer machen. Die Grenzen von Objektsein und Subjektsein in Bewegung bringen, vielleicht ist das eine Definition von tänzerischer Frauenbewegung? Wir vollziehen diesen Schritt im Hinspüren zu unserem Körper und seinen Wirklichkeiten.

Wissenschaftlerinnen und Künstlerinnen sind es, die feminine Wirklichkeiten sichtbar machen, indem sie den Körper ins Blickfeld rücken und die Kommunikation mit dem Körper und dazu auch andere ermuntern. Ich denke an die Ausstellung von Maria Lassnig in den Hamburger Deichtorhallen 2013. Große Gefühle. Radikale Körper, titelte die Presse der hochaltrig in ihren 90iger Jahren, zu Ehren gekommenen Künstlerin:

Die Künstlerin stellt das Körpergefühl in den Mittelpunkt ihrer Arbeit. Ihre radikalen Selbstporträts, ihre Bilder, sollen zeigen, was sie empfindet. Sie selbst nennt ihre Bilder „body awareness paintings“ – Körpergefühlbilder. „Wenn man auf’s Körpergefühl achtet oder das irgendwie darstellen möchte, muss man ganz abgetrennt sein“, sagt sie. „Dann muss man sich von Erinnerungen, von der Außenwelt abtrennen – total. Und außerdem ändert sich ja ein Körpergefühl von Sekunde zu Sekunde, von Minute zu Minute und so weiter.“ (13)
Die andere Wirklichkeit der Maria Lassnig zeigt sich noch einmal deutlich in der gesellschaftlichen Abwertung:

„Man hat mich so lange unterbewertet, dass ich die jetzige Bewertung gar nicht bewerten kann.“ So kommentierte Maria Lassnig vor wenigen Jahren die große Aufmerksamkeit der Kunstwelt. Noch 1970 galt sie als Geheimtipp, heute zählt sie neben Frida Kahlo oder Louise Bourgeois zu den bedeutendsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts. Die österreichische Malerin ist bereits 93 Jahre alt. Doch erst Anfang Juni erhielt sie den Goldenen Löwen der Biennale von Venedig für ihr Lebenswerk und wird nun erstmals mit einer großen Retrospektive in Norddeutschland geehrt. (14)

Die passive Rolle und der Wunsch sich frei zu entwerfen, wie das im Alice-Schwarzer-Zitat benannt wird trifft besonders hart gerade die Therapiemethoden und die TherapeutInnen, die mit dem Körper, der Sprache, mit dem Fühlen und dem Strukturieren von Wirklichkeiten arbeiten. Dieses Unterbewerten bei Maria Lassnig konnte ich auch bei Gerda Boysen als Pionierin der Körper- und Psychotherapie, Über den Körper die Seele heilen (15), immer wieder feststellen.

Auch ihr Werk wird viel zu wenig beachtet, weil es nicht wahrgenommen werden kann mit den gängigen wissenschaftlichen Methoden, da die andere Wirklichkeit die darin vorkommt als das Andere abgestempelt und nicht erfasst werden kann.

Der Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Michael Giesecke sagt:
Die europäische Neuzeit hat nur monosensuelle Erkenntnis- und monomediale Kommunikationstheorien hervorgebracht und akzeptiert. Sie hat die Augen als Erkenntnis- und die Sprache als Darstellungsmedium prämiert und damit kein Instrument zur Gestaltung und zum Verständnis multimedialer und synästhetischer Ereignisse wie dem Tanz geschaffen.

Der Körperpsychotherapiekongress in Lissabon 2014 erzählte in seinem ganzen Aufbau und seiner Struktur von dem Bemühen wissenschaftlich korrekt und anerkannt zu sein. Dabei gehen bedeutende Werte der Körperpsychotherapie, der Tanztherapie, die wissenschaftlich nicht erfassbar sind, weil wie Gieseke sagt, keine Instrumente zum Verständnis multimedialer und synästhetischer Ergeignisse wie dem Tanz geschaffen wurden, den Bach hinunter. Die Wissenschaft hat nicht die Messinstrumente um das Andere zu erfassen und mit ihm strukturell und energetisch zu kommunizieren.

Der Wert des Andersseins, des Gegenübers ist in einer Dualistischen Gesellschaft als Gegenpol jedoch dringend erforderlich und deshalb einzufordern. Es bedarf einer Kultur des Dialogs. Wird die feminine Realität abgewertet kann sie kein Gegenpol sein. Siehe hierzu auch das Ringen der Klientin um ihre Weiblichkeit in dem vorausgegangenen Fallbeispiel.

Definieren wir Therapie nach Dorsch als Behandlung mit Hilfe der zwischenmenschlichen Kommunikation (17) so sind wir aufgefordert in der Therapie als feminine Therapeutinnen auf die andere Wirklichkeit unseres Gegenübers zu reagieren. Dabei ist die Wirklichkeit eines Klienten eine andere als die einer Klientin.

Klaus Dörner, löst die unmögliche Lage des Anderen damit, dass er das machthabende Subjekt zur Selbstreflektion auffordert und zur Erkenntnis, dass auch im Subjekt das Andere angelegt ist und dass Offenheit die einzige Rettung aus dieser prekären Lage in der Körper- und Psychotherapie ist. Er sagt:

„Es geht nicht darum, den Anderen zu verstehen, sondern – innerhalb der Begegnung mit dem Anderen – sich selbst zu verstehen und sich für alles Unerwartete offen zu halten, was dabei auftaucht und einem dabei widerfährt.“

War dieses feminine Erklärungsmodell jetzt feminin genug? Also zeigte es den weiblichen Aspekt der anderen Wirklichkeiten? Klar wurde, es gibt eine weibliche Sicht auf die Welt, eine? Es sind wohl so viele wie es Frauen gibt. Feminine Wirklichkeiten also zur Genüge. Aber wo sind sie? Wer sieht, hört oder achtet sie damit sie wirksam werden, Wirklichkeit werden können? Und vor allem wer fördert sie? Die Biennale von Venedig Maria Lassnig mit 93 Jahren. Da muss ich nichts kommentieren, sie hatte Glück, dass sie das noch erlebt hat.

Die Lehrstühle von Trömel-Plötz und Luise Pusch wackelten als sie anfingen über weibliche Wirklichkeiten in der Wissenschaft kritisch nachzudenken. Weibliche Wirklichkeiten? Das ist nicht relevant. Junge Frauen bemühen sich keine Feministinnen zu sein, ist ja auch klug, wenn eine es gesellschaftlich, politisch oder wissenschaftlich zu etwas bringen will. Angela Merkel ganz im Meanstream bestreitet sogar Zusammenhänge der Frauenbewegung zu ihrem Aufstieg zur Kanzlerin. Da gehört schon ganz schön viel Verdrängung dazu.

Das ist die Realität die wir heute in der Therapie antreffen und die sich in Träumen mit Kröten und Pelztieren wie in dem Fallbeispiel zeigt, wenn sie sich überhaupt zeigen darf. Wo sind die femininen Wirklichkeiten öffentlich und privat anzutreffen? Wie wirken sie und wie werden sie von Frauen aufgegriffen und weiterentwickelt? Wenn nicht von uns, von wem dann? Da tanzen wir entlang, jedenfalls solange es noch den kleinen Unterschied gibt, den Christina von Braun in ihrem Buch NICHT ICH. Logik, Lüge, Libido, (19) in Gefahr sieht vom Logos verschluckt zu werden.

Anschließen an die femininen Wirklichkeitenl möchte ich mit den philosophischen Wirklichkeiten, in denen wir die Haltung Dörners und seine philosophischen Hintergründe wieder entdecken werden ebenso bei Irigaray, von Braun, Schwarzer, Berger, Coixet und Cixous …

Literaturempfehlungen

(1) Das geheime Leben der Worte ist ein spanischer Spielfilm von Isabel Coixet in englischer Sprache aus dem Jahr 2005, in dem die emotionalen und physischen Verletzungen einer Frau und eines Mannes aufgerollt werden, die am Ende zueinanderfinden. Als DVD käuflich. Im Abspann habe ich eine Widmung des Films an John Berger entdeckt

(2) Alice Schwarzer: Simone de Beauvoir. Hamburg 2007, S. 161

(3) Max Frisch, Andorra, Suhrkamp 1975

(4) Waser, siehe vorausgegangenen Artikel Märchenhafte Wirklichkeiten, wo ich stärker auf das von Piaget kommende und von Waser modifizierte Schema eingehe und es beschreibe. In Hans-Otto Thomashoff, Psyche und Kunst, Katalog zur Ausstellung anlässlich des XI. Weltkongresses für Psychiatrie in Hamburg 1999, S 133, Gottfried Waser: Kann Kunst den therapeutischen Prozess beeinflussen?

(5) aus der Crossing Cultur Forschung: Stimmen im Kopf, aggressiv in den USA, göttlich in Afrika
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/schizophrenie-stimmen-im-kopf-unterscheiden-sich-zwischen-kulturen-a-982482.html

(6) Sibylle Duda, Luise Pusch, Wahnsinnsfrauen, Suhrkamp 1992 – Es gibt in der zwischenzeit mehrere Bände

(7) Klaus Dörner, Ursula Plog, u.a., Irren ist menschlich, Lehrbuch der Psychiatrie und Psychotherapie 2006

(8) Bruner, Entdeckenlassendes Lernen: http://www.hyperlernen.de/gui/KonstLT/seite134.html

(9) Luise Pusch bitte im www selber stöbern, eine überaus spannende Frau

(10) Senta Trömmel-Plötz bitte im www selber recherchieren, eine spannende Lebensgeschichte

(11) Luce Irigaray, Zeit des Atems, Christel Göttert Verlag Rüsselsheim, 1997

(12) Hélène Cixous, Das Buch von Promethea, Wiener Frauenverlag, 1990

(13) Maria Lassnig, Quelle NDR Sendedatum: 17.06.2013 22:45 Uhr

(14) Maria Lassnig, s.o.

(15) Gerda Boyesen, Über den Körper die Seele heilen, Kösel, 1994

(16) Michael Giesecke, Zitat Quelle: persönliches Gespräch

(17) Definition von Dorsch in Hans-Otto Thomashoff, Psyche und Kunst, Katalog zur Ausstellung anlässlich des XI. Weltkongresses für Psychiatrie in Hamburg 1999, S 133, Gottfried Waser: Kann Kunst den therapeutischen Prozess beeinflussen?

(18) Klaus Dörner, Freispruch der Familie, Psychiatrieverlag, 2001

(19) Christina von Braun, Nicht Ich. Logik, Lüge, Libido, Frankfurt 1985

Therapie und andere Wirklichkeiten in den HKIT Teil I

19 Montag Jan 2015

Posted by Gabriele Fischer in 1. Märchenhafte Wirklichkeiten, Therapie und andere Wirklichkeiten in den HKIT, Was zeichnet die HKIT als Tanz- und Körperpsychotherapie aus?

≈ 2 Kommentare

Schlagwörter

Andere Wirklichkeiten, Betty Edwards, Frau Holle, Heilende Kräfte im Tanz, John Berger, Märchen, Psyche und Kunst

Der Frage auf der Spur: Was sind andere Wirklichkeiten und wie wirken sie? starte ich diesen Artikel über die HKIT mit verschiedenen Erklärungsmodellen aus meinem HKIT Erfahrungsschatz und wünsche viel Vergnügen beim Lesen, jedenfalls versuche ich mein Bestes dazu zu geben und vor allem aufzuzeigen, dass es sich bei der Frage nach den anderen Wirklichkeiten nicht um esoterische Spinnerei handelt sondern dass das Leben tagtäglich darauf wartet von uns in unseren verschiedenen Wirklichkeiten gesehen, erkannt und zum Tanz eingeladen zu werden.

Zitat aus John Berger, Meine Schöne, S 263
Berger beschreibt die Statue eines Engels, die er gerade ansieht und sagt … Das Gesicht versichert dir, dass du angeschaut wirst. Die Schönheit ist hier nicht etwas, das du gerne betrachtest, sonder etwas, von dem du gerne betrachtet wirst! Schönheit ist die Hoffnung, dass das Leben, auf das dein Blick fällt, dich einlädt, erkennt und aufnimmt.

1. Märchenhafte Wirklichkeiten
Es beginnt, wie könnte es auch anders sein, in meiner Kindheit. Ich erinnere nicht mehr, wann das Frau Holle Märchen in mein Leben trat. Es war schon sehr früh. Es gehörte dazu. Es war einfach da. Meine Mutter bemühte sich uns die Rolle der Pechmarie besonders ans Herz zu legen. Also hatte ich sehr viel Mitleid mit der armen Pechmarie, das ging so weit, dass ich die Goldmarie gar nicht richtig leiden konnte und die ungerechte Frau Holle auch nicht. Ich wusste was gut und böse war.

Bewusst erinnere ich das Märchen von der Frau Holle in meinem Körper. Ich muss vier oder fünf Jahre alt gewesen sein. Ich komme aus der Nähe von Ludwigsburg, das bekannt ist durch das Blühende Barock und seinen Märchengarten. Bestimmt einer der ersten in Deutschland mit echten Kängurus, Flamingos, Affen, exotischen Vögeln und tollen Märchenanimationen in den 1950iger Jahren:

Die tanzenden Schuhe in einer kugelrunden, menschengroßen, facettenreichen Glasvitrine. Sie bewegten sich wie von Geisterhand über den Glasboden zur Musik. Der Knüppel aus dem Sack der in einem Metallkäfig an der Wand rüttelte. Der Goldesel aus dem hinten Golddukaten kamen, wenn die Mutter das Geld dafür vorne reinsteckte. Das Tischlein deck Dich mit dem bunten Tischtuch.

Der Froschkönig mit goldener Kugel die von einer Wasserfontäne hoch und runter bewegt wurde. Die sieben Geislein, die sich beim Rütteln an der Haustür unter den Möbeln versteckten, alles, aber auch alles war da, was meine Kinderseele beeindrucken konnte. Dazu der papierschluckende Drache, der sich mit tiefer Stimme bedankte, wenn wir einen Fetzen Papier fanden, die waren rar in seiner Umgebung, und ihn in seinen Schlund hinein warfen.

Ich hänge also über einem rund gemauerten Natursteinsockel der mir bis über den Bauch reicht. Der Stein ist hart und uneben und drückt mich ein bisschen beim Vornüberlehnen. Sehr lange halte ich das nicht aus, aber lange genug um in den dunklen, nachempfundenen Brunnenschacht auf Zehenspitzen hinunter schauen zu können, an dessen Grund bunte Bilder in goldgelben Tönen auftauchen und eine angenehme Stimme erzählt das Märchen von der Frau Holle.

Mir gefällt das, trotz der eben erwähnten Unannehmlichkeiten. Vielleicht war das Ganze Arrangement für größere Kinder konzipiert? Jedenfalls habe ich Lücken in der Erzählung in kauf nehmen müssen, aber ich kannte das Märchen ja. Der Stein drückte ziemlich schroff und hubbelig in meinen Bauch. Meine Beine und Füße zum Bersten angespannt. Unten erscheinen Bilder vom Backofen aus dem das Brot genommen werden muss. Die Brote rufen flehend. Die Äpfel liegen auf der grünen Wiese auf die die Marie nach ihrem Sturz in den Brunnen gefallen ist und wollen aufgelesen werden. Ich kenne mich aus.

Aber da ist mir dann zum ersten Mal etwas komisch, weil kurz darauf ja, nachdem die Marie das mit dem Gesottenen und Gebratenen absolviert hat schüttelt sie die Betten aus dem Fenster, so wie ihr die Holle das gesagt hat und es tauchen Bilder in dem Brunnengrund auf, wie es auf der Erde schneit und oben im Himmel schaut die Holle und die Marie aus dem Fenster heraus. Da hatte ich plötzlich so ein komisches Gefühl im Kopf, wie einen Sprung in einer Schallplatte.

Wieso war da unten jetzt der Himmel? Das konnte ich nicht zusammen bekommen, da gab es einen Riss, einen Kratzer, einen Bruch … wie konnte die Marie in den Brunnen runter stürzen, auf der Wiese landen und dann im Himmel sein? Da stimmte was nicht. Das war ja dann beim Nikolaus und beim Christkind auch so, dass da was nicht stimmte.

Allerdings hatte ich das Christkind gesehen und bis heute kann mich kein Mensch davon überzeugen, dass das nicht so war. Da lag noch eine Feder auf dem Fenstersims neben dem Christbaum rechts und das Christkind war bei meinem Eintreten in das Weihnachtszimmer gerade um die Fensterecke geflogen. Dabei hatte es ja die Feder verloren. Das Fenster war zu, denke ich gerade. Aber das macht mir gar nichts.

Wenn ich noch mehr so Geschichten erzähle sagen die Leute, die spinnt und wenns ihnen zu viel wird werde ich eingewiesen. In jeder Gegend gibt es so Sprüche über die um Neunzehnhundert errichteten Backsteingebäude in Deutschland, damals hießen sie Irrenanstalten, heute etwas eleganter Landeskliniken. Sie werden noch öfter auftauchen in diesem Artikel. In meiner Kindheit war die nächste in Winnenden: Dich holt das grüne Wägele nach Winnenden.

Unsere Gesellschaft hat keine Kultur entwickelt die das Andere einlädt und aufnimmt, so auch nicht andere Wirklichkeiten. Sie ist und bleibt die andere und hat hinter der wirklichen zurück zu treten. Wenn wir das nicht sortiert bekommen gnade Gott. Mein Kind bleibt uneinsichtig. Ich erlaube es ihr. Bin aber als Erwachsene auf der Hut.

