Gerne habe ich hier auf der Insel ein bisschen intellektuelles Futter und im Zusammenhang mit den Kreisen, die das Thema Demokratie im Augenblick in mir zieht finde ich es richtig spannend, mir die Bücher in dem Link von Bärbel Wardetzki und überhaupt ihre überaus erfolgreiche Arbeit einmal genauer anzuschauen, dank dem Link, den mir eine HKITlerin zeitgleich zukommen lässt. B.W. trifft ein Bedürfniss in unserer Gesellschaft mit ihren Angeboten. Narzissmus, Kränkung und frühes Leid denke ich beim Durchlesen der Titel … .
Doch hier erst mal die Nachricht aus dem HKITweb:
F.F.: Ich habe mir jetzt gerade die Ausschreibung für einen Kongress angeschaut, die ich über eine Mailingliste bekommen habe:
http://baerbel-wardetzki.de/publikationen/buecher
Was hältst du davon? Ich verstehe es nicht, B.W. ist auf dem Kongress für humanistische Psychotherapie eingeladen und Gestalttherapeutin, aber das ist doch volle Pulle diagnostisch, oder? Ich hatte das so verstanden, dass humanistische Psychotherapie nicht diagnostisch ist?
Wieso sind diese Bücher diagnostisch und was hat das mit Demokratie zu tun? Das sind so die Fragen, die mich bewegen, wenn ich mir die Frage zu Herzen nehme. Demokratie hat für mich mit dem Zusammenleben von Menschen zu tun. Wir regeln unsere zwischenmenschlichen Beziehungen demokratisch. Da kommt mir dann gleich ein Fragezeichen, vor allem, wenn ich die Bücher von Dr. Wardetzky lese, so entsteht doch der Eindruck, dass da einiges schiefläuft.
Demokratie, da geht es für mich um Gewaltenteilung, also Judicative, Executive und Legislative sind unabhängige Institutionen, die angewiesen sind sich an die Fair Play Regeln des Grundgesetzes zu halten, die wiederum auf unseren Humanistischen Werten beruhen. Ihr erinnert diese Zusammenhänge bestimmt aus der Schulzeit. Da ist dann auch wieder der Humanismus aus dem HKITweb und die Frage inwieweit ein diagnostischer Umgang untereinander oder miteinander einem humanistischen oder demokratischen Miteinander zuwider läuft.
Klar, wenn ich jemand anders als narzisstisch bezeichne ist das keine gute Ausgangsbasis für ein Miteinander, vielmehr schwinge ich mich auf und stelle mich über den NarzissTin. Nun lebt die Psychologie und die Psychotherapie von solchen Diagnosen bis hin zur Abrechnung bei der Krankenkasse und viele Menschen sind glücklich, wenn sie endlich eine Diagnose haben und wissen, was mit ihnen los ist.
Das war jetzt ein Zitat, das ich oft höre, z.B. von einer 50ig Jährigen, bei der gerade ADHS diagnostiziert wurde. Endlich weiß ich, was ich habe, sagte sie im Ernst. Sie bekam dann natürlich auch die einschlägigen Medikamente. Wie oft sagen Erwachsene über Kinder, dass sie ADHS haben … . Ich bin dann jedesmal froh, dass es in meiner Kindheit kein ADHS gab, weil ich wäre voll in der Falle gelandet. Hyperaktiv, auch so eine Diagnose.
Ich interveniere dann gerne mit den Worten: Ja, das Kind braucht viel mehr Bewegung, bei dem 4jährigen Buben, mit dem ich täglich hier zusammen bin heißt das, jeden Tag Capuera bis zum Abwinken. Aber mit klugen Sprüchen ist da nichts getan, sondern das muss organisiert werden von den Erwachsenen oder am besten macht die Oma mit ihm eine Kissenschlacht anstatt ihm das Handy in die Hand zu drücken.
Da geht es geht um Bedürfnisse, um Individualität, um Lebensräume, Bewegungsräume … wenn ich eine Diagnose stelle und dieser Blick fällt weg, dann wird die Diagnose zur Bewertung und das geht nun mal gar nicht, wenn wir davon ausgehen, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind … also da lohnt es sich weiter zu denken und das tut Frau Dr. Wardetzky auch, wenn sie Bücher schreibt über Selbstwert und wie es gehen kann, alles nicht so persönlich zu nehmen.
Die PolitikerInnen machen es uns vor: heiße Debatten und danach ein kühles Bierchen bei einem freundschaftlichen Gespräch. Aber wie kommt es überhaupt zu Narzissmus und Mobbing? Geht es da nicht um tiefe und alte Verletzungen? Frühes Leid? Nicht erfüllte Bedürfnisse? Grundbedürfnisse, wie sie im Grundgesetz angelegt sind? Gleichheit, aber auch Geschwisterlichkeit und Freiheit?
Große Ideale, die wir immer wieder diskutieren müssen, um sie am Leben zu halten. Was verstehen wir unter Freiheit? Wo fängt sie an und wo hört sie auf? Was ist Geschwisterlichkeit? Was Gleichheit? Lohnt es sich, sich solche Fragen zu stellen, wenn wir mal wieder Ärger haben am Arbeitsplatz? In der Familie? JA, unbedingt finde ich?
Für mich relativiert das meinen Ärger und ich kann das Gegenüber besser dort lassen, wo es hin gehört, bei sich und ich spüre dann, dass ich nur bei mir etwas verändern kann, an meiner Freiheit, Gleichheit, Geschwisterlichkeit, wenn ich damit im Reinen bin, dann strahlt das aus und ich muss die Welt nicht mehr verändern sondern sie hat sich damit bereits verändert. Vielleicht kennt ihr das auch, es kommt einer vor wie Zauberei …
Hoffen wir, dass die Bücher von Dr. Wardetzky dazu beitragen mehr Verständnis für einander zu entwickeln und vor allem mehr für sich selbst, wenn auch die Titel nicht immer so formuliert sind und eher diagnostisch daher kommen und schuld zuweißend wirken.