Schlagwörter
Gestern auf ARTE zwei empfehlenswerte wissenschaftliche Sendungen, die noch die ganze Woche über angeschaut werden können:
1. Entwicklung der Menschheitsgeschichte – Eine Frage der Gene
Immer wieder gibt es HKITlerinnen die sich für die Entwicklung der Menschheit interessieren,das ist kein Wunder, arbeiten wir doch mit Tanzritualen wie dem Tiertanz die ganz weit zurück gehen in der Menschheitsgeschichte. Da selten in der Literatur ein klarer wissenschaftlicher Faden zu finden ist empfehle ich diesen Film, der eine brauchbare Zusammenfassung dessen liefert, was ich bei Felicitas D. Goodman gelernt habe über die wissenschaftliche antropologische Einordnung der geschichtlichen Ereignisse der Menschheitsentwicklung, von der Jagd- und Sammelkultur über die Nomadisierenden Hirten und Gartenbauer über die Ackerbauer zu der Städtischen Kultur unserer Neuzeit.
Der Film zeigt die tiefe Verbundenheit mit den Tieren in den frühen Tagen der Menschheitsgeschichte und er zeigt auch, dass wir alle aus Afrika kommen, eine brisante Erkenntnis in den Tagen der Flüchtlingsströme aus diesem Kontinent. Also unbedingt anschauen.
Auszug aus dem Artetexte zum Film: Die Paläoanthropologen Yves Coppens und Pascal Picq, die Genetikerin Evelyne Heyer und der Anthropologe Jean-Jacques Hublin erzählen die faszinierende Geschichte der Eroberung der Erde durch den Homo sapiens, seiner unglaublichen Anpassungsfähigkeit und der daraus resultierenden Vielfalt. Die Dokumentation begleitet ein Forscherteam zu den Khoisan in Namibia, um DNA-Proben zu nehmen. Die Untersuchung ergibt, dass diese „Buschmänner“ direkte Nachkommen der ersten Menschen auf dem afrikanischen Kontinent sind und dass sie über die Jahrtausende hinweg im Unterschied zur übrigen Weltbevölkerung den großen genetischen Reichtum der ersten Menschen bewahrt haben.
http://www.arte.tv/guide/de/043791-000/eine-frage-der-gene
2. Die Sendung danach – Die Menschheitssaga
Da findet ihr die französischen Forschungen zu der Entwicklung der Menschheitsgeschichte und viele interessante Infos zu den Höhlen, auch der schwäbischen Alb und den Funden, wie wir sie kennen von Höhlenmensch und Wildpferdchen … und eben den aktuellen Stand der Forschungen dazu. Unbedingt anschauen, für alle Höhle & Wasser Workshop Fans von Elke Wagner A MUST.
http://www.arte.tv/guide/de/048381-000/die-menschheitssaga
Was mir darüber hinaus an dem Film sehr wichtig ist sind die Erkenntnisse über die kognitive Entwicklung. Es geht um die kognitive Entwicklung aufgrund der Herstellung von Faustkeilen. Da gibt es einen Forscher, der zeigt, dass zu der Zeit Sprache bereits wichtig gewesen sein muss, weil Menschen, die so detailiert und geplant ein Werkzeug herstellen können verfügen bereits über hohe kognitive Leistungen, das deckt sich mit der Sprachforschung und der Anfang der Sprache wird hier angesetzt.
Der Satz von Descartes wird in dem Film abgewandelt von Ich denke also bin ich in Ich forme also spreche ich. Die Sprache, die Kommunikation ist eine wichtige Dimension in der Kognition. Ihr erinnert dass ich immer wieder auf Gottfried Waser aufmerksam mache, auch in meinem letzten Blogeintrag. Wenn wir erforschen wollen, wie Tanz therapeutisch wirkt, dann sind die Forschungen von Waser zu Kunst und Therapie sehr wichtig. Er bezieht sich auf den Entwicklungspsychologen Piaget, der sich mit der Erforschung der kognitiven Entwicklung einen Namen gemacht hat.