Also, wie ging das jetzt weiter mit dem Oben und dem Unten? Ich habs einfach vergessen, bis ich bei Richard Katz Jahrzehnte später den Bericht eines Kung las in Num, heilen in Exstase, der ging ungefähr so: Ein Kung, ich erinnere nicht aus welchem Zweck, ich glaube ein ritueller, kriecht als Wurm in ein Loch in die Erde um dann im Himmel raus zu kommen. Hallo, dachte ich, der macht ja das selbe wie die Goldmarie und da hatte ich dann den Schlüssel zum Frau Holle Märchen. Es ist eine schamanische Reise, die die Marie da macht. Eine Reise in eine ander Wirklichkeit.

Das war meine erste Erfahrung, in der Kindheit, mit der anderen Wirklichkeit. Ich habe es gar nicht gemerkt als Kind und als ich es merkte war es so, dass ich gleichzeitig lernte ab zu werten: das ist alles nicht wahr, die Realität ist das nicht, da gibt es keinen Nikolaus der was in den Schuh tut und auch kein Christkind das Geschenke bringt.

Na, ja, das gibts dann schon, in der Krippe, aber die Frau Holle ist halt auch nur so eine Geschichte wie alle Märchen, erfunden für kleine Kinder die nix verstehen. Die Enttäuschung über die verlorene Kindheit wurde sofort verdrängt von dem Gefühl jetzt zu den Wissenden zu gehören. Das Glas war übergelaufen und ich hatte einen neuen Raum betreten.

Dieser Bruch, den ich da bewusst erlebt habe den ordnet Piaget in der Entwicklungspsychologie den Schritten zu, die ein Kind in seiner Entwicklung in unserer Gesellschaft vollziehen muss um als vollwertiges Mitglied anerkannt zu werden: vom symbiotischen Erleben der Welt zum Subjekt-Objekt-Erleben, vom sensomotorisch-magischen Erleben über das symbolisch-animistische Erleben bis zum mental-beseelten entwickelt sich die formale Intelligenz, das Fühlen, die Zeichen und die Sprache in struktureller, energetischer und kommunikativer Dimension.

Das Wichtige dabei sind die Pfeile in der Grafik, die ich gerade abschreibe aus dem Buch Psyche und Kunst, Thomashoff, 1999, S 133 Gottfried Waser: Kann Kunst den therapeutischen Prozess beeinflussen? Die Pfeile sind von der Symbiose zur Subjekt – Objekt Ebene hin hierarchisch von unten nach oben gezogen. Also unten steht die Symbiose und das sensomotorisch-magische Erleben, oben der mental-beseelte Raum. Alles zielt nach oben, der Vorgang der Entwicklung ist nicht umkehrbar.

Es gibt Blumen die sich öffnen und schließen. Diese öffnet sich nur einmal. Schon verwelkt. Das heißt es ist nicht möglich, wenn ich den Wirkpfeilen folge zu spielen, zu tanzen, die Ebenen zu wechseln. Was aber nicht der Realität entspricht. Weil wir wechseln ständig unsere Wirklichkeiten. Das will ich mal als These in den Raum stellen. Die Fähigkeiten die ich als Kind erworben habe kann ich ja auch jederzeit wieder einsetzen als Erwachsene. Das ist ja das Tolle, was wir in der Körper- und Psychotherapie lernen können.

Nichts ist verloren, was wir einmal gelernt haben. Der Körper bewahrt es für uns auf im Gewebegedächtnis und falls wir das Wissen oder Können mal wieder brauchen können wir es aus der Tasche zaubern. Ein Tischleindeckdich an Möglichkeiten. So fällt es uns auch gar nicht schwer bewusst in andere Bewusstseinszustände einzutreten. Wir haben das ja in der Kindheit geübt und es ist zudem kollektives Wissen aus der Menschheitsgeschichte, das wir aus dem sensomotorisch-magischen Raum abrufen können.

Doch, ich will nicht zu viel verraten, geht ja noch weiter, folgen wir dem Fluss der Wirklichkeiten.
Literatur

John Berger, Meine Schöne, Fischer 2006, S 263

Sonja Rüttner Cova, Frau Holle, die gestürzte Göttin, 1998, Sphynx

Garden Stone, Göttin Holle, Auf der Suche nach einer alten Göttin,2006

Richard Katz, Num, Heilen in Ekstase, Ansata, 1985

Hans-Otto Thomashoff, Psyche und Kunst, Katalog zur Ausstellung anlässlich des XI. Weltkongresses für Psychiatrie in Hamburg 1999, S 133, Gottfried Waser: Kann Kunst den therapeutischen Prozess beeinflussen?

Der Froschkönig Fortsetzung vom Fallbeispiel Der Traum – Im Dancing Dialogue mit einer Klientin

13 Dienstag Jan 2015

Posted by Gabriele Fischer in 1. Märchenhafte Wirklichkeiten, Fallbeispiel Der Froschkönig, Therapie und andere Wirklichkeiten in den HKIT

≈ 3 Kommentare

Schlagwörter

Betty Edwards, Biodynamik, Dancing Dialgoue, Der Froschkönig, Gabriele Fischer, Heilende Kraefte im Tanz, Merleau-Ponty, Simone de Beauvoir, Tanztherapieausbildung

Anfang des Fallbeispiels zu finden unter 7. Jan. 2015, https://ressourcetanz.wordpress.com/2015/01

Das Fallbeispiel zeigte, wie wichtig es ist in der Therapie gesehen zu werden. Mit dem Froschkönig, der dem Dialog zwischen mir und der Klientin über ihren Traum entspringt möchte ich noch einen anderen wichtigen Aspekt der HKIT mit diesem Fallbeispiel anschneiden. Die körper- und psychotherapeutische Arbeit in den HKIT mit anderen Wirklichkeiten, hier am Beispiel des Froschkönigs. Der Hauptartikel Therapie und andere Wirklichkeiten in den HKIT, folgt.

Das Märchen taucht bei der Klientin auf, nachdem wir ihren Traum von ihrer Mutter, einem Pelztier und einer Kröte tanztherapeutisch eine Weile hin und her bewegt haben. Wir steigen jetzt also direkt in das Märchen mit unserem Emaildialog ein, der in einem Tiertanz endet:

Ich schreibe
Der Froschkönig, da kommt die goldene Kugel ins Spiel, tiefenpsychologisch Symbol für Sexualität. Erinnerst Du die Kugel und die Schale als Beckenübung in den HKIT? Da ist sie die goldene Kugel. Der Froschkönig, das Märchen wird oft so erinnert, dass die Prinzessin den Frosch küsst und dann wird es ein Prinz. Pustekuchen.

Im Märchen nimmt sie den Frosch in die Hand und knallt sie ihn an die Wand. Das erlöst ihre sexuelle Kraft. Männliche und weibliche Energie können sich wieder verbinden. Ihr Ekel vor dem Frosch, ihr Gefühl also, ist für die heilende Bewegung ein wichtiger Wegweiser. Sie drückt den Ekel nicht weg oder runter sondern schaut ihn sich an, nimmt ihn in die Hand. Jedes Gefühl hat eine Bewegung. Das ist die Lehre des Märchens. Stehe zu Deinen Gefühlen und sie bewegen sich oder dich weiter, auch der Ekel.

Die Sexualität ist ja nach Freud unser Hauptantrieb und wird gleichgesetzt mit der Lebensenergie. Das kann ich als Bauchtanzende nur bestätigen … wir werden durch unser Geschlecht bestimmt … es macht uns aus, wir sehen die Welt nicht als Neutren sondern als Mann oder Frau, als Junge oder als Mädchen, als Greisin oder als Greis.

Den kleinen Unterschied nennt das Alice Schwarzer. Sexualität heißt Geschlechtlichkeit. Dass unsere Geschlechterrolle sozial bedingt ist zeigt uns Simone de Beauvoir. Siehe Fußnote.

Ich denke, auch der Brautschleier in Deinem Traum kann sexuell gesehen werden, von mir aus als Jungfernhäutchen, jedenfalls geht es bei einer Hochzeit ja auch um Sex und es gibt den Ausdruck für Orgasmus im Französischen la petite mort, der kleine Tod … da wäre auch nochmal ein Hinweis, Deine Mutter mit Brautschleier ist ja tot in dem Traum … übrigens müssen die Eltern der Helden in Initiationsmärchen tot sein, sonst wird das nix mit der Initiation. Diese Märchen beginnen mit: Es war einmal eine Waise …

Wenn unsere sexuelle Energie, Libido, Orgon, Kundalini unsere Lebensenergie ist, na, dann passt das doch alles und da sind ja auch Tiere, die könnten in eine Vagina reinkriechen oder erinnern selber an eine Vagina, wie die Kröte, … gibt ja viele solcher Vorstellungen und Ängste im sexuellen Bereich, auch das Verschlucken könnte sexuell gedeutet werden als eine Form von Geschlechtsverkehr … die Kröte steht für die Vagina, wie ich weiter vorne schon mal geschrieben habe …

Was meinst denn Du, was kommen Dir für Gedanken, Erinnerungen, Körpergefühle dazu? Auf jeden Fall lohnt es sich, die Tiere weiter zu bewegen, kannst Du Tiertanz daheim machen? Sind es weibliche oder männliche Tiere … ? Wir würden so weg kommen vom assoziieren mehr in die Körperlichkeit, ins Körpererleben dieser Bilder aus dem Traum.

Weißt Du, die Lebensenergie, die spürst Du ja geblockt in den Handgelenken, der Kehle, den Fußgelenken, nach Deinem Traum. Das ist ja Deine Lebensenergie, Deine sexuelle Energie im umfassenden Sinne, ich wünsche Dir, dass Du Dir den Raum schaffen kannst, Dich in Deiner vollen Kraft zu leben, volle Kraft voraus.

Am 06.01.2015 schreibt die Klientin                                                                   ok… mit der Sexualität und so, da muss ich schon ein bisschen schlucken. Habe schon das Gefüh,l dass irgendwie was dran ist, weiß aber nicht so richtig was genau. Ich glaube, das will auch mit ein bisschen Zeit weiterbewegt werden. In die Bewegung und den Tiertanz mit diesen Bildern zu gehen, kann ich mir gut vorstellen. Zum Ende der Woche muss ich nicht arbeiten und bin auch nach den Ferien mal wieder allein – vielleicht tanze ich dann mal damit…
Ich muss daran denken, dass dieser Traum mich derart mit Entsetzen erfüllt hat, dass ich am nächsten Abend(!) Angst hatte einzuschlafen. Es war dieses Entsetzen, dass meine Mutter tot ist. Sie hat mich ganz schön im Netz, denke ich dann noch. Ich glaube, Sexualität und meine Mutter zusammenzubringen, das ist ein großes Tabu für mich. Aber dieser Traum weist ja auf jeden Fall auf diese Verbindung hin.

Tier-Tanzberichte folgen.

Ich antworte
ich finde es interessant, dass Du schreibst, das musst Du SCHLUCKEN, da ist es wieder das Thema mit dem Frosch im Hals und dem Pelztier aus dem Traum, das den Froschkopf schlucken soll … vielleicht doch ausspucken??? Na, schau mal, gel in welche Richtung die Energie sich bewegt … jedenfalls da hängt was, was auch immer, raus damit oder runter???

Die Klientin
Kröte und Frosch ist bei mir kein Unterschied (da habe ich wohl in Biologie nicht aufgepaßt…) Kröte ist vielleicht ein bisschen negativer gefärbt?
Ja, das mit den Ringen ist interessant! Das habe ich in der Tat so gespürt. Und das mit dem Brechen – tatsächlich war mein Prozess von sehr eruptiven, explosiven, elektrischen Bewegungen geprägt, die ich als sehr lustvoll erlebt habe. Wie es nun mit den Ringen um die Gelenke und der Blockade um die Kehle weitergeht, weiß ich ja noch nicht so richtig. Aber die Bewegungen in der Einzel bei Dir – die waren doch nicht so? Eher rund?

Wenn Du mich beschreibst, wie Du mich erlebst, fühle ich mich einerseits erkannt und gesehen. Andererseits ergreift mich auch Scheu… Ich habe so viele Jahre mein „graue Maus Selbstbild“ gehabt. Es ist schon Scham dabei, ein etwas kraftvolleres und „auffälligeres“ Dasein für mich zu beanspruchen. Es ist toll zu merken, dass Du es echt bejahst, wenn Menschen wachsen, das kommt sehr authentisch rüber.

Da ich das Gefühl habe, dass Du mit sexuell etwas ganz Umfassendes meinst und auch fühlst, wie Du ja oft betonst (Qi, Num, …), kann ich das gut nehmen! Ich danke dir sehr, dass Du Dich so darauf einlässt – auch gerade weil Du ja im Urlaub bist! Und habe auch das schöne Gefühl, mich zu trauen, mich Dir zuzumuten (da sind schon ein paar Stimmen da: Jetzt ist aber mal gut, jetzt hat sie aber genug für dich getan…. Und dann denke ich: Wann, wenn nicht jetzt… Gabriele ist so erfahren, sie wird schon Grenzen setzen, wenn es ihr reicht…

Ich antworte
ich freue mich an dem Kontakt mit Dir, ich muss da keine Grenzen setzen, weißt Du, ich kenne das auch mit dem Scheusein … da fühle ich mich sehr verbunden, wenn Du das schreibst …

gibt es denn ein Lieblingsmärchen von Dir in der Kindheit? das würde ja Alfred Adler fragen … finde ich immer interessant zu fragen … wo wir gerade bei Märchen sind …

ja, die menschlichen Erfahrungen liegen vielleicht gar nicht so weit auseinander, wie die vom Eisernen Heinrich mit seinen Ringen und Deine Ringe… Ringe sind ja auch rund, wenn Du von runden Bewegungen schreibst in der Einzel, jetzt sehe ich Dich vor mir, wie Du tanzt, das war ja nachher auch noch da, in der Gruppe, dieses Raumgreifende, nicht mehr Eingeengte mit den Ringen, so was wie Ringe im Wasser, die immer größer werden und größer …

Wir sprengen ja auch unsere Grenzen um dann in einen neuen Raum einzutreten, dessen Grenzen wir vielleicht jetzt gar nicht wahr nehmen, aber vielleicht mal später. Das Bild mit dem überlaufenden Glas finde ich so toll, es läuft über und füllt einen neuen Raum und wenn der voll ist fließt es wieder über in einen noch größeren … vielleicht spiegelt dieses Bild einfach unser Unvermögen den ganzen Raum zu spüren, wie Einstein das konnte oder wovon Merleau Ponty spricht: der Raum, der uns umgibt, scheint vielmehr Folge unserer ursprünglichen leiblichen Verankerung in der Welt zu sein. Weil wir Leib sind, haben wir Raum. Zitat wiki

Aber wo Raum ist ist auch Grenze … mir war wichtig an Deinen Bewegungen, dass sie nicht nur Ringe waren sondern wie eine Kugel, vielleicht wie eine Kugel, die aus Ringen gebildet wird, so könnte ich das beschreiben, auf jeden Fall konnte ich in den Bewegungen eine Auflösung der Ringe des Heinrich sehen in eine Erweiterung hinein, ein Raumgeben, dazu braucht es bestimmt das Sprengen der Ringe, wie du es beschreibst und vor allem volles Körperbewußtsein, von dem Merleau Ponty spricht.

Ich denke, Kehle und Arm- und Fußgelenke wissen den Weg, wie das geht und Du bist definitiv schon einen Schritt gegangen, denn Heinrich der Wagen bricht, das war ja schon … Du bist bei den Träumen am Verarbeiten und am Einordnen und wenn da die Sexualität auftaucht, dann ist das völlig o.k., hat  mit dem Auftauchen der verschütteten Kraft, die sich jetzt zeigen kann, gesehen werden darf und will und vorher festgehalten war wie bei dem Prinzen zu tun …

Mir fallen zu dem Pelztier noch eine Ratte ein, die ich in einem Traum mal in der Hand hielt, Ratten finde ich äußerst ekelig, ich hielt sie so mit dem Bauch nach oben, ihhh, kann das noch völlig in meiner Hand spüren … später, später, später merkte ich, dass das mit einem Penis zu tun hatte, ich merkte es an der Bewegung in meiner Hand … soviel zu Pelztier und Sexualität …

Dann hatte ich mal einen Traum, das war ein schlammiges Becken voller Wasser, die Bewegung im Wasser kam von irgendwelchen Molchen oder so, alles voll mit Molchen, eigentlich kein Wasser, nur Molche, ich spürte, dass ich da dazwischen hinein gehörte in das Becken mit den Molchen… uhhhhh … diese lustvolle Schlängeln, Berühren und dann die Abscheu durch das Tier, den Molch, glitschig und nass, lässt mich an den Frosch, die Kröte denken festgehaltene sexuelle Energie, der Froschkönig …

In der Chakrenlehre gibt es ja Zuordnungen von Tieren zu den Chakren, im Hara das Meeresungeheuer, daran musste ich später denken, dann konnte ich die Türen etwas öffnen mit dem Meeresungeheuer waren mir die Molche nicht mehr so ungeheuer und ich konnte das Lustangebot wahrnehmen, das in diesem Traum lag … auch über die Flüssigkeitsebene von Gerda Boyesen und die damit verbundene Psychoperistaltik im Darm, da ist ja das Hara, da gibt es Zusammenhänge zum Viszeralpanzer.

Diese Träume zeigen uns eigentlich nur Räume, die wir betreten könnten, der Ekel hält uns davon ab, wie bei der Froschkönigin, sie ekelt sich ja auch furchtbar vor dem Frosch …. vielleicht hat Sexualität viel mit dem Ekel zu tun und vielleicht ist Ekel ein Gegenüber der Lust? Ich denke, wir sollten das nicht bewerten sondern einfach nur sehen und sich bewegen lassen, so dass das Glas überlaufen kann und wir uns mit dem Wasser weiter bewegen können in neue Räume.

Die Prinzessin brachte ihre Ringe oder ihren Ekel zum Platzen indem sie den Frosch an die Wand knallte … da kracht es ja auch wie bei dem Heinrich … ohh was für Bewegungen … wir müssen das mal ausprobieren im Tanzen mit dem an die Wand knallen, zerbersten, zerplatzen … da ist ja schon das Wort Platz drin … Platz da, hier komme ich, sich Raum schaffen um sich leben zu können … Lebensenergie die sich Bahn bricht …

Auf jeden Fall ist es, denke ich, lohnend schamanisch zu den Tieren zu arbeiten, sie sind gute FührerInnen in die andere Wirklichkeit … die Kröte und das Pelztier … nur zu.

Eine Email von mir, die wahrscheinlich früher geschrieben wurde, aber manchmal geht das so hin und her und nicht immer stimmen die Antworten mit den Fragen direkt überein
1. Du hast erst Kröte geschrieben, erst später Frosch?
2. Du schreibst: Ich habe Ringe gespürt … das ist wie im Froschkönig, habe das Märchen gestern im Internet mir nochmal erzählen lasse, es heißt auch Der Eiserne Heinrich, weil der treue Diener des Prinzen drei Ringe ums Herz hat, weil der Prinz in einen Frosch verwandelt wurde … also von der schönen sexuellen Energie in eine eklige? Ich muss da auch an die Gürtel auf dem Cover von Kelemans Buch Verkörperte Gefühle, Kösel denken.

3. Ich bin etwas scheu, mit Dir im Emailkontakt in intensivere sexuelle Themen wie, ich versuche das mal etwas gehoben zu formulieren: Oralverkehr, Tiervergleiche mit Penis und Vagina zu gehen, das ist ja alles schon sehr nahe und ich bin da auch lieber näher als Therapeutin, im Augenblick bin ich aber in Brasilien und Du in D.

Ich finde Dich schon sehr mutig, was Du mir bisher alles über Dich geschrieben hast. Als Körpertherapeutin sehe ich die Kraft aus der heraus Du lebst, Dich bewegst. Dein Traum erzählt von etwas ganz Bestimmtem, Speziellem, so bist Du nicht sondern da gibt es wie bei dem Eisernen Heinrich Eisenringe, bei ihm kamen die als der Prinz verzaubert wurde, also die sexuelle Energie, die Lebensenergie geblockt wurde und bei Dir?

Ich kann Dir per Email ja nur meine Gefühle und die daraus entspringenden Assoziationen mitteilen, ob das mit Dir was zu tun hat musst Du gucken??

Die Klientin
Der Schmerz, den ich meinte, in meinem Traum, war ganz klar Trauer um meine Mutter. Dazu muss ich sagen, dass ich schon als Kind Angst vor dem Tod meiner Mutter hatte und auch immer großes Mitgefühl mit ihr, weil ich dachte, dass sie Angst vor dem Tod hat. Auch der Tod ist ein starkes Tabu. Eigentlich noch viel größer als das Sex-Tabu. Über Sex wurde generell schon gesprochen.

Ich habe auch meine Mutter sehr viel körperlich gespürt, es wurde gekuschelt und ich durfte nachts zu meinen Eltern ins Bett. Generell ist diese Form des absolut absichtlosen Zusammenliegens die friedlichste, entspannteste Form von Körperkontakt, die ich kenne. Das genieße ich sehr mit meinen Kindern. Sogar meine große Tochter ist kurz vor ihrer Abfahrt zu einer Reise noch mal auf meinem Bauch eingeschlafen.

Wenn das nach Deiner Definition zur Sexualität dazugehört, dann hat meine Mutter mir ein großes Geschenk gemacht. Denn Körpergenuss ist mir immer möglich gewesen.

Die Klientin eine Email später
Mein Lieblingsmärchen ist schon immer das hässliche Entlein. Ich kann jetzt gleich wieder die Erleichterung spüren: Aus Einsamkeit und Abwertung – jetzt hat es andere Tiere gefunden, die es ganz selbstverständlich als ihresgleichen akzeptieren.

Deine Beschreibung meiner Bewegungen berührt mich sehr. Schöne Bilder, die passen: Weite kommt rüber und auch dieses Unklare – wie weit ist weit? Allein kamen diese Bewegungen bisher bei mir nicht. Es war eine große Fokussiertheit nötig und auch viel Kraft und die kam auch durch Deine und die Aufmerksamkeit der anderen in der Gruppe. Woher kommt plötzlich diese wilde Kraft? Ich glaube, wir brauchen diese Rituale: Jetzt ist es dran, die Aufmerksamkeit der Anwesenden, die Ausrichtung.

Faszinierende Träume, die Du da beschreibst. Ja, es ist beides gleich da: Faszination und sexuelle Assoziationen und aber auch irgendwie Abwehr und Ekel. Mir vorzustellen, mich in so windendes Kleingetier zu verwandeln und es zu tanzen, ist auch gleich mit beidem verbunden. Aber wenn es dann noch mit Gewalt einhergeht wie in meinem Traum der Krötenkopf im Maul des Pelztieres, da gesellt sich Erstickungsangst dazu.

Aber ich spüre auch eine Verwandtschaft in Deinen Träumen, so eine Tiefe und dass ich auf einer Ebene was verstehe, das kann ich mit Worten kaum ausdrücken. Das Schamanische ist schon sehr wirkungsvoll, aber einer der für unsere (oder meine?) westliche Verstandesebene am unverständlichsten Teile auch von HKiT, finde ich. Wie ich schon sagte, ich würde das selber nicht anleiten, noch nicht.

Für alles andere finde ich wissenschaftliche Erklärungsmuster. Ich kann dann sagen: Ja, das wird im Körper gespeichert usw. Aber nichts desto trotz: Als ich das Inhaltsverzeichnis für meine Abschlussarbeit in HKIT gemacht habe, musste ich einfach den Urzeitkrebs da mit reinschreiben, obwohl das jetzt gar nicht in mein Konzept passte… Ich wusste plötzlich einfach, dass das eine wichtige Körpererfahrung für mich war, obwohl ich sie noch gar nicht so richtig eingeordnet habe. Also passt das Thema für mich wirklich.

Ich antworte
oh, das hässliche Entlein, Du hast ja eine soziale Interpretation von dem Märchen für Dich gefunden, ich finde ja das Tolle an dem Märchen, dass da ein sehr schöner Schwan drauß wird und beobachte das gerne in der Natur, wie die kleinen Schwäne so anders, so getarnt aussehen, wie die stolzen Eltern … übrigens steht der Schwan tiefenspychologisch auch für sich selber schön finden und so, stolz auf sich sein, wenn ich das mal positiv darstellen will, Eigenliebe wird oft so negativ gesehen ist aber doch sehr wichtig …

ja, der Schamanismus, der kommt ja in unserem Alltag auch nicht vor, aber ich habe Klientel, die haben so stark schamanische Träume, die kann man oder frau nicht tiefenpsychologisch sehen, da kommen Vögel und picken das Fleisch vom Arm oder eine wird in einem großen Kessel gekocht, bis das Fleisch abfällt … Das ist oft sehr beängstigend, weil wir den Kontakt zu dieser Ebene der Menschheitsentwicklung verloren haben.

Ich entscheide mich immer sehr bewußt ob ich nun psychotherapeutische arbeite oder schamanisch, das sind andere Wirklichkeiten, also sie wirken anders.

Für mich erschließt sich der Schamanismus durch die entwicklungspsychologischen Forschungen von Piaget .(Siehe Schema Waser im Hauptteil). Es gibt entwicklungspsychologisch Stufen in der Kindheit, wo wir das Ich nicht trennen vom Du, und andere, wo wir in Märchen leben und der Nikolaus oder das Christkind wirken. Diese Entwicklungsstufen sind eng verbunden mit der Bewegungsentwicklung, so nennt Waser die erste Entwicklungsstufe sensomotorisch-magisch. Da deutet sich die Nähe zum Tiertanz an. Nicht die Trennung ist wichtig sondern die symbiotische Nähe.

Wir tun als Erwachsene dann so, als ob wir darüber hinaus gewachsen wären, aber es sind und bleiben Wahrnehmungsebenen in uns und auch psychotherapeutisch höchst wirksame Körpererfahrungsebenen, vor allem, wenn in diesen Entwicklungsstufen Verletzungen passiert sind. Über den Tanz können wir sie erreichen und auch heilen.

Schamanisch zu arbeiten heißt nicht nach der Bedeutung zu suchen sondern das Tier selber zu werden, in die Wirklichkeit des Tieres oder des Armes der da sorgsam abgepickt wird real einsteigen … das können wir, weil diese Entwicklungsstufe haben wir als Kind und als Menschheit durchlaufen … bin dann mal gespannt, was sich da zeigt, wenn Du die Tiere tanzt …

Die Klientin
Bewusst kann ich den Wunsch, dass meine Mutter stirbt, nicht fühlen… Ist das bei Freud so, dass man Wunsch aus Schuldgefühl in Angst umwandelt? Ich kenne seine Theorie dazu nicht. Ich habe einen  Text über Sexualität gelesen, da muss ich jetzt dran denken. Er stammt von Emilie Conrad:

„Die Verleugnung der Sexualität entzieht den Frauen die Kraft und ist verheerend. Es erfordert eine ungeheure Kraft, sich nicht in die Knie zwingen zu lassen. Frauen müssen aus etwas Kraft ziehen,dass in unserer Kultur nicht verankert ist, aus Werten jenseits dessen,  was uns die Gesellschaft anbietet… Die spirituelle Verbindung hält sie am Lodern. Sexualität und Spiritualität sind eng miteinander verwoben. Sich von der Quelle erotischer Vitalität speisen zu lassen, ist ein großes Geheimnis.“

Als das vor langer Zeit gelesen habe, habe ich gedacht: Das will ich. Und es kommt so ähnlich rüber für mich, wie das, was Du darüber sagst.
Ok, danke für all diese Impulse!

Die Klientin
Ich hatte heute die Zeit, die Tiere zu tanzen und das hat zu einer Beruhigung in mir geführt. Die Kröte, saß einfach nur da, der Hals pulsierte so (das muss ich mir mal auf Youtube angucken, das sieht man bei denen glaube ich richtig), es war schon Spannung in der Kehle da – aber es war kein Nager zu überreden, meinen Kopf in den Rachen zu nehmen und zu würgen.

Ich habe dann den Nager eingeladen, der kam auch, aber er musste gleich liegen und schlafen. In keinster Weise war er geneigt, einen Krötenkopf in den Mund zu nehmen. Plötzlich habe ich da meine tote Mutter auf dem Dachboden gesehen und habe gedacht: das hier ist nicht direkt meine persönliche Erfahrung. Indirekt schon, aber meine Kröte und mein Nager sitzen und liegen da getrennt voneinander und ich habe eine Spannung in der Kehle.

Und dann habe ich noch gedacht: Das kann ich ruhig für mich so allmählich sterben lassen, wie meine Mutter es gemacht hat. Und ich will es nicht als Verbot für mich, lebendig zu sein. Fand ich schon beeindruckend, weil ich erst dachte: Das „klappt“ ja nicht. Da war diese Vorstellung, wie es gehen muss, dass ich diese beiden Tiere so fühle und tanze wie in meinem Traum. Und dann plötzlich: Ach so, das zeigt ja so meine innere Wahrheit.

Ja, wer weiß – das mit der Schlange in der Therapiestunde…. Auf jeden Fall war das, was ich mir von meinem Leben wünschte als ich jung war, so völlig undenkbar in meiner Herkunftsfamilie, wo eigentlich erwartet wurde, dass ich in Sack und Asche angestrengt meinen Pflichten nachzukommen habe (ich sage nur Protestantismus).

Für mich ist es immer noch wie ein Wunder, dass ich mich traue, Tanz zu unterrichten. Ich habe mich da so über Umwege hingeschlängelt, so dass meine Mutter gar nicht den Punkt finden konnte zu sagen: Das geht doch nicht. Das ist doch nichts für Dich. Und die Rente? Und so was. Von daher könnte das mit dem dicken Brocken schon was damit zu tun haben in meiner Kehle.

Meine Antwort
also, wenn ich das richtig verstehe meine Liebe, dann ist das mit Deinem Hals nicht Dein Ding sondern das von Deiner Mutter, sie wird von Ihrer nicht gelebten Sexualität, Ihrer Lebenskraft gewürgt und Du hast das sozusagen nachgeahmt und kannst heute Deine Tiere sehen und sagen, das hat nix mit mir zu tun liebe Frau Mama.

„Ich bin da, mein Herz schlägt.“ schreibt Simone de Beauvoir in der Eingangsszene des Romans Sie kam und blieb. Liebe Frau Mama, nimm Deine Konflikte mal wieder zu Dir. Meine Tiere sind befriedet. Ist das so was?

Da wäre dann das, was Du Coabhänigkeit nanntest? Wie sich doch die Worte entschlüsseln mit der Zeit. Guuuut. Der Tod dieser Mutter, die sich nicht lebte machte Dir große Schmerzen, weil Du die Folie noch nicht getrennt hattest zwischen Dir und ihr? Jetzt könnte da große Trauer sein, für Deine Mutter und die Erkenntnis: Übertragung, denn eigentlich trauerst Du ja um Dich und die nicht gelebte Lebenslust? oder wie siehst du das?

Du hast da jetzt ja so eine Haushaltfolie dazwischen, die Dich von Deiner Mutter trennt. Das sagen die Tiere ja auch ganz klar, atme, schlafe, mache Dir keinen Kopf und renne nicht wie ein Tiger im Käfig rum oder wie ein aufgescheuchtes Hühnchen im Stall, bei Dir ist alles o.k. wir fühlen uns wohl bei Dir. Die Kröte springt nicht weg und das Pelztier ist so vertrauensvoll, dass es bei Dir gleich mal ne Runde schläft … Könnte die Kröte für die weibliche und das Pelztier für die männliche Kraft in Dir stehen???

Die Klientin
zu „Ich bin da, mein Herz schlägt.“ Simone de Beauvoir, schreibt die Klientin:

Diese ´Herangehensweise an sich selbst vereinfacht einfach alles! Er passt sehr gut zu den HKit. Zu meiner Kröte passt der Satz auch! Denn auch wenn alles möglich ist, die Kehle steht unter Spannung usw., ich bin einfach damit da und das Herz schlägt, die Kehle pulsiert und ich bin lebendig…

Mein Ausbilder Alwin Hammers, bei dem ich diese etwas veränderte Form des Focusing gelernt habe, hat mir beigebracht, die Sitzungen mit dem Satz „Ich nehme Platz in der Mitte meines Lebens“ anzufangen. Daran muss ich auch denken: Erst da sein mit dem, was zentral ist in mir und dann darf alles kommen und ist auch willkommen, was da in mir ist.

Meine Frage
Du schreibst, dass Du die Tiere getanzt hast, kannst Du das bitte nochmal genauer beschreiben???

Die Klientin antwortet
Das mit dem Tiertanz habe ich so gemacht: Ich habe tranceartige Musik angemacht und habe mit freiem Bewegungsimpuls angefangen. Es kamen wieder Bewegungen von Kehle, Händen und Füßen, stoßend aber dann auch wieder schlangenartig. Das war anstrengend und ich bin in einer Art aufrechter Kindhaltung gelandet. Und da war die Kröte auch schon da. Ich wusste ja vorher schon, dass ich die beiden Tiere einladen wollte.

Ich frage nochmal nach
Die Fragen nehme ich aus lehrtherapeutischen Gründen hier mit auf in den Dialog, weil mir selber das immer sehr geholfen hat, auf die Fragetechnik aufmerksam gemacht zu werden in meiner Ausbildung als Lehrerin und auch als Therapeutin. Wer Fragen hat hat eigentlich schon gewonnen.

Weitere Fragen von mir, dass ich noch mehr spüren kann, was Du gemacht hast, ich merke auf jeden Fall, Du hast da einfache Zugänge zu der Wirklichkeit der Tiere, das ist toll:
1. vielleicht kannst Du Angaben zur Musik machen, im privaten Rahmen gibts da ja auch keine Gemaverbote
2. Du hast mit freiem Bewegungsimpuls angefangen
Was hat sich denn da als erstes bewegt und wie war die Bewegung?
Sorry, ich bin da ein Quälgeist, aber ich will Dich besser spüren und habs ja leider nicht gesehen …
3. ich gehe mal davon aus, dass der Freie Bewegungsimpuls Dich schnurstraks in die Kehle, Hände und Füße führte, da schreibst Du stoßend und schlangenartig.       4. Wie bewegst Du die Kehle stoßend oder schlangenartig? Die Hände vor dem Körper? die Füße aus dem Boden oder bist Du gelegen?
5. Was ist eine aufrechte Kindhaltung? Embriohaltung im Sitzen? stehen? vorn über gebeugt? kannst Du das ein bisschen genauer noch beschreiben?
6. Wie hast Du die Kröte wahr genommen? Gesehen? Hast Du sie im Körper gespürt? Im Pulsieren im Hals?                                                                                   7. und den Nager, gesehen? im Körper, wo ist der da?
Auch spannend so zu fragen, damit steige auch ich da mehr ein in das Körpergeschehen, bin schon mal gespannt, was Du schreibst.
8. Wie war das Ende körperlich?

So, jetzt erst mal Schluss mit der Fragerei …

Die Klientin antwortet für mich jetzt spürbarer                                                       1. Die Musik: Aquarian Flow von Christian Bollmann, Titel „at the source“ und „Shamaniac flow“. Das ist ziemlich gleichmäßiges Trommeln und zwischendurch Blubbern… Ich kann dabei gut in mich eintauchen.

2.+3. Ich habe gemerkt, dass ich nicht so trocken in den Tiertanz kann und habe gedacht, ich gehe erstmal über meine Impulse in den Körper. Ich habe dann erst die Kehle gespürt und es ist als ob das, was da sitzt dann in Füße und Hände geht.

Dieses Mal vor allem in die Hände. Da fingen dann auch diese stoßenden Bewegungen an und liefen dann schlangenartig durch den Körper, manchmal auch von den Füßen her. Dazu waren es auch drehende, also twistmäßigige Bewegungen –

4. Ich habe auf dem Rücken gelegen, mich um die Achse gedreht und dann abgestoßen…. Ich hoffe, dass das verständlich ist.

5. Die Kindhaltung, da meinte ich diese Yogahaltung, man nennt sie auch „eingerolltes Blatt“. Bei mir war das aber mit erhobenem Kopf und die Hände vorn aufgestellt – eigentlich so nah man als Mensch einer Krötenhaltung kommen kann.

6. Die Kröte habe ich nur von innen gespürt. Es war nass um mich herum, wie ein Uferstück. Und ich habe eben das Pulsieren der Kehle gespürt.

7. Den Nager habe ich gespürt und gesehen. Die Müdigkeit, die Pfoten so hochgezogen in einer Art Embryohaltung.

8. Das Ende war: Ich habe gleichzeitig die Müdigkeit und die Spannung in der Kehle gespürt und als ich dann das Bild meiner toten Mutter über mir gesehen haben und dieses Aha-Erlebnis hatte: Ach, das ist es und so hat sich die Wirkung auf mich in diesem Traum gezeigt, da war körperlich trotz der Spannung in der Kehle das Gefühl da – nun ist es vorbei. Für heute reicht es.

Also  bei mir ist das öfter so: Ich spüre trotz noch bestehender Spannungen, dass ein Zyklus vorbei ist und dann gibt es ein Gefühl der Entspannung. Bisschen paradox, aber so fühlt es sich an.

Ich dachte, so eine detailierte Beschreibung wäre zu langweilig… Interessant, dass Du so genau nachfragst….

Meine Antwort
oh, ja, da wird alles für mich spürbar, wenn Du so körperlich berichtest, ich erlebe dann mit, spüre die Kröte, auch das Feuchte um sie herum, danke … ich schicke Dir mal die Grafik von dem Waser(siehe Hauptteil kann ich aber auch an interessierte LeserInnen als Email verschicken, hier reinkopieren geht leider nicht).

Wenn Du Dir die anschaust, dann kannst Du genau nachvollziehen, entwicklungspsychologisch, auf welchen Ebenen die feuchte Kröte hockt und auf welchen die Worte und der sprachliche Ausdruck, das ist ein Erklärungsmodell für unseren Tanz zu dem wir in der Dancing Dialogue Compagnie gearbeitet haben und ich denke, der Waser erhellt da ein Stück das Schamanische in den HKIT auf der wissenschaftlichen Ebene.

Vor allem aber habe ich das Gefühl von einem guten Ende, einem wirklichen Abschluss. Klar kann es irgendwann weiter gehen, aber für heute alles geschafft.
Zusammenfassung
Ich hoffe, wir sind uns einig, dass der Traum eine andere Wirklichkeit ist als die Realität der Klientin und dass die tiefenpsychologische Herangehensweise eine andere Realität kreiert als die schamanische. In Verbindung mit den Tieren zu gehen ist etwas anderes als sie zu deuten, da öffnen sich unterschiedliche Räume Heilungsenergien.

Es ist auch interessant, mit welchen Erwartungen die K. in die Tierbegegnung geht und wie dann alles anders kommt, als sie gedacht hat. Wir können das nicht denken, da ist das Umschalten, von dem Betty Edwards spricht. Wenn wir die Tiere spüren sind wir im rechten Gehirnmodus und nehmen die Welt mit anderen Augen war als auf der rationalen Verstandesebene.

Wir können über die Tiere noch weiter gehen, hinein in die in der Amygdala gespeicherten ganz frühen Bewegungserfahrungen die mit den Reptiliengehirn zusammenhängen. Tiertänze verbinden uns mit den Reaktionsmöglichkeiten des Kleinhirns. Flucht oder Erstarrung. In diesen Gehirnbereichen können wir Traumata durch Bewegung auflösen. Erstarrung in Flucht umwandeln. Der Angst entkommen, das Trauma überwinden.

Für die Klientin ist das Feststecken des Krötenkopfs im Maul des Pelztieres ein Trauma im Gewebe des Kehlkopfbereichs. Es wird begleitet von dem Traum der toten Mutter im Brautschleier. Tiefenpsychologisch geht es um eine Verbindungslinie von Mutter und Sexualität und Tochter.

Der Wunsch, die Mutter möge tot sein wird vom Unterbewussten zensiert, der Traum deckt den Wunsch auf. Er macht auch deutlich, wie stark sich die Tochter mit der Mutter idendifiziert. Die K. beklagt sich über die Coabhängigkeit zur Mutter. Das Verschlucken, das Feststecken des Krötenkopfs im Hals des Pelztieres deutet auf ein Feststecken der sexuellen Energie hin. Die Klientin nimmt das im Körper wahr als zugeschnürte Kehle und als blockierende Ringe an Händen und Füßen.

Diese Interpretationen sind interessant und lassen sich in der These Simone de Beauvoirs (siehe Fußnote) noch fortführen. Bringen aber auf dieser Ebene keine Lösung des Konflikts. Wir entschließen uns für einen alternativen Wirklichkeitsraum auf dem Heilungsweg und die Klientin geht im Tanz in eine schamanische Begegnung mit den Tieren, d.h. sie nimmt die Tiere wahr und schaut, wie sich das entwickelt, diese schamanische Techniken hat sie in der Ausbildung HKIT gelernt.

Die Kröte sitzt da und die K. sieht den Pulsschlag an ihrem Hals. Eine Bewegung die das Stammhirn ansprechen dürfte, nur als Hinweis, wie vielschichtig dieser schamanische Prozess wirkt. Das Pelztier legt sich hin und schläft. Alles anders als erwartet.

Das öffnet der K. den Heilungsraum sich von der Mutter und ihrer Sexualität körperlich getrennt zu erleben. Vielleicht hat sie mit der Kröte und dem Pelztier in dem schamanischen Treffen die Wirklichkeit ihrer Verletzung in der frühen Kindheit getroffen. Sie kann sich abgrenzen: Hier meins. Da deins. Das hilft ihr diesen Traum auf vielen Ebenen zu verarbeiten und an ihm zu wachsen in dem Sinne, dass sie bei sich schaut und ihre Lust unabhängig macht.

Über die schamanische Ebene konnte sie so neue Wege finden und sich freier und unabhängiger in ihrer Lebenslust erkennen. So endet ja auch das Märchen, Prinz und Prinzessin glücklich vereint in der Hochzeitskutsche und die Ringe brechen um Heinrichs Herz. Wir entdecken die unterschiedlichsten Wirklichkeiten zusammen in diesem Dialog:

Die Wirklichkeit des Märchens
Die Wirklichkeit des Traums
Die Wirklichkeit im Tiertanzritual
Die Wirklichkeit der Klientin als Ehefrau und Mutter
Die Wirklichkeit der tiefenpschologischen Deutung
Die schamanische Wirklichkeit
Die Wirklichkeit der Klientin jetzt
Die Wirklichkeit im pulsierenden Hals der Kröte, das Reptiliengehirn
Die Wirklichkeit des kleinen Mädchens das Lust hat sich zu leben
Die Wirklichkeit der großen kreisrunden Bewegungen im Tanz der Klientin

Das lässt sich jetzt beliebig fortsetzen, wir merken schnell, da gibt es viele Ebenen auf die die Klientin geht und auf denen sich Wirkung zeigt, sich etwas bewegt. Wir leben nicht nur in einer Realität. Wer hat uns das nur gesagt? Es widerspricht völlig allen Alltagserfahrungen, wenn wir uns erlauben, da hin zu spüren.

Als Körper- und Psychotherapeutin brauche ich Wirksamkeit in der Praxis, dafür muss ich in verschiedenen Wirklichkeiten zuhause sein. Ich brauche Methoden die wirken, nachhaltig und die Selbstheilungskräfte der Klientin zu Tage fördern und der Klientin wieder zugänglich machen, so dass sie unabhängig von mir wird und ihre Lebenslust fließen kann und ihr zur Verfügung steht.

Ich freue mich, dass die Klientin alleine auf meine Anregung hin in der Lage ist, dank ihrer fundierten Grundausbildung in HKIT bei Elke Wagner am Institut HKIT, für sich zu hause ein Tiertanzritual abzuhalten und so großartige Ergebnisse dabei zu Tage kommen, wobei sie auf einer anderen Bewußtseinsebene meint, sie könne nicht mit Schamanismus arbeiten tut sie es auf der anderen Ebene bereits. Das ist doch interessant.

So wirkt der Wissenserwerb in den HKIT, wir stellen in den Situationen in denen wir es brauchen fest, dass wir das können. Eine lange Ausbildungszeit liegt dem entdeckenlassenden Lernen zugrunde und damit ein körperlich verinnerlichtes therapeutisches Können das sich in der Transferleistung der Klientin zeigt.

Auch ich habe diese Erfahrung in der therapeutischen Arbeit immer wieder gemacht, da ist Wissen abrufbar, das ich in dem Moment brauche und vor langer Zeit abgelegt habe auf meiner Festplatte Körper. Besonders amüsant, weil ich dann in den Akzent von Gerda Boyesen komme, der sich im Lernen über den Körper gleich mit verkörperlicht hat.

Bei einem Heilungsprozess, der so komplex ist, wie ihn die Klientin beschreibt und wie in den Zitaten von Simone de Beauvoir deutlich wird, bis hinein in seine soziologischen Wirklichkeiten, ein solcher Heilungsprozess braucht, wie die Klientin sagt: Zeit, aber auch das Hinspüren und nutzen aller sich im Prozess anbietenden Stadien von Realität des Prozesses.

Erst im Zusammenspiel, in der Gesamtschau kann eine befriedigende Lösung gefunden werden. Kopf und Verstand, Körper und Seele tanzen zusammen mit den Tieren, in diesem Fall heißt das ausruhen. Auch Ausruhen hat eine Bewegung. Es ist alles gesagt, getan, gemacht. Die Heilsamen Kräfte im Tanz können wirken. Tanztherapie ist eine vielschichtige Heilungsmethode und fordert uns heraus in die Wirklichkeit der Offenheit einzutreten die in unserer Leiblichkeit begründet ist, Merleau Ponty:

Ein wesentliches Beispiel für diese Ambiguität ist das der sich selbst berührenden Hände. In diesem Phänomen taucht die ambiguiöse Erfahrung auf. Da wir für uns weder reines Bewusstsein sind – denn dann würden wir uns gänzlich in unserer Fülle wahrnehmen – noch reines Ding – denn dann würden wir gänzlich in dem aufgehen, was wir sind (siehe hierzu auch Sartre) -, ist unser Sein oszillierend beides, wie die Erfahrung des „Berührens des Berührten“ zeigt. Wie ein Vexierbild sind wir in einem Zwischenreich der Bedeutung zu suchen, in der nicht die einseitige Auflösung steht, sondern das Aushalten des Offenen. Zwar umfassen wir unsere eigene Hand, erfassen sie aber nicht zur Gänze. Der Leib ist deshalb nach Merleau-Ponty ambiguiös, weil er weder ein reines Ding noch reines Bewusstsein ist. aus wiki
Ich danke der Klientin für ihre Mitarbeit und Renate Barbara Balzer für die Recherche der Texte die ich brauchte in ihrem über ein Jahrzehnt angelegten Dancing Dialogue Archiv
Fußnote zu Simone de Beauvoir aus wiki
Am bekanntesten wurde jedoch – neben ihrer mehrbändigen Autobiographie – ihre Studie über die Rolle der Frau in Das andere Geschlecht, erschienen 1951 (Original Le Deuxième Sexe, 1949): Darin wies sie eingehend auf die Unterdrückung der Frau im Patriarchat hin und schuf eine der theoretischen Grundlagen für die erstarkende neue Frauenbewegung.
In diesem Werk vertritt sie die These, dass die Unterdrückung der Frau gesellschaftlich bedingt sei. Für sie existiert keine irgendwie geartete Essenz der Frau:
«On ne naît pas femme, on le devient»
„Man wird nicht als Frau geboren, man wird es“ – Simone de Beauvoir
Alice Schwarzer: Simone de Beauvoir. Hamburg 2007, S. 69. Alice Schwarzer: Simone de Beauvoir. Hamburg 2007, S. 161.
De Beauvoir sagt in diesem Werk auch, dass Frauen von den Männern zum „Anderen Geschlecht“ gemacht worden seien. Dies bedeutet in der existentialistischen Terminologie de Beauvoirs, dass sich der Mann als das Absolute, das Essentielle, das Subjekt setzt, während der Frau die Rolle des Anderen, des Objekts zugewiesen wird. Sie wird immer in Abhängigkeit vom Mann definiert. Deshalb hat sie mit stärkeren Konflikten zu kämpfen als der Mann. Wenn sie ihrer „Weiblichkeit“ gerecht werden will, muss sie sich mit einer passiven Rolle begnügen, dies steht aber ihrem Wunsch entgegen, sich als freies Subjekt durch Aktivität selbst zu entwerfen.

← Ältere Beiträge

Abonnieren

  • Einträge (RSS)
  • Kommentare (RSS)

Archiv

  • Juni 2018
  • Mai 2018
  • April 2018
  • März 2018
  • Februar 2018
  • Januar 2018
  • Dezember 2017
  • November 2017
  • Oktober 2017
  • September 2017
  • August 2017
  • Juli 2017
  • Juni 2017
  • Mai 2017
  • April 2017
  • März 2017
  • Februar 2017
  • Januar 2017
  • Dezember 2016
  • November 2016
  • Oktober 2016
  • September 2016
  • August 2016
  • Juli 2016
  • Juni 2016
  • Mai 2016
  • April 2016
  • März 2016
  • Februar 2016
  • Januar 2016
  • Dezember 2015
  • November 2015
  • Oktober 2015
  • September 2015
  • August 2015
  • Juli 2015
  • Juni 2015
  • Mai 2015
  • April 2015
  • März 2015
  • Februar 2015
  • Januar 2015
  • Dezember 2014
  • November 2014
  • Oktober 2014
  • September 2014
  • August 2014
  • Juli 2014
  • Juni 2014
  • Mai 2014
  • April 2014
  • März 2014

Kategorien

  • 30 Jahre HKIT
  • Allgemein
  • Berufsverband HKIT
  • Bodyreading HKIT
  • Dancing Dialogue
    • Bewegungsstudien
    • Dancing Dialogue 2015
    • Projekt Wort und Tanz
    • SEHEN und Dancing Dialogue
  • Der Blog
  • Fallbeispiel Angst vor Gefühlen
  • Fallbeispiel Ende gut alles gut
  • Fallbeispiel Entenschwänzel
  • Fallbeispiel Gefühle in Körperwahrnehmungen und Bewegung umwandeln
  • Fallbeispiel Heftig schwer und sehr leicht
  • Fallbeispiel II Wirkfaktoren HKIT
  • Fallbeispiel Inneres Kind
  • Fallbeispiel Machtstrukturen
  • Fallbeispiel Selbstwirksamkeit
  • Fallbeispiel Unfall
  • Fallbeispiel Verortung
  • Fallbeispiel Wasserarbeit
  • Fallbeispiel Wirkfakor Therapiebeziehung
  • Fallbeispiel Wirkfaktoren HKIT III
  • Fallbeispiel: Von der Macht des Spürens
  • Fallbeispiel: Wie ich meine Sicherheit und Beweglichkeit (wieder?) finde
  • Forum 2015
  • Forum 2018
  • FREUNDINNEN HKIT
  • HKIT schreiben
  • HKITgoesbrasil
  • Kann Kunst den therapeutischen Prozess beeinflussen???
  • Salon Frau und Kunst
  • SeniorenHKIT
  • Stiftung HKIT
  • Supervision 2015
  • SupervisionHKIT
  • Tanzheimat Inzmühlen
  • TAnzstudienreisen
  • Therapie und Kunst Teil I
  • Trauma und HKIT
  • Was ist Tanz mit den HKIT?
  • Was zeichnet die HKIT als Tanz- und Körperpsychotherapie aus?
    • HKIT in der Praxis
      • Fallbeispiel Der Froschkönig
      • Fallbeispiel Ein Traum
      • Fallbeispiel HKITBrasil2014
    • Therapie oder eine Heimat im Körper finden – HKIT
    • Therapie und andere Wirklichkeiten in den HKIT
      • 1. Märchenhafte Wirklichkeiten
      • 2. Feminine Wirklichkeiten
      • 3. Philosophische Wirklichkeiten
      • 4. Körperpsycho- therapeutische Wirklichkeiten
      • Therapie und andere Wirklichkeiten in den HKIT – Anhang
    • Therapie und der Fluss der Lebensenergie
    • Therapie und Gemeinschaft HKIT
    • Therapie und Heilungstanzrituale
    • Therapie und HKIT mit den Orixa
    • Therapie und Kunst – der künstlerische Ansatz in den HKIT – Teil I
    • Therapie und Kunst HKIT Teil II
    • Therapie und Lernen – reformpädagogische Ansätze in den HKI
    • Therapie und Massage HKIT
    • Therapie und Wissenschaft
  • WHKIT
  • WHKIT 2016
  • Wirkfaktoren der Tanztherapie HKIT
  • Wort und Tanz

Meta

  • Registrieren
  • Anmelden

Erstelle kostenlos eine Website oder ein Blog auf WordPress.com.

Abbrechen
Datenschutz & Cookies: Diese Website verwendet Cookies. Wenn du die Website weiterhin nutzt, stimmst du der Verwendung von Cookies zu.
Weitere Informationen, beispielsweise zur Kontrolle von Cookies, findest du hier: Cookie-Richtlinie