In dem Film von ARTE kommt der Tanz nur kurz vor, leider und schade, das zeigt den Forschungsbedarf, denn Tanz ist eine Sprache, wie auch die Musik und bewirkt im Menschen mehr als wir erahnen können im vorsprachlichen Feld. Wie wir bislang schon wissen ist Bewegung, also die Sensomotorik das Magische Feld für die Entwicklung unserer Intelligenz. Interessant ist, wie die Sprachforschung bei Kindern gemacht wird und zu welchen Ergebnissen die Forscherinnen kommen, wie früh bereits Kinder erkennen können, ob ein Wort in einem Satz stimmig ist oder nicht, lange, bevor sie sprechen entsteht dieses Sprachgefühl, die Entwicklung von Symbolen, die dann zu Worten werden.
In diesen vorsprachlichen Raum tauchen wir nach Waser ein, wenn wir kreativ werden, gestalten, uns bewegen und hier treffen wir auch auf Bewegungsblockaden aus der Frühen Kindheit, wie meine Arbeit zeigt. HIer wirkt Kunst und Tanz therapeutisch, dort wo Sprache noch Bewegung ist, noch vor dem Körperempfinden, noch bevor wir Worte sich formen. Das gilt nicht nur für Kindheitserfahrungen sondern für jede Form von Traumaerfahrung. Im therapeutischen Prozess lösen wir die Blockaden behutsam über Bewegung im weitesten Sinne und erreichen somit wieder die volle Durchlässigkeit unserer Körper-Seele-Einheit.
Erinnert ihr die Arbeit von Anna Halprin, nach der wir im Malen in den HKIT vorgehen? Wir malen zuerst und dann suchen wir die Worte und schreiben sie auf: physically, emotionally and Phantasy und dann erst beginnen wir darüber zu reden, was wir im Tanz erlebt haben. Das ist entwicklungspsychologisch ein step by step Vorgehen nachdem, wie sich die Symbolbildung im Spracherwerb vollzogen hat dadurch dass wir Worte finden für das Gespürte klettern wir die Kognitionsstufen zur Abstraktion des Erlebten hinauf.
Die Dimension dieses halprinschen Vorgehens wird bei diesem Film Die Menschheitssaga sehr deutlich. Ich bin begeistert von der brillanz des didaktischen Vorgehens in der Erarbeitung nicht nur von Gemaltem sondern auch von Bewegtem, von Tanz. Bewegen – Spüren – Gefühle, das sind die drei Schritte von denen Waser spricht im energetischen Raum der kognitiven Entwicklung, also wenn wir von der Bewegung über den Tanz zur Tanztheorie voranschreiten in der intellektuellen Entwicklung und parallel dazu läuft die kommunitative Entwicklung, die im vorsprachlichen Raum der Bewegung liegt und sich über die Symbolik der Worte weiter zu Sprache formt.
Das sind die drei Stufen von denen Waser spricht in seinem Modell der kognitiven Entwicklung und letztendlich lassen sich die 22 Wirkfaktoren der Psychotherapie von denen ich im letzten blog Beitrag spreche hier einordnen. Ihnen fehlt durchgängig die Bewegungsdimension, das Fundament sozusagen auf dem alle Kognition aufbaut. Da wird in der psychotherapeutischen Forschung was vergessen und dadurch DER Heilungsraum schlecht hin übersehen, indem sich die therapeutische Wirkung von Kunst, von Tanz aber auch von Psychotherapie vollzieht: im sensomotorischen Raum, im vorsprachlichen Raum, lange bevor wir Symbole ausbilden und Worte finden für das Erlebte. Soweit meine These.
Schaut Euch den Film an, er ist natürlich nicht ausschließlich zu diesem Thema aber in vielen Sequenzen brauchbar für unsere Erkenntnisse zur Frage: Wie kann Tanz den therapeutsichen Prozess beeinflussen. G.F